JudikaturOGH

1Nc95/06w – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. September 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zur AZ 30 Nc 8/06t anhängigen Verfahrenshilfesache der Antragsteller

1) Dr. Christian F*****, und 2) Tina Eviani F*****, wider die Antragsgegnerin Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen Amtshaftung und anderer Ansprüche folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Zur Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag und zur Verhandlung und Entscheidung über eine allfällige Amtshaftungsklage der Antragsteller in Verbindung mit allfälligen Klagen gegen Streitgenossen wird das Landesgericht Linz als zuständig bestimmt.

Text

Begründung:

Die Antragsteller begehrten die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich auf Leistung von 10 Mio EUR und Feststellung deren Haftung für künftige Schäden. Ein Verfahren auf Genehmigung des Begehrens des Erstanstragstellers durch dessen einstweiligen Sachwalter wurde eingeleitet. Die Antragsteller behaupten, durch das Verhalten einiger Wiener Richter einen Vermögensschaden (Verlust eines bestimmten Geschäftes) erlitten zu haben. Im Zusammenhang damit wollen sie überdies Personen auf Schadenersatz in Anspruch nehmen, die nicht als Organe des Bundes handelten. Dazu brachten sie unter anderem vor, die nunmehrige Richterin des Oberlandesgerichts Wien Mag. M***** habe eine „vollendete Exekution vorgetäuscht" und damit eine Betrügerei „im Namen der Republik Österreich" begangen.

Das von den Verfahrenshilfewerbern als Erstgericht angerufene Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien legte den Akt mit Verfügung vom 12. 9. 2006 zur Delegierung gemäß § 9 Abs 4 AHG dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungstatbestand gemäß § 9 Abs 4 AHG, der auch ein der Klageführung vorangehendes Verfahren erfasst (RIS-Justiz RS0050123), ist hier deshalb erfüllt, weil die Antragsteller den behaupteten Amtshaftungsanspruch auch auf das Verhalten einer nunmehrigen Richterin des Oberlandesgerichts Wien stützen wollen. Wie der erkennende Senat bereits wiederholt aussprach (so zuletzt 1 Nc 73/06k; siehe ferner RIS-Justiz RS0119894), liegt den Fällen notwendiger Delegierung nach § 9 Abs 4 AHG die Erwägung zu Grunde, dass Richter eines Gerichtshofs nicht über Ansprüche erkennen sollen, die ein Verhalten auch nur irgendeines Mitglieds desselben Gerichtshofs zum Gegenstand haben. Dies gilt auch dann, wenn an dem als Grundlage für den Amtshaftungsanspruch herangezogenen Verhalten ein Richter mitwirkte, der nunmehr jenem Gericht angehört, das zur Entscheidung im Amtshaftungsverfahren im Instanzenzug zuständig wäre. Andernfalls ergäbe sich aus der kollegialen Nahebeziehung dieses Richters zu den Richtern des jeweiligen Spruchkörpers desselben Gerichtshofs der gleiche Anschein einer Befangenheit wie im Fall der Zuständigkeit eines Gerichtshofs erster Instanz für eine Amtshaftungsklage, die sich auf das Verhalten eines Richters desselben Gerichtshofs als Klagegrund stützt. Bei Anwendung des § 9 Abs 4 AHG ist es überdies nicht möglich, die Zuständigkeit des Gerichts erster Instanz unverändert zu lassen und bloß ein anderes als das nach der Gerichtsorganisation an sich zuständige Oberlandesgericht als Rechtsmittelgericht zu bestimmen. Die Rechtssache ist daher an ein Landesgericht außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Wien zu delegieren.

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