14Os88/06g – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Oktober 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Roland als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mag. Herwig B***** wegen mehrerer Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB, AZ 021 E Hv 138/06z des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die Grundrechtsbeschwerde des Genannten gegen „den Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien auf Verhängung sowie Fortsetzung der Untersuchungshaft" sowie den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Beschwerdegericht vom 11. Juli 2006, AZ 17 Bs 146/06d, 17 Bs 157/06x (= ON 139), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Mag. Herwig B***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Beschwerdegericht gerichtete Beschwerde wird abgewiesen. Soweit sich die Beschwerde gegen die Verhängung und Fortsetzung der Untersuchungshaft durch das Landesgericht für Strafsachen Wien richtet, wird sie zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 11. Juli 2006, AZ 17 Bs 146/06d, 17 Bs 157/06x (ON 139), wurde die vom Untersuchungsrichter am 11. April 2006 verhängte (ON 22) und sodann (ua) am 21. Juni 2006 fortgesetzte (ON 102) Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht-, Tatbegehungs- und -ausführungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 1 und Z 3 lit b und lit d StPO fortgesetzt.
Rechtliche Beurteilung
Gegen die Verhängung und Fortsetzung der Untersuchungshaft durch den Untersuchungsrichter sind Grundrechtsbeschwerden nach § 1 Abs 1 GRBG, welcher die Erschöpfung des Instanzenzugs verlangt, grundsätzlich nicht zulässig. Insoweit war die Beschwerde zurückzuweisen. Aber auch in Betreff der durch das Oberlandesgericht angeordneten Fortsetzung der Untersuchungshaft kommt der rechtzeitigen (§§ 3 Abs 2, 4 Abs 1 leg cit) Beschwerde keine Berechtigung zu. Dem Vorbringen zuwider gründete das Oberlandesgericht seine Sachverhaltsannahmen zum dringenden Tatverdacht, der Beschuldigte habe im Zeitraum vom 14. Dezember 2005 bis 4. April 2006 mehrere Angehörige der Justiz, die mit der Bearbeitung oder im Wege der Dienstaufsicht mit der Überwachung seiner Verfahren betraut waren, in zahlreichen näher beschriebenen Angriffen (zum Teil) mit dem Tod gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, (unter Verweis auf die dortgerichtliche Vorentscheidung vom 1. Juni 2006 [ON 86]) logisch und empirisch einwandfrei nicht nur auf die aktenkundigen Aussagen der Adressaten sondern auch auf die im Akt erliegenden schriftlich übertragenen Voicedateien der aufgezeigten Telefonate gegründet. Inwieweit die angesprochenen Zeugen Wahrnehmungen zur in Abrede gestellten inneren Tatseite des Beschuldigten machen könnten, legt die Beschwerde nicht substanziiert dar. Auch die Annahmen zur Zurechnungsfähigkeit Mag. B*****s, von der die Beschwerde explizit ausgeht, sind nach der Aktenlage frei von Willkür und waren Gegenstand einer gerichtspsychiatrischen Beurteilung, die im Übrigen fallbezogen keine relevante Verfahrensverzögerung bewirkte.
Das Vorbringen der Beschwerde, „dem Vorwurf einer allfälligen Tatbegehungsgefahr könne durch vom Beschuldigten beantragte Tätigkeit der Gerichte in den von ihm angestrengten Verfahren begegnet werden", vermag die vom Oberlandesgericht mängelfrei auf das spezifisch einschlägig getrübte Vorleben des Beschwerdeführers und dessen nach der Aktenlage gesteigertes Aggressionspotenzial gegründeten Annahmen zu den Haftgründen der Tatbegehungs- und -ausführungsgefahr in keiner Weise in Frage zu stellen.
Damit erübrigt sich aber ein Eingehen auf den Haftgrund der Fluchtgefahr (RIS-Justiz RS0061196).
Mit Blick auf den (Grund )Strafrahmen von bis zu drei Jahren, das Erfordernis der Einholung eines gerichtspsychiatrischen Gutachtens und den nicht zuletzt durch zahlreiche Eingaben des Beschwerdeführers bedingten fallspezifisch erhöhten Verfahrensaufwand steht die zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung drei Monate währende Untersuchungshaft auch unter Berücksichtigung des Vorlebens des Beschuldigten weder zur Bedeutung der Sache noch zu der im Fall eines Schuldspruchs zu erwartenden Strafe außer Verhältnis. Die Grundrechtsbeschwerde war im Übrigen daher ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.