2Ob185/06d – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Markus S*****, geboren *****, vertreten durch Dr. Albert Heiss, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. Gabriele S*****, geborene H*****, geboren *****, vertreten durch Dr. Anton Tschann, Rechtsanwalt in Bludenz, wegen Ehescheidung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 31. Mai 2006, GZ 4 R 289/05m-69, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 und § 521a Abs 2 ZPO abgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Streitteile haben Ende 1994 in Texas geheiratet. Seit 1995 lebten sie in Texas/Corpus Christi in einem Haus, das die Beklagte noch immer bewohnt. 1995 kam die gemeinsame Tochter der Streitteile zur Welt. Sie kam mit dreieinhalb bis vier Jahren erstmals in die Vorschule, etwa mit sechs Jahren trat sie in die Schule ein. Die Schulpflicht absolvierte sie in Texas, wobei der Unterricht von August bis Weihnachten und von Mitte Februar bis Anfang Mai abgehalten wurde. Die freie Zeit zwischen den zwei Semestern verbrachte sie in Österreich und besuchte zusätzlich - soweit möglich - eine österreichische Schule. Die Beklagte hielt sich jeweils dort auf, wo auch ihre Tochter war. Der Kläger war berufsbedingt viel im Ausland unterwegs, besonders in Österreich. Auf den Cayman Islands war er jeweils nur wenige Tage und zwar eher im Sinn eines Urlaubsaufenthaltes aufhältig. Der tatsächliche Aufenthalt der Familie war entweder in Texas oder in Österreich.
Die Ehe der Streitteile wurde mit Scheidungsurteil des Bezirksgerichtes für den 214. Gerichtsbezirk Nueces County/Texas-USA vom 31. 5. 2005 geschieden. In das Scheidungsurteil wurden auch die Beschlüsse über die Obsorge für das gemeinsame Kind, das Besuchsrecht, den Unterhalt und über vermögensrechtliche Angelegenheiten zwischen den Parteien im Sinne der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens aufgenommen. Dem lag ein Scheidungsfolgenvergleich der Streitteile zugrunde. Das Endurteil im Scheidungsverfahren wurde in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung am 31. 5. 2005 gefällt und von den anwaltlichen Vertretern beider Parteien unterfertigt. Der Kläger wurde im Scheidungsverfahren anwaltlich vertreten, war aber am Tag der Urteilsfällung nicht anwesend.
Mit der am 19. 1. 2004 bei einem österreichischen Bezirksgericht eingelangten Ehescheidungsklage begehrt der Kläger die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden der Beklagten. Primärer Streitpunkt des Verfahrens ist die Wirkung des in den USA geführten Scheidungsverfahrens. Ausdrücklich nicht bestritten wurde, dass „formell eine rechtskräftige Scheidungsentscheidung vorliegt" (ON 68 S 5).
Die Beklagte beantragt in einem ebenfalls bei einem österreichischen Bezirksgericht eingeleiteten Verfahren, das in Texas gefällte Scheidungsurteil, soweit damit die Ehe geschieden wurde, gemäß § 97 Abs 1 AußStrG anzuerkennen.
Die Vorinstanzen haben die Scheidungsklage des Klägers im Hinblick auf das in den USA geführte Scheidungsverfahren zurückgewiesen: Das Erstgericht wegen Streitanhängigkeit, das Rekursgericht nunmehr wegen Rechtskraft (zur Vorgeschichte vgl auch 2 Ob 257/05s). Die im außerordentlichen Revisionsrekurs als erheblich gewertete, präjudizielle Vorfrage (§ 97 Abs 1 Satz 2 AußStrG) der Anerkennungsfähigkeit der in Texas ausgesprochenen Ehescheidung wurde mittlerweile im Anerkennungsverfahren durch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 23. 10. 2006, 7 Ob 199/06z, bindend im Sinn einer Anerkennung des Scheidungsausspruches beantwortet. Dabei bejahte der Oberste Gerichtshof aufgrund des Lebensmittelpunktes der Familie (auch) in Texas bei der spiegelbildlichen Anwendung des österreichischen internationalen Zuständigkeitsrechtes die internationale Zuständigkeit des Ursprungsstaates und lehnte den geltend gemachten Verstoß gegen den ordre public als Grund für die Verweigerung der Anerkennung nach § 97 Abs 2 Z 2 AußStrG wegen der im texanischen Verfahren gegebenen Vertretung des Klägers durch einen Rechtsanwalt ab. Der diesbezüglichen Argumentation des Klägers, der dem Prozesshindernis der Rechtskraft der ausgesprochenen Ehescheidung deren fehlende Anerkennungsfähigkeit entgegenhält, ist somit der Boden entzogen.
Anerkannt wurde nur der Ausspruch über die Scheidung der zwischen den Streitteilen geschlossenen Ehe, weshalb auch das Argument des Klägers zur Beteiligung zahlreicher Nebenkläger an dem in Texas geführten Verfahren (die nur vermögensrechtliche Fragen betraf) hinfällig ist. Die im außerordentlichen Revisionsrekurs gerügte Mangelhaftigkeit des Verfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 iVm § 528 Abs 3 Satz 2 ZPO).