8Nc15/06g – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter über den Antrag der T*****, auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der R***** GmbH, ***** vertreten durch Mag. Robert Peisser, Rechtsanwalt in Innsbruck, infolge Anzeige eines negativen Kompetenzkonfliktes durch das Landesgericht Innsbruck zu 49 Se 534/06g, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Landesgericht Innsbruck zurückgestellt.
Text
Begründung:
Die Antragsgegnerin ist zu FN 82316d im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck (davor Handelsgericht Wien HRB 34592) eingetragen. Am 7. 5. 2004 wurde in einer „außerordentlichen Generalversammlung" der Antragsgegnerin ua der Beschluss gefasst, dass der bisherige Geschäftsführer Ing. Helmut R***** mit sofortiger Wirkung abberufen und dass Sigmund M***** mit sofortiger Wirkung zum alleinzeichnungsberechtigten Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt wird. Ferner wurde eine Sitzverlegung der Antragsgegnerin von der politischen Gemeinde W***** in die politische Gemeinde T***** beschlossen.
Aufgrund dieser Beschlüsse wurde im Firmenbuch des Landes- als Handelsgericht Innsbruck unter FN 82316d die Beklagte mit Sitz in ***** T***** eingetragen, Ing. Helmut R***** als Geschäftsführer gelöscht und Sigmund M***** als neuer Geschäftsführer eingetragen. Ein von einer ehemaligen Gesellschafterin der Antragsgegnerin gegen die Antragsgegnerin eingeleitetes Verfahren, in welchem die ehemalige Gesellschafterin ua die Feststellung begehrte, dass die in der Generalversammlung am 7. 5. 2004 gefassten Beschlüsse nichtig seien, wurde mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 17. 2. 2006, 10 Ob 132/05t, rechtskräftig beendet: In Abänderung der Urteile der Vorinstanzen wurde das Eventualbegehren der ehemaligen Gesellschafterin auf Feststellung der Nichtigkeit der Generalversammlungsbeschlüsse vom 7. 5. 2004 abgewiesen. Die Antragstellerin beantragte am 2. 11. 2005 beim Landesgericht Innsbruck die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Antragsgegnerin.
Nach Einvernahme des im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsführers und des früheren Geschäftsführers der Antragsgegnerin im Rechtshilfeweg sprach das Landesgericht Innsbruck mit Beschluss vom 29. 6. 2006 (ON 29) seine örtliche Unzuständigkeit aus und überwies den Konkurseröffnungsantrag gemäß § 44 Abs 1 JN dem Landesgericht Wiener Neustadt. Aus dem zu 6 Cg 132/04d des Landesgerichtes Innsbruck gefällten Urteil gehe hervor, dass die in der Generalversammlung der Antragsgegnerin am 7. 5. 2004 beschlossene Sitzverlegung von der politischen Gemeinde W***** in die politische Gemeinde T***** nichtig sei. Die Antragsgegnerin betreibe daher ihr Unternehmen in der politischen Gemeinde W*****.
Das Landesgericht Wiener Neustadt fasste - nach Ergehen der bereits erwähnten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu 10 Ob 132/05t - am 11. 7. 2006 zu 10 Se 115/06z einen Beschluss, mit welchem es seine örtliche Unzuständigkeit aussprach und den Akt gemäß § 44 JN dem Landesgericht Innsbruck (rück)übermittelte. Aus der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes gehe hervor, dass der Sitz der Antragsgegnerin im Sprengel des Landesgerichtes Innsbruck liege.
Eine Zustellung der vom Landesgericht Innsbruck und vom Landesgericht Wiener Neustadt gefassten Beschlüsse über die örtliche Unzuständigkeit und die Überweisung bzw „Rückübermittlung" gemäß § 44 JN an die Parteien erfolgte nicht.
Das Landesgericht Innsbruck legte den Akt mit dem Ersuchen um Entscheidung über den Kompetenzkonflikt vor.
Rechtliche Beurteilung
Die Anrufung des gemeinsam übergeordneten Gerichtshofs in einem negativen Kompetenzkonflikt nach § 47 JN setzt voraus, dass beide konkurrierenden Gerichte rechtskräftig über ihre Unzuständigkeit zur Entscheidung über die Rechtssache abgesprochen haben und die Rechtssache, zu deren Behandlung sie sich für unzuständig erklärt haben, der inländischen Gerichtsbarkeit unterliegt (RIS-Justiz RS0046299; RS0046354; RS0046332; 4 Nc 4/04g).
Diese Voraussetzungen liegen hier derzeit nicht vor, weil weder der Überweisungsbeschluss des Landesgerichtes Innsbruck noch der „Rücküberweisungsbeschluss" des Landesgerichtes Wiener Neustadt den Parteien zugestellt wurde.
Erst nach Zustellung der genannten Beschlüsse an die Parteien liegen - sollten diese in Rechtskraft erwachsen - die Voraussetzungen für die Entscheidung des negativen Kompetenzkonfliktes durch den Obersten Gerichtshof vor.