JudikaturOGH

1Ob233/06f – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. November 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Johann S*****, vertreten durch Dr. Engelbert Reis, Rechtsanwalt in Horn, wider die beklagte Partei Ingeborg E*****, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens zur AZ 1 C 67/00f des Bezirksgerichts Horn, infolge „außerordentlichen" Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems als Rekursgericht vom 13. Jänner 2006, GZ 1 R 231/05h-7, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Horn vom 4. August 2005, GZ 13 C 428/04p-4, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der „außerordentliche" Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Im Vorprozess, in dem der Wiederaufnahmekläger die Parteirolle des Beklagten inne hatte, wurde dem Klagebegehren seiner Halbschwester, ihn schuldig zu erkennen, ihr zwei Schlüssel zu einem von ihm an der Nordseite eines im Miteigentum der Streitteile stehenden Grundstücks errichteten Metalltors auszuhändigen oder dieses Tor zu entfernen und ihr überdies den ungehinderten Zutritt zu diesem Grundstück zu gewähren, stattgegeben. Die Klägerin des Vorprozesses bewertete ihr geldwertes Interesse an der Durchsetzung des Klagebegehrens nach § 59 JN mit 60.000 S (= 4.360,37 EUR).

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es sprach ferner aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR nicht übersteige und die Revision jedenfalls unzulässig sei.

Der Oberste Gerichtshof wies die „außerordentliche" Revision des nunmehrigen Wiederaufnahmeklägers als jedenfalls unzulässig zurück, weil für ihn die Bewertung des Entscheidungsgegenstands durch das Berufungsgericht innerhalb des nach § 59 JN bestehenden Ermessensbereichs bindend war. Diese Norm sei keine zwingende Bewertungsvorschrift zur Bemessung des Werts des Streitgegenstands nach objektiven Kriterien. Das Berufungsgericht habe daher mit seinem Bewertungsausspruch gegen die gemäß § 500 Abs 2 Z 1 iVm § 500 Abs 3 erster Satz ZPO sinngemäß anzuwendenden Bestimmungen der Jurisdiktionsnorm nicht verstoßen (1 Ob 171/03h).

Das Erstgericht wies die Wiederaufnahmsklage mit Beschluss vom 4. 8. 2005 im Vorprüfungsverfahren zurück.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit Beschluss vom 13. 1. 2006; es sprach überdies aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR nicht übersteige und der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei.

Den „außerordentlichen" Revisionsrekurs des Wiederaufnahmeklägers gegen die Bestätigung der Zurückweisung der Klage wies das Erstgericht sodann mit Beschluss vom 3. 2. 2006 zurück. Diese Entscheidung hob das Rekursgericht mit Beschluss vom 12. 10. 2006 ersatzlos auf und trug dem Erstgericht auf, „den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei dem Obersten Gerichtshof vorzulegen".

Der „außerordentliche" Revisionsrekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach ständiger Rechtsprechung sind Formalentscheidungen des Gerichts zweiter Instanz über Rekurse unanfechtbar, soweit der jeweilige Streitfall in der Sache selbst einer Kognition durch das Höchstgericht entzogen ist. Ein Revisionsrekurs ist daher selbst dann ausgeschlossen, wenn die Zurückweisung einer Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen bestätigt wurde und der Entscheidungsgegenstand, über den das Rekursgericht entschied, 4.000 EUR nicht überstieg, ist doch der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - jedenfalls unzulässig, wenn der erörterte Streitgegenstand an Geld oder Geldeswert nicht über der bezeichneten Wertgrenze liegt (so zuletzt etwa 7 Ob 79/06b; 1 Ob 185/04v; siehe ferner RIS-Justiz RS0044496).

2. Der Entscheidungsgegenstand einer Wiederaufnahmsklage ist vom Rechtsmittelgericht nach ständiger Rechtsprechung gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO nicht mehr zu bewerten, weil er mit dem Streitgegenstand identisch ist, über den die zweite Instanz im Verfahren, dessen Wiederaufnahme begehrt wird, abzusprechen hatte (7 Ob 210/01k mwN; siehe ferner RIS-Justiz RS0042409, RS0042445; Jelinek in Fasching/Konecny² IV/1 § 533 ZPO Rz 7). In diesem Punkt ist die Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofs somit in beiden Verfahren nach der gleichen Voraussetzung zu beurteilen (7 Ob 210/01k mwN). Die Bewertung des Entscheidungsgegenstands im angefochtenen Beschluss war daher entbehrlich.

3. Der erkennende Senat führte im Vorprozess aus, dass das Berufungsgericht mit seinem Bewertungsausspruch gegen die gemäß § 500 Abs 2 Z 1 iVm § 500 Abs 3 erster Satz ZPO sinngemäß anzuwendenden Bestimmungen der Jurisdiktionsnorm nicht verstoßen habe (1 Ob 171/03h). Daran ist der erkennende Senat im Wiederaufnahmsprozess gebunden, ist doch dessen Entscheidungsgegenstand nach den Erwägungen unter 2. mit dem Streitgegenstand identisch, über den die zweite Instanz im Verfahren, dessen Wiederaufnahme begehrt wird, absprach.

4. Der Wiederaufnahmekläger verficht die Ansicht, der Entscheidungsgegenstand wäre zufolge der zwingenden Vorschrift des § 60 Abs 2 JN - entsprechend dem steuerlichen Einheitswert der betroffenen Liegenschaft - schon im Vorprozess mit 6.831,25 EUR zu bewerten gewesen. Damit wird - abgesehen von der zuvor behandelten Bindung selbst im Fall einer unzutreffenden Bewertung - verkannt, dass im Vorprozess nicht über ein Klagebegehren zu erkennen war, bei dem sich der Wert des Entscheidungsgegenstands aus einer Anwendung des § 60 Abs 2 JN (Näheres dazu bei Gitschthaler in Fasching² I § 60 JN Rz 33 mN aus der Rsp) ergab, sondern über einen Streitgegenstand, den die Klägerin des Vorprozesses nach § 59 JN bewerten musste. An diese Bewertung war aber das Berufungsgericht, was gleichfalls bereits aus der Entscheidung 1 Ob 171/03h folgt, nicht gebunden. Die vom Wiederaufnahmskläger für richtig gehaltene Bewertung soll sich nach den Rechtsmittelgründen aus der zu 5 Ob 78/05i ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs herleiten lassen. Diese Entscheidung stützt dessen Standpunkt allerdings nicht, weil deren Gegenstand nicht ein Zivilprozess war, dem ein nach dem Tatbestand des § 59 JN zu beurteilendes Klagebegehren zugrundelag, sondern ein Grundbuchsverfahren, in dem es um die Einverleibung eines Vorkaufsrechts ging.

5. Nach allen bisherigen Auführungen erweist sich der Revisionsrekurs gegen die Bestätigung der Zurückweisung der Wiederaufnahmsklage gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO als jedenfalls unzulässig.

Rückverweise