4Nc18/06v – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Philip B*****, vertreten durch Dr. Christine Fischer-Lode, Rechtsanwältin in Innsbruck, gegen die beklagte Partei V*****, Norwegen, wegen 2.798,25 EUR, über den Ordinationsantrag des Klägers gemäß § 28 JN den Beschluss
gefasst:
Spruch
Zur Verhandlung und Entscheidung dieser Rechtssache wird das Bezirksgericht Innsbruck bestimmt.
Text
Begründung:
Der Kläger beantragt eine Ordination nach § 28 Abs 1 Z 1 JN. Er habe bei der in Norwegen ansässigen Beklagten eine Reise gebucht. Diese Reise habe er aufgrund mangelhafter Leistung abgebrochen. Er beabsichtige nun, eine Klage auf Rückerstattung des Entgelts und auf Zahlung von Schadenersatz einzubringen. Die Beklagte habe im Internet in deutscher Sprache Aktivurlaube angeboten. Aufgrund dieser Werbung habe er mit einem aus Österreich abgesendeten E-Mail die Reise gebucht. Die internationale Zuständigkeit der österreichischen Gerichte (inländische Gerichtsbarkeit) sei daher nach Art 13, 14 LGVÜ gegeben. Wegen des Fehlens eines örtlich zuständigen Gerichts sei eine Ordination nach § 28 JN erforderlich.
Rechtliche Beurteilung
Der Antrag ist berechtigt.
Der Kläger leitet die inländische Gerichtsbarkeit aus Art 13 und 14 LGVÜ ab. Dieses Übereinkommen ist nach seinem Art 54b Abs 2 lit a im konkreten Fall anwendbar, da die Beklagte ihren Sitz in Norwegen hat. Nach Art 13 Abs 1 Nr 3 LGVÜ bestimmt sich für Klagen aus einem Vertrag, den eine Person zu einem Zweck abgeschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person (Verbraucher) zugerechnet werden kann, die Zuständigkeit - unbeschadet des Art 4 und des Art 5 Nr 5 - nach dem 4. Abschnitt des Übereinkommens, wenn dieser Vertrag die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand hat, sofern dem Vertragsabschluss in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist (lit a) und der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat (lit b).
Der Kläger hat den der Klage zugrunde liegenden Vertrag als Verbraucher geschlossen. Der (auch) auf solche Vertragsabschlüsse gerichtete Internetauftritt der Beklagten erfüllt das Erfordernis der „Werbung" im Wohnsitzstaat des Verbrauchers (RIS-Justiz RS0108686 T8, T11). Der Kläger hat seine Vertragserklärung durch Absenden des E-Mails in diesem Staat abgegeben. Es liegt somit eine Verbrauchersache im Sinn von Art 13 LGVÜ vor. Nach Art 14 Abs 1 LGVÜ sind daher für die Klage des Verbrauchers (auch) die österreichischen Gerichte zuständig.
Anders als nun Art 16 Abs 1 EuGVVO regelt Art 14 Abs 1 LGVÜ nur die internationale, nicht aber die örtliche Zuständigkeit. Da sich auch aus dem österreichischen Verfahrensrecht kein örtlich zuständiges Gericht ergibt, war gemäß § 28 Abs 1 Z 1 JN das Bezirksgericht Innsbruck als zuständiges Gericht zu bestimmen.