JudikaturOGH

1Nc47/06m – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Mai 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. W***** Versicherungs AG, *****, und 2. Kurt K*****, beide vertreten durch Dr. Christian Lang, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen EUR 1.559,78 sA, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Vorraussetzungen des § 9 Abs 4 AHG für die Bestimmung eines außerhalb des Oberlandesgerichtssprengels Graz gelegenen Landesgerichts durch den Obersten Gerichtshof liegen nicht vor. Der Akt wird dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zurückgestellt.

Text

Begründung:

Die klagenden Parteien begehren in ihrer beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz eingebrachten Amtshaftungsklage, die beklagte Partei zur Zahlung von EUR 1.559,78 sA zu verurteilen. In dieser Höhe seien den klagenden Parteien Kosten in einem beim Bezirksgericht Feldbach abgeführten Schadenersatzprozess entstanden, an welchem sie als beklagte Parteien beteiligt gewesen seien. In der im Urteil vom 12. 12. 2002 enthaltenen Kostenentscheidung seien die Prozesskosten vorerst gemäß § 43 Abs 1 ZPO gegeneinander aufgehoben worden. In der Folge sei diese Kostenentscheidung gemäß § 419 ZPO dahin berichtigt worden, dass die dort klagende Partei gemäß § 43 Abs 2 ZPO verhalten wurde, den dort beklagten Parteien zur ungeteilten Hand die gesamten Prozesskosten zu ersetzen. Infolge Rekurses der dort klagenden Partei habe das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht diesen Beschluss mit der Begründung behoben, es lägen die Voraussetzungen des § 419 ZPO nicht vor, da sich aus der Begründung der Kostenentscheidung des Erstgerichts die Unrichtigkeit der Entscheidung nicht entnehmen lasse. Diese Rechtsansicht stelle eine denkunmögliche Anwendung der Bestimmungen der ZPO, insbesondere des § 419 ZPO dar, da es sich eindeutig um ein Versehen des Erstgerichts handle; dieses hätte den beklagten Parteien die Prozesskosten zusprechen müssen. Mit der Begründung, dass sich der Ersatzanspruch auf eine Fehlentscheidung des angerufenen Gerichts gründe, stellten die klagenden Parteien bereits in der Klage den Antrag auf „Delegation im Sinn des § 9 Abs 4 AHG".

Daraufhin legte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz „im Wege des Oberlandesgerichts Graz" den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung nach § 9 Abs 4 AHG vor.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 9 Abs 4 AHG ist vom Obersten Gerichtshof unter anderem dann ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch aus einem Verhalten richterlicher Organe eines unmittelbar oder im Instanzenzug zuständigen Oberlandesgerichts abgeleitet wird. Zweck dieser Norm ist es, alle unmittelbar oder im Instanzenzug zuständigen Gerichte, aus deren Entscheidung ein Amtshaftungsanspruch abgeleitet wird, von der Entscheidung über einen solchen Anspruch auszuschließen, damit nicht Richter eines Gerichtshofs über das Verhalten anderer Richter dieses Gerichtshofs abzusprechen haben (1 Ob 356/97b uva). Wird der Ersatzanspruch auf ein Verhalten richterlicher Organe eines Oberlandesgerichts gestützt, so ist ein Landesgericht außerhalb des Sprengels des nach dem Klagegrund betroffenen Oberlandesgerichts als zuständig zu bestimmen, weil es nicht möglich ist, die Zuständigkeit des Gerichts erster Instanz unverändert zu lassen und bloß ein anderes Oberlandesgericht als Rechtsmittelgericht zu bestimmen (1 Nd 9/85 ua). Im vorliegenden Fall wurde der Ersatzanspruch aber nicht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Graz abgeleitet. Richterlichen Organen dieses Gerichts warfen die klagenden Parteien kein Fehlverhalten vor. Anhaltspunkte dafür, dass gerade jene Richter des Rekurssenats, deren Verhalten als Klagegrund geltend gemacht wurde, seither zu Richtern des Oberlandesgerichts Graz ernannt worden wären, liegen nicht vor. Nur dann wäre der Tatbestand des § 9 Abs 4 AHG erfüllt und die Rechtssache an ein Landesgericht außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Graz zu delegieren (siehe RIS-Justiz RS0119894).

Daraus folgt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Delegierung der Rechtssache an ein Landesgericht außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Graz durch den Obersten Gerichtshof nach den als Klagegrund behaupteten Tatsachen nicht vorliegen. Für eine Delegierungsentscheidung in der vorliegenden Rechtssache ist das Oberlandesgericht Graz zuständig.

Rückverweise