JudikaturOGH

9ObA73/06k – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Juli 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Dr. Klaus Mayr als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Werner K*****, Arbeiter, *****, vertreten durch Klein, Wuntschek Partner, Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei E***** GmbH Co KG, *****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, wegen Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3. Mai 2006, GZ 7 Ra 11/06a-33, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 6. Dezember 2005, GZ 37 Cga 20/05d-29, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionsgegnerin hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob der bei der Beklagten beschäftigte Kläger, der in die Lohngruppe 2 des Kollektivvertrages für Dienstnehmer der Grazer Stadtwerke AG eingestuft ist, ab 1. 10. 2004 in die Lohngruppe 1 des genannten Kollektivvertrages einzustufen ist.

Das Berufungsgericht verneinte diese Frage und wies das Begehren des Klägers auf Feststellung, er sei in die Lohngruppe 1 einzustufen, ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil der Frage, ob eine „freie" Betriebsvereinbarung als Auslegungshilfe für unbestimmte Begriffe in Kollektivverträgen herangezogen werden kann, von grundsätzlicher Bedeutung und in der Rechtsprechung nicht geklärt sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision des Klägers ist nicht zulässig.

Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 508a Abs 1 ZPO iVm § 1 ASGG an den Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Es ist daher aufzugreifen, dass unter den gegebenen Umständen die im Zulassungsausspruch des Berufungsgerichtes umschriebene Rechtsfrage die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht erfüllt und auch in der Revision keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt wird.

Die in der Revision behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Inhaltlich wirft der Revisionswerber dem Berufungsgericht mit den dazu erstatteten Ausführungen vor, unrichtige Schlüsse aus den erstgerichtlichen Feststellungen gezogen bzw einzelne Feststellungen nicht beachtet zu haben. Die von ihm angesprochenen Ausführungen des Berufungsgerichts knüpfen an die Feststellungen an, wonach dem Kläger seit 2003 Baulose übertragen wurden, die mehrere Baustellen umfassen. Dieser Hinweis steht mit der Feststellung, dass der Kläger schon vorher als Baustellenverantwortlicher eingesetzt war, nicht in Widerspruch, weil dieser Feststellung eine Betrauung mit einem ganzen Baulos, das mehrere Baustellen umfasst, nicht zu entnehmen ist. Im Übrigen ist die für die Entscheidung maßgebende Rechtsfrage, ob der Kläger die Voraussetzungen für die Einstufung in die Lohngruppe 1 des Kollektivvertrags erfüllt, eine Frage des Einzelfalls, die keinen Anlass für allgemein gültige, in ihrer Bedeutung über den konkreten Einzelfall hinaus gehende Ausführungen des Obersten Gerichtshofs bietet und die daher die Zulässigkeit der Revision nicht rechtfertigt. Grundsätzliche Auffassungsunterschiede über die Bedeutung der einzelnen in der kollektivvertraglichen Formulierung verwendeten Begriffe liegen nicht vor. Vom Kläger bezweifelt wird lediglich die Rechtsauffassung der zweiten Instanz, dass aus der Formulierung „langjährige einschlägige Berufserfahrung und Selbständigkeit" zu schließen ist, dass die Einstufung in die Lohngruppe 1 auch langjährige Selbständigkeit voraussetzt. Auf diese Frage kommt es aber für die Entscheidung ohnedies nicht an. Das Berufungsgericht weist zu Recht darauf hin, dass sich die Beschreibung der Lohngruppe 1 von jener der Lohngruppe 2 ua dadurch unterscheidet, dass darin von einer abgeschlossenen Berufsausbildung „und zusätzlichen Spezialkenntnissen" die Rede ist. Ebenso zutreffend führte das Berufungsgericht aus, dass der Kläger keinerlei Vorbringen erstattet und auch nicht bewiesen hat, dass er zusätzliche Spezialkenntnisse hat bzw welche dies sein sollen. Das bestreitet der Kläger auch gar nicht; er hält dem in der Revision lediglich entgegen, behauptet zu haben, die Voraussetzungen der Lohngruppe 1 zu erfüllen. Dieses globale Vorbringen - bei dem es sich um eine Wertung handelt - kann aber die Behauptung und den Beweis der notwendigen Kriterien nicht ersetzen. Gleiches gilt für den Umstand, dass das Erstgericht dem Kläger ebenfalls zubilligt, die Voraussetzungen der Lohngruppe 1 zu erfüllen, zumal konkrete Feststellungen, die diese Wertung rechtfertigen, fehlen. Entsprechende Behauptungen über „zusätzliche Spezialkenntnisse" bleibt der Kläger im Übrigen auch in der Revision schuldig.

Ebenfalls erfolglos muss der Hinweis auf einen nach Ansicht des Klägers vergleichbaren Arbeitskollegen bleiben. Es ist in dritter Instanz nicht mehr strittig, dass sich der Kläger auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht mit Erfolg berufen kann. Damit kann es aber zum Nachweis der für die gewünschte Einstufung geforderten Kriterien nicht ausreichen, auf einen (angeblich) vergleichbaren Kollegen hinzuweisen. Dazu kommt, dass das Berufungsgericht in seiner Entscheidung ohnedies auf Unterschiede - nämlich hinsichtlich der Laufbahn bei der Beklagten - zwischen dem Kläger und dem ins Treffen geführten Kollegen hingewiesen hat. Schon aus diesen Überlegungen erweist sich daher die Rechtsauffassung der zweiten Instanz als vertretbare Beurteilung des hier zu lösenden Einzelfalls.

Auf die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, ob eine „freie" Betriebsvereinbarung als Auslegungshilfe für unbestimmte Begriffe in Kollektivverträgen herangezogen werden kann, kommt es für die Entscheidung nicht an, weil sich die damit angesprochenen Kriterien nur zu Lasten des Klägers auswirken können und die von ihm bekämpfte Entscheidung schon aus den eben erörterten Gründen vertretbar ist. Es braucht daher nicht mehr auf den Umstand eingegangen zu werden, dass das Berufungsgericht (wie schon das Erstgericht) die Rechtsauffassung vertrat, dass die zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber ausgehandelten und nunmehr von der Beklagten gegen den Kläger ins Treffen geführten Höherreihungskriterien mangels der dazu erforderlichen Voraussetzung ohnedies nicht Bestandteil der Einzelverträge geworden seien. Kosten der Revisionsbeantwortung waren nicht zuzusprechen, weil die Revisionsgegnerin auf die Unzulässigkeit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision nicht hingewiesen hat (RIS-Justiz RS0035962; 9 ObA 268/00b; 9 ObA 108/02a uva).

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