JudikaturOGH

1Ob29/06f – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. März 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wohnungseigentümergemeinschaft des Hauses C*****, vertreten durch Dr. Hans Böck, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Christian S*****, vertreten durch Dr. Christian Burghardt, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 4.213,12 sA, infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 17. November 2005, GZ 36 R 563/05v-39, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Döbling vom 22. März 2005, GZ 4 C 103/04b-33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Auf Grund der Mitteilung einer Nachbarin wurde von einem im Auftrag der Hausverwaltung einschreitenden Installateur festgestellt, dass das Wasser im WC der Wohnung des Beklagten wegen des Fehlens eines Schwimmers im Wasserbecken ständig floss und in den Kanal ablief. Der Beklagte verweigerte die Durchführung von Reparaturarbeiten. Er leidet seit längerem an einer chronisch-paranoiden Psychose und war nicht in der Lage einzusehen, welche Folgen das ihm vorgeworfene Fehlverhalten haben würde.

Die klagende Partei begehrte letztlich EUR 4.113,12 samt Zinsen und stützte ihr Begehren schließlich nur auf die (verschuldensunabhängige) Haftung des Beklagten nach § 1318 ABGB. Durch das Fehlverhalten des Beklagten seien erhebliche Mehrkosten für die Hausgemeinschaft entstanden, die vorerst von dieser getragen worden seien.

Der Beklagte wandte dagegen ein, es mangle an einer Rechtsgrundlage, die es der Wohnungseigentümergemeinschaft erlaube, einen erhöhten Wasserverbrauch auf den diesen verursachenden Miteigentümer zu überwälzen. Nach allgemeinem Schadenersatzrecht hafte er jedenfalls schon deshalb nicht, weil er nicht zurechnungsfähig gewesen sei. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Eine Haftung nach § 1318 ABGB komme nur in Betracht, wenn absolut geschützte Güter geschädigt werden. Schutzzweck der Norm sei es nicht, reine Vermögensschäden, die durch einen erhöhten Wasserverbrauch eingetreten sind, auszugleichen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Die Rechtsprechung habe eine Haftung nach § 1318 ABGB ausschließlich in Fällen der Beschädigung körperlicher Sachen, die durch in der Wohnung gefährlich verwahrte Gegenstände, etwa Wasser, beschädigt oder unbrauchbar gemacht wurden, bejaht. Ein etwaiger Mehrverbrauch an Wasser, der auf ein Fehlverhalten des Wohnungsinhabers zurückzuführen sei, sowie der Ersatz dieses Mehrverbrauchs sei noch niemals der Bestimmung des § 1318 ABGB unterstellt worden. Gegen eine derartige Unterstellung spreche bereits der bloße Gesetzeswortlaut, der von einer Beschädigung durch Herabfallen, Herauswerfen oder Herausgießen spreche. Da bezüglich der Frage des Ersatzes eines Mehrverbrauchs Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Anwendung des § 1318 ABGB nicht existiere, sei die ordentliche Revision zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision erweist sich ungeachtet des Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts als unzulässig, weil die von der klagenden Partei gewünschte Auslegung schon auf den ersten Blick weder mit dem Wortlaut noch mit dem klaren Zweck des § 1318 ABGB vereinbar ist. § 1318 ABGB hat - worauf bereits die Vorinstanzen ausreichend deutlich hingewiesen haben - eindeutig den Zweck, das Eigentum desjenigen zu schützen, der durch eine aus einer Wohnung geworfene oder gegossene Sache, etwa auch durch Wasser, infolge Beschädigung oder Zerstörung seines Eigentums, geschädigt wird. Voraussetzung sind somit stets schädliche Einwirkungen aus einer Wohnung auf die Substanz einer Sache, die sich außerhalb der Wohnung befindet. Es gibt nicht den geringsten Anlass dafür, die genannten Sachschäden mit jenem Nachteil gleichzuhalten, der sich dadurch ergibt, dass die aus der Wohnung geworfene oder gegossene Sache dadurch selbst zerstört wird oder verloren geht. Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin ist somit sehr wohl ein ganz erheblicher Unterschied zwischen einem der Miteigentümergemeinschaft entstehenden (Vermögens )Schaden, der auf den bloßen Mehrverbrauch an Wasser zurückzuführen ist, und jenem Nachteil zu machen, der etwa darin liegt, dass durch die Einwirkung des fließenden Wassers die Gebäudesubstanz angegriffen wird. Den Ausgleich eines Schadens wie dem hier geltend gemachten hat § 1318 ABGB nicht im Auge.

Angesichts der Eindeutigkeit der Rechtslage ist die Revision daher ungeachtet dessen zurückzuweisen, dass der Oberste Gerichtshof zu der aufgeworfenen Frage noch nicht Stellung genommen hat (RIS-Justiz RS0042656).

Die klagende Partei hat die Kosten ihres unzulässigen Rechtsmittels selbst zu tragen. Dies gilt im Ergebnis auch für die Kosten der Revisionsbeantwortung; der Beklagte hat darin auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen, sodass sich sein Schriftsatz nicht als zweckentsprechende Rechtsverteidigungsmaßnahme darstellt (RIS-Justiz RS0035979).

Rückverweise