JudikaturOGH

1Ob12/06f – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. März 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** AG, *****, vertreten durch Dr. Karl Ulrich Janovsky und Mag. Johannes Götsch, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 2,708.404 EUR, infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 20. September 2005, GZ 1 R 99/05a-29, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 28. Jänner 2005, GZ 12 Cg 115/03x-24, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Am 4. 12. 1999 veranstaltete eine GmbH im Bergisel-Stadion Innsbruck (zum siebenten Mal) einen Snowboard-Wettbewerb mit begleitendem Musikprogramm. Gegen Ende der Veranstaltung kam es auf dem Weg zum nordwestlichen Ausgangstor E 3 zu einem Unglücksfall, bei dem 5 Jugendliche getötet und 5 weitere schwerst verletzt wurden. Die Klägerin als Haftpflichtversicherer des Veranstalters leistete EUR 10,833.619,88 an Schadenersatz. Sie erhielt EUR 2,600.000 von potentiell Mithaftenden ersetzt.

Das Stadion, das primär als Schisprung-Anlage konzipiert ist, hat ein Fassungsvermögen von 30.000 bis max 38.000 Zuschauern. Nach einem Open-Air-Konzert im Juli 1990 wies der Polizeidirektor der Bundespolizeidirektion Innsbruck den Bürgermeister auf Sicherheitsmängel des Stadions hin. Unter anderem sei der Umstand, dass in den „Publikumsräumen" keine Beleuchtungseinrichtungen bestehen, beim Abströmen des Publikums über die steilen und bei Regen dazu noch rutschigen Stiegen nicht ungefährlich. Die bauliche Ausstattung des Stadions könne jedoch nicht im Anlassfall geändert werden, es bedürfe einer „langfristigen Herstellung". Im Anschluss an ein Open-Air-Konzert im August 1995 teilte das Zentralinspektorat der Bundespolizeidirektion dem Veranstaltungsamt mit, dass sich das Stadion mit dem „derzeit gegebenen Umfeld" nicht für derartige Veranstaltungen eigne. Verbesserungen in Form der Schaffung zusätzlicher Eingänge und ähnliches wurden angeregt. Auch das Strafamt der Bundespolizeidirektion schloss sich dieser Ansicht in einem Schreiben an das Veranstaltungsamt an. Es sei unbedingt erforderlich, den Besucherstrom aufzuteilen. Ohne die „angeführten Änderungen" erscheine es nicht möglich, gleichartige Veranstaltungen in Hinkunft nicht zu untersagen.

Nach dem 3. Snowboard-Wettbewerb im Dezember 1995 verfasste der Leiter der Schulabteilung beim Zentralinspektorat der Bundespolizeidirektion einen Bericht über die Veranstaltung. Er listete detailliert Mängel auf und forderte ua eine Kanalisierung der Zuschauer vor den Eingängen und eine Erhöhung der Anzahl von eingesetzten Security- und Sicherheitswache-Kräften. Dieser Bericht wurde auch dem Veranstaltungsamt zur Kenntnis gebracht. Der Leiter des Strafamtes der Bundespolizeidirektion hielt schriftlich fest, dass die Sicherheit der Besucher bei solchen Veranstaltungen beim derzeitigen Zustand der Betriebsanlage nicht zu gewährleisten sei. Veranstaltungen, die nicht mit Sicherheit bei Tageslicht beendet werden könnten, müssten jedenfalls untersagt werden. Dies betreffe auch die mangelhaften Zu- und Abstrommöglichkeiten. Dieses Schreiben sowie die Berichte über die Veranstaltungen vom August und vom Dezember 1995 wurden vom Leiter der Abteilung III bei der Bundespolizeidirektion, in welcher auch das Veranstaltungsamt angesiedelt ist, dem Polizeidirektor übermittelt. Zugleich wurde mitgeteilt, dass dringend bauliche Maßnahmen erforderlich seien, um die Genehmigung solcher Veranstaltungen auf Grund grober Sicherheitsmängel der Betriebsanlage in Hinkunft nicht in Frage zu stellen.

Im Anschluss an ein Pop-Konzert im Juli 1996 wurden dem Veranstaltungsamt erneut Schwierigkeiten beim Publikumsabstrom mitgeteilt. In einem an den Zentralinspektor sowie das Veranstaltungsamt gerichteten Bericht über den Snowboard-Wettbewerb vom Dezember 1997 hieß es ua: „Der Publikumsandrang ging weitgehend geordnet vor sich, weil ein großer Teil der Zuschauer den Veranstaltungsort bereits vor der Siegerehrung verließ." Im Bericht an den Zentralinspektor über den nächsten Snowboard-Wettbewerb im Dezember 1998 wurde angeführt, dass der Publikumseinlass rund 4 Stunden gedauert habe und es durch die größere Zahl von Einlässen im Vergleich zum Vorjahr zu keinem Gedränge vor den Eingängen gekommen sei, jedoch das Leitsystem für die anströmenden Zuschauer in Zukunft verbessert werden müsse. Der Publikumsabstrom sei weitgehend geordnet vor sich gegangen. Tatsächlich war es aber im Ausgangsbereich des Ostsektors zu gefährlichen Situationen und einem Chaos beim Verlassen des Stadions durch die Zuschauer gekommen; verletzt wurde hiebei niemand.

Am 3. 9. 1999 meldete die GmbH beim Veranstaltungsamt bei der Bundespolizeidirektion für den 4. 12. 1999 für die Zeit von 15 Uhr bis 22 Uhr eine mit den in den Vorjahren abgehaltenen Snowboard-Wettbewerben gleichartige Veranstaltung an. Die Leiterin des Veranstaltungsamtes sah die Veranstaltungsakten der Snowboard-Wettbewerbe von 1997 und 1998 durch, nicht jedoch die Akten der Wettbewerbe in den Jahren davor bzw. anderer Großveranstaltungen. Für den 21.10.1999 beraumte sie eine Besprechung mit Vertretern des Veranstalters und der involvierten Behörden an. Für das Zentralinspektorat und in seiner Eigenschaft als Einsatzleiter der Sicherheitskräfte bei der Veranstaltung nahm jener Beamte teil, der schon die Berichte über die Snowboard-Wettbewerbe 1995, 1997 und 1998 verfasst hatte. Vertreter des Gewerbeamtes wurden - wie schon in den Vorjahren - nicht geladen. Probleme „des Auslasses" der Zuschauer wurden nicht diskutiert. Nach der Besprechung hatte auch der spätere Einsatzleiter unter Berücksichtigung der vorgesehenen Auflagen keine Bedenken gegen die Genehmigung der Veranstaltung; nicht festgestellt werden konnte, dass das Veranstaltungsamt den Snowboard-Wettbewerb nicht oder nur mit weiteren Auflagen genehmigt hätte, wenn er bei der Besprechung Bedenken hinsichtlich der Eignung des Stadions als Betriebsanlage geäußert hätte.

Am 24. 11. 1999 erging (auszugsweise) folgender - von der Leiterin des Veranstaltungsamts namens des Polizeidirektors unterfertigter und an die GmbH gerichteter - „Auflagenbescheid", der im Wesentlichen mit dem Vorjahresbescheid übereinstimmte:

„Aufgrund der Veranstaltungsanmeldung vom 03. 09. 1999 ergeht von der Bundespolizeidirektion Innsbruck, Veranstaltungsamt, ... folgender Spruch:

Für die betreffende Veranstaltung werden ua gemäß § 15 und § 23 des Tiroler Veranstaltungsgesetzes 1982 idgF folgende Maßnahmen vorgeschrieben bzw nachstehende Auflagen erteilt, zudem werden gemäß § 27 Absatz (1) leg cit in Verbindung mit § 27a und § 48a des Sicherheitspolizeigesetzes idgF aus sicherheitspolizeilichen Gründen besondere Überwachungsdienste durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in dem unter Punkt (4) angeführten Ausmaß angeordnet:

...

3) Zur Sicherung des ordnungsgemäßen Ablaufes dieser Veranstaltung haben Sie mit einem eigenen ausreichenden Ordnungsdienst für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu sorgen (nach Ihrer Schätzung werden insgesamt ca. 45.000 Besucher erwartet). Es werden laut Ihrer Bekanntgabe insgesamt 140 erfahrene Ordner, Leiter: Herr G***** F***** von der Fa „A*****", eingesetzt, die dafür anfallenden Kosten sind von Ihnen zu tragen. Die gestaffelt positionierten Ordner haben untereinander in ständiger Funkverbindung zu stehen.

4) Zusätzlich zu diesem Ordnungsdienst werden im unbedingt erforderlichen bzw. vorhersehbaren Ausmaß 21 Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (1 Konzeptsbeamter und 20 Sicherheitswachebeamte) auf Ihre Kosten kommandiert, die Bundespolizeidirektion Innsbruck behält sich jedoch im Bedarfsfall - zB aufgrund eines größeren Zuschauerandrangs als erwartet oder wegen einem bedenklichen und somit sicherheitsproblematischen Verhalten der Besucher - eine jederzeitige formlose Änderung der Anzahl der kommandierten Organe auf Ihre Kosten vor. ...

5) ... Den von den angeführten Organen erteilten Anordnungen, die sich vor oder im Laufe der Veranstaltung als notwendig erweisen, ist vom Veranstalter und von den einzelnen Aufsichtspersonen unverzüglich Folge zu leisten. ...

...

13) Der Zuschauerraum und die gesamten Zu- und Abgangswege sind ausreichend zu beleuchten. ..."

Am 4. 10. 1999 unterzeichnete der Inhaber des privaten Sicherheitsdienstes den Vertrag zur Sicherung der Veranstaltung. Er verpflichtete sich unter anderem, „für einen gesicherten und gefahrlosen Abgang der Zuschauer zu sorgen". Auf Grund seines Antrags vom 5. 10. 1999 wurde ihm durch den Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zur Ausübung des Sicherheitsgewerbes erteilt. Diese Bewilligung erfolgte erst mit Bescheid vom 10. 1. 2000. Als Einsatzleiter für die Veranstaltung am 4. 12. 1999 war jener Beamte eingeteilt, der die Vorjahresberichte verfasst und an der Besprechung vom 21. 10. 1999 teilgenommen hatte. Er hatte einerseits die Aufgabe, die Einhaltung der Bescheidauflagen zu überwachen, andererseits war er Leiter des polizeilichen Einsatzes in seiner Funktion als Sicherheitspolizist. Ihm unterstanden 20 Polizeibeamte und ab 19.00 Uhr 6 weitere Beamte, die er im Hinblick auf die anstehenden „After Event-Partys" angefordert hatte. Nach Ende der Veranstaltung hatten die Sicherheitswachebeamten den Auftrag, von den verschiedenen Ausgängen das Publikum in Richtung Stadt zu begleiten, um eventuelle Auseinandersetzungen auf dem Weg dorthin zu verhindern. Zum Unfallszeitpunkt waren 5 Sicherheitswachebeamte im Stadion, um die Siegerehrung zu bewachen, ungefähr 8 Sicherheitsbeamte befanden sich im Bereich des Stadions und begleiteten die abströmenden Zuschauer, die übrigen hielten sich im Nahebereich des Stadions auf. Die Veranstaltung wurde von rund 22.000 Zuschauern besucht. Es standen insgesamt 5 Ein- und Ausgänge zur Verfügung, davon 3 für den Westsektor. Ungefähr 75 % der im Westsektor aufhältigen Zuschauer verließen das Stadion durch den als E 3 bezeichneten Ausgang im Nordwesten; es war schon zuvor klar ersichtlich, dass es sich um den frequentiertesten Ausgang handeln würde. Auf dem Weg zwischen dem Zuschauerrondell und dem Ausgangstor E 3 befand sich im Zeitpunkt des Abströmens der Zuschauer weder ein Mitglied des Sicherheitsdienstes, noch ein Sicherheitswachebeamter. Der Zugang zum Ausgangstor führte über einen ungefähr 50 m langen, leicht abschüssigen Weg, der auf einer Seite mit einem Maschendrahtzaun begrenzt war. Der Weg war am Anfang 7,5 m breit, verjüngte sich jedoch bald auf 5,5 m. Die Wege waren schlecht ausgeleuchtet und bei ansonsten tiefgefrorenem Boden matschig. Vor dem Ende der Veranstaltung setzte der Abstrom der Zuschauer ein. Eine Zuschauermenge von mehreren tausend Menschen bewegte sich geordnet, einer größeren Menschenansammlung entsprechend, im Rahmen des Üblichen teilweise drängelnd auf dem zum Ausgangstor E 3 führenden Weg. Um etwa 21.30 Uhr kamen im Bereich der Verjüngung des Weges mehrere Zuschauer zu Sturz und wurden zum Teil von den nachdrängenden Zuschauermassen erdrückt. Auf Grund des entstehenden Gedränges kam es zu Panikreaktionen. Einige Zuschauer versuchten, über den Zaun zu entkommen. Dabei wurde dieser auf einer Länge von etwa 20 Metern nach außen weggedrückt. Ein Polizeibeamter gelangte in den unmittelbaren Bereich des Geschehens und versuchte gemeinsam mit einem weiteren Beamten, die anströmenden Menschenmassen mit Körperkraft und lautem Rufen zurückzudrängen. Da dies selbst mit Unterstützung weiterer Personen nicht gelang, feuerte er mehrere Schüsse aus seiner Dienstwaffe in die Luft ab, worauf sich der Menschendruck auf die am Boden liegenden Zuschauer maßgeblich verringerte, und es gelang, durch Sicherheitswachebeamte, Ordner, Rettungsleute und freiwillige Helfer die nachkommenden Personen davon abzuhalten, weiter in Richtung Ausgang zu drängen. Die drei beim Ausgang E 3 positionierten Beamten hatten sich zum Zeitpunkt des Unglücks bereits mit den abströmenden Besuchern ca. 200 bis 400 m von der Unglücksstelle entfernt und waren Richtung Stadt unterwegs. Als der Einsatzleiter Funksprüche erhielt, dass es beim Ausgang E 3 Probleme gebe, lief er so schnell wie möglich mit seinen Kollegen zum Unfallsort und alarmierte alle zur Verfügung stehenden Sicherheitswachebeamten, die zur Unfallsstelle beordert wurden. Die klagende Partei als Haftpflichtversicherer des Veranstalters begehrte die Zahlung von EUR 2,708.404,-- aus dem Titel der Amtshaftung. Die beklagte Partei, die neben dem Veranstalter, dem Land Tirol und der Stadt Innsbruck solidarisch hafte, sei im Innenverhältnis zum Ersatz eines Viertels des Schadens verpflichtet. Ein Verschulden an dem Unglücksfall treffe die Gewerbe- und insbesondere die Sicherheitsbehörde. Die Gewerbebehörde habe dem Inhaber des privaten Sicherheitsdienstes zu Unrecht die Nachsicht vom Befähigungsnachweis erteilt. Sie habe es weiters unterlassen, die Veranstaltungsbehörde darauf hinzuweisen, dass der Inhaber des Sicherheitsdienstes über keine Bewilligung zur Ausübung des Sicherheitsgewerbes verfügte bzw dass keine Betriebsanlagengenehmigung für das Stadion vorlag. Die Sicherheitsbehörde habe rechtswidrig und schuldhaft gehandelt, da der Vertreter des Zentralinspektorats im Rahmen der Besprechung vom 21. 10. 1999 nicht auf die ihm bekannten Sicherheitsmängel des Stadions hingewiesen habe und in der Folge zu wenige Sicherheitsbeamte zur Überwachung der Veranstaltung vorgesehen worden seien. Während des Unfallereignisses selbst seien die Einsatzkräfte zu spät eingetroffen; die Gefährdung sei schon vor dem Unfall konkret vorhersehbar gewesen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Nachsicht vom Befähigungsnachweis für den Inhaber des privaten Sicherheitsdienstes sei zu Recht erfolgt, die Gewerbebehörde habe auch keine Kenntnis davon gehabt, dass der Inhaber des Sicherheitsdienstes das Gewerbe ohne Bewilligung ausgeübt habe. Das Stadion habe keiner Betriebsanlagengenehmigung bedurft. Das Veranstaltungswesen falle in die Kompetenz der Länder. Eigene Vollzugskompetenzen kämen dem Bund demnach im Veranstaltungswesen weder im Rahmen der erstinstanzlichen Verleihung von Berechtigungen, noch bei der Überwachung der Veranstaltungen zu. Im Übrigen seien Verbesserungen vorgenommen worden, soweit in den Vorjahren Gefahrenquellen erkannt worden seien. Eine lückenlose Überwachung aller Wege sei weder zumutbar, noch möglich gewesen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass das dem Land zuzurechnende Veranstaltungsamt die bescheidmäßigen Voraussetzungen für eine sichere Durchführung der Veranstaltung zu schaffen gehabt habe und dem Einsatzleiter kein Verstoß gegen die maßgeblichen Bestimmungen des SPG vorgeworfen werden könne.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil in der Hauptsache und sprach die Zulässigkeit der ordentlichen Revision aus. Eine pflichtwidrige Vorgangsweise der Gewerbebehörde bzw ihrer Organe liege nicht vor. Die Tätigkeit der Organe der Bundespolizei und ihrer Sicherheitsbeamten sei, soweit sie der Vorbereitung und der Verwirklichung der Intentionen der Ziele des Veranstaltungsgesetzes diene, sowohl während als auch vor einer Veranstaltung funktionell dem Veranstaltungswesen zuzuordnen. Abgesehen davon habe der Vertreter des Zentralinspektorats bei der Besprechung vom 21. 10. 1999 davon ausgehen können, dass die Berichte über die Sicherheitsmängel des Stadions der Leiterin der Veranstaltungsbehörde bekannt gewesen seien. Auch bei Bejahung des Vorliegens eines sicherheitspolizeilichen Bescheids könne die Unterlassung einer Erhöhung der abzukommandierenden Sicherheitswachebeamten keine Amtshaftung der beklagten Partei begründen, weil unter den gegebenen Voraussetzungen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorhanden gewesen seien, dass der Veranstalter bei Einhaltung der Auflagen die Sicherheit und Gesundheit der Besucher nicht werde gewährleisten können. Die Positionierung der Sicherheitswachebeamten sei als vertretbar zu beurteilen, da keine konkrete Gefährdung erkennbar gewesen sei. Dass die Sicherheitsorgane unmittelbar nach dem Unfall noch zielführend hätten einschreiten können, sei weder den Prozessbehauptungen, noch den Feststellungen zu entnehmen. Die Revision sei zulässig, weil zur Frage, „welchem Rechtsträger Exekutivorgane der Sicherheitspolizei, die im Rahmen ihres Einsatzes bei einer Veranstaltung auf Grund eines Auflagenbescheides des Veranstaltungsamtes tätig sind, zuzuordnen sind und über deren pflichtgemäßen Aufgabenkreis in diesem Zusammenhang", eine höchstgerichtliche Judikatur aus jüngerer Zeit nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der klagenden Partei ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegen. Die - wenn auch im Rahmen einer Alternativbegründung - angestellten Erwägungen des Berufungsgerichts zur behaupteten Verletzung sicherheitspolizeilicher Aufgaben erscheinen im Hinblick auf den zu beurteilenden Einzelfall nicht bedenklich.

1. Das Berufungsgericht ging davon aus, es sei in den vergangenen Jahren beim Abströmen der Besucher aus dem Westsektor „trotz einer größeren Besucheranzahl zu keinen größeren Problemen" gekommen. Die Revisionswerberin erblickt darin eine Aktenwidrigkeit, weil keine gesicherten Besucherzahlen vorlägen. Insbesondere sei der Leiter der Sicherheitswache subjektiv von einer höheren Zuschauerzahl als in den Jahren zuvor ausgegangen. Der Ausdruck „größere Besucherzahl" ist in diesem Zusammenhang jedoch nicht komparativ zu verstehen. Die (umgangssprachliche) Formulierung des Berufungsgerichts soll erkennbar lediglich ausdrücken, dass die Besucherzahlen in den Vorjahren nicht gering gewesen sind, was gar nicht bestritten wird.

2. Der mit der Sicherung des ordnungsgemäßen Ablaufs der Veranstaltung beauftragte Inhaber des privaten Sicherheitsdienstes verfügte zum hier relevanten Zeitpunkt über keine Bewilligung zur Ausübung des Sicherheitsgewerbes. Die bloße Nachsicht vom Befähigungsnachweis gem § 28 Abs 1 Z 1 GewO idF 1994 berechtigte ihn noch nicht dazu, das Gewerbe auszuüben. Selbst wenn die Nachsicht zu Unrecht erteilt worden sein sollte, läge daher keine Verletzung eines Schutzgesetzes durch die Gewerbebehörde vor. Es wird auch nicht dargelegt, inwieweit bereits eine allenfalls unzutreffende Nachsicht für die Tätigkeit des Inhabers des Sicherheitsdienstes bei der Veranstaltung kausal gewesen sein könnte.

3. Es kann der Gewerbebehörde nicht angelastet werden, sie habe es pflichtwidrig unterlassen, die Veranstaltungsbehörde über das Fehlen einer Gewerbeberechtigung des Inhabers des privaten Sicherheitsdienstes aufzuklären. Nach dem festgestellten Sachverhalt war die Gewerbebehörde zur Behördenbesprechung im Vorfeld der Erlassung des Auflagenbescheides nicht geladen. Der Auflagenbescheid selbst wurde ihr nicht zugestellt. Es ist daher nicht ersichtlich, wie die Gewerbebehörde überhaupt von der Person des Verantwortlichen hätte Kenntnis erlangen können. Dies wird von der Revisionswerberin, die lediglich behauptet, es wäre für die Gewerbebehörde „klar erkennbar" gewesen, auch nicht begründet. Sie legt schließlich auch nicht dar, aus welcher gesetzlichen Bestimmung sich eine Verpflichtung zu einer Mitteilung an die Veranstaltungsbehörde, dass der Sicherheitsdienst möglicherweise von einem dazu nicht befugten Unternehmer organisiert werden könnte, ergeben sollte.

4. Die Revisionswerberin macht weiters geltend, die Gewerbebehörde hätte die Veranstaltungsbehörde darauf hinweisen müssen, dass keine Betriebsanlagengenehmigung für das Stadion vorliegt. Dieser Vorwurf geht schon deshalb fehl, weil die Gewerbeordnung gem § 2 Abs 1 Z 17 unter anderem auf den Betrieb von Unternehmen öffentlicher Belustigungen bzw. musikalischer Darbietungen nicht anzuwenden war. Diese Bestimmung ist im Hinblick auf Art 15 Abs 3 B-VG verfassungskonform zu interpretieren (VwGH 2000/04/0144). Dass die GewO auf Sportanlagen nicht anwendbar ist, wird auch von der Revisionswerberin nicht bestritten. Es ist daher nicht nachvollziehbar, wieso die Veranstaltung dennoch nicht der zitierten Ausnahmebestimmung unterliegen sollte, handelte es sich doch um einen „Snowboard-Wettbewerb mit musikalischem Rahmenprogramm", mithin um eine öffentliche „Belustigung" teils sportlichen, teils musikalischen Charakters. Wenn die Revisionswerberin argumentiert, es handle sich bei dem Stadion um eine „multifunktionale Betriebsanlage", für deren Betrieb kein Ausnahmetatbestand von der GewO vorliege, so ist dem entgegenzuhalten, dass es hier nur darauf ankommen kann, ob im Hinblick auf die konkrete Veranstaltung eine Betriebsanlagengenehmigung erforderlich war. Überdies ist den Feststellungen nicht zu entnehmen, dass das Stadion auch anderen Zwecken als sportlichen Veranstaltungen bzw. sonstigen „öffentlichen Belustigungen" gewidmet gewesen wäre. Eine Betriebsanlagengenehmigung für das Stadion als Veranstaltungsort dieses Snowboard-Wettbewerbs war somit rechtlich nicht vorgesehen. Damit erübrigt sich auch die Frage nach einer etwaigen Mitteilungspflicht der Gewerbebehörde.

5. Gem § 27a SPG obliegt den Sicherheitsbehörden im Rahmen des Streifen- und Überwachungsdienstes (§ 5 Abs. 3) die besondere Überwachung gefährdeter Vorhaben, Menschen oder Sachen in dem Maße, in dem der Gefährdete oder der für das Vorhaben oder die Sache Verantwortliche nicht bereit oder in der Lage ist, durch zumutbare Vorkehrungen den erforderlichen Schutz zu gewährleisten und die dadurch entstehende Gefahr im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit nicht hingenommen werden kann. Die besondere Überwachung gem § 27a SPG dient sowohl der Erfüllung der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht und der Gefahrenabwehr als auch der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (EB RV 72 BlgNR 20. GP, 293). Durch die erste allgemeine Hilfeleistungspflicht werden die Sicherheitsbehörden zur subsidiären Gefahrenbekämpfung auf Gebieten berufen, die ihnen sonst als verwaltungspolizeiliche Agenden verschlossen sind (Wiederin, Sicherheitspolizeirecht 59); der Begriff der Gefahrenabwehr ist strikt strafrechtsakzessorisch konzipiert (Wiederin, aaO 65). Auch unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war ein Einsatz von Organen der Sicherheitsbehörde nur insoweit - gemäß § 48a SPG - anzuordnen, als zumutbare und zu erwartende Sicherheitsvorkehrungen durch den Veranstalter nicht ausgereicht hätten, um die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten (vgl nur VwGH 99/01/0387).

Die Revisionswerberin meint nun, die Sicherheitsbehörde hätte im Rahmen des besonderen Überwachungsdienstes eine „wesentlich höhere Anzahl" von Sicherheitsbeamten vorsehen müssen. In keiner Weise wird jedoch dargetan, wie durch einen vermehrten Einsatz von (der Zahl nach nicht konkretisierten) Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im konkreten Fall das Unglück hätte verhindert werden können. Die Revisionswerberin geht vor allem auch stillschweigend darüber hinweg, dass im „Auflagenbescheid" der Einsatz eines ausreichenden Ordnungsdienstes für die „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit" (Zusage von 140 erfahrenen Ordnern) vorgeschrieben war. Die Organisation eines geregelten Abzugs von Zuschauern innerhalb eines nur gegen Entgelt zu betretenden Veranstaltungsgeländes fällt als solche grundsätzlich nicht in den Aufgabenbereich der Sicherheitsbehörde. Vielmehr obliegt es dem Veranstalter, durch die Bereitstellung von privatem Ordnungspersonal in der erforderlichen Anzahl dafür zu sorgen, dass ein reibungsloser organisatorischer Ablauf der Veranstaltung, insbesondere auch der friktionsfreie Abzug der Zuschauer vom Veranstaltungsgelände, gewährleistet ist. Die Anordnung einer besonderen Überwachung gem § 27a SPG hatte demgegenüber nur auf jene Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit Bedacht zu nehmen, welchen allein durch die - auch präventiv wirkende - Anwesenheit von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes adäquat begegnet werden konnte. Hierbei war vor allem die Gefahr der Begehung gerichtlich strafbarer bzw. gegen die öffentliche Ordnung gerichteter Handlungen zu berücksichtigen, soweit damit im Rahmen einer grundsätzlich als friedfertig eingestuften Veranstaltung zu rechnen war. Vermehrte Aufmerksamkeit war auch auf die Sicherung eines störungs- und konfliktfreien Abzugs der Menschenmenge außerhalb des Veranstaltungsbereichs zu legen. Die Revisionswerberin vermag auch nicht darzulegen, aus welchen konkreten Gründen der Einsatzleiter der Sicherheitskräfte Bedenken dagegen hätte haben müssen, dass der Ordnerdienst in der Lage sein werde, den Zuschauerabstrom ausreichend zu regulieren, zumal es bei den letzten vergleichbaren Veranstaltungen im Bereich der nunmehrigen Unfallstelle zu keinen erheblichen Problemen beim Zuschauerabzug gekommen war; entgegen ihrer Auffassung kommt es bei einer Besucherzahl von etwa 22.000 auch nicht darauf an, welche Maßnahmen zu treffen gewesen wären, wenn die vom Veranstalter erwarteten 45.000 Zuschauer erschienen wären. Der Revisionswerberin ist somit zum einen zu entgegnen, dass der Vorwurf, für die Organisation des Abzugs der Zuschauer sei zu wenig Personal vorgesehen gewesen, sich nicht in erster Linie auf Sicherheitsvorkehrungen bezieht, die gem § 27a SPG von der Sicherheitsbehörde zu übernehmen gewesen wären. Zum anderen ist nicht schlüssig dargelegt, inwieweit ein vermehrter Personalaufwand überhaupt zu einer Verminderung jenes Unfallrisikos hätte führen können, das sich hier verwirklicht hat. Die Revisionswerberin meint weiters, es wären „insbesondere die bekannten Warnhinweise, die von einer völligen Untauglichkeit des Veranstaltungsortes ausgingen", zu berücksichtigen gewesen; bei einer völligen - also auch durch vermehrten Personalaufwand nicht auszugleichenden - Untauglichkeit des Stadions hätte die Veranstaltung von der Veranstaltungsbehörde überhaupt untersagt werden müssen. Die Forderung, der spätere Einsatzleiter hätte erneut auf die bekannten Sicherheitsmängel aufmerksam machen müssen, um eine Untersagung der Veranstaltung zu erwirken, wird in der Revision nicht mehr aufrecht erhalten. Damit richten sich die Vorwürfe aber gegen die Veranstaltungsbehörde.

6. Die Positionierung der Sicherheitsbeamten am Tag des Unglücks erachtete das Berufungsgericht als für die Wahrnehmung der eigentlichen sicherheitspolizeilichen Aspekte der Überwachung vertretbar. Die Revisionswerberin moniert, die konkrete Gefährdung sei bereits zu einem früheren Zeitpunkt erkennbar gewesen. Nach dem festgestellten Sachverhalt war es bei den letzten beiden gleichartigen Snowboard-Wettbewerben zumindest im Bereich des Ausgangs E 3 zu keinen wesentlichen Problemen gekommen. Am Tag der Veranstaltung bewegte sich die Menschenansammlung bis zum Zeitpunkt des Unglücks im Wesentlichen geordnet auf dem zum Ausgangstor E 3 führenden Weg. Aus dem allgemeinen Hinweis, dass jede Massenveranstaltung für sich genommen schon eine Gefahrenquelle darstelle, lässt sich nicht ableiten, dass bzw. wie die Positionierung der Beamten - ex ante betrachtet - anders zu erfolgen gehabt hätte. Dem Berufungsgericht ist keine bedenkliche Fehlbeurteilung vorzuwerfen, wenn es im Zusammenhang mit der Koordination der Sicherheitsbeamten eine schuldhafte Rechtsverletzung verneint hat. Der Vorwurf, es wäre am neuralgischen Punkt „zumindest beobachtend" einzuschreiten gewesen, übersieht, dass es in den Vorjahren in diesem Bereich keine größeren Probleme gegeben hat. Die Sicherheitsbehörde ist auch nicht verpflichtet, ein Veranstaltungsgelände auf alle denkbaren Problembereiche zu untersuchen, zumal sie regelmäßig davon ausgehen kann, dass auf allfällige „Schwachstellen" durch den Ordnerdienst bzw durch Auflagen der Veranstaltungsbehörde Bedacht genommen wird.

Auch die Beurteilung der Frage, ob die Sicherheitswachebeamten, insbesondere der Einsatzleiter, in der konkreten Situation des Unglücksfalls iSd § 19 SPG korrekt gehandelt haben, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, eine unmittelbar bevorstehende Gefährdung sei den Beamten frühestens zu dem Zeitpunkt erkennbar gewesen, als sich die Stürze ereigneten und die Zusammenballung der nachdrängenden Massen erkennbar wurde; ab diesem Zeitpunkt könne ihnen keine Unterlassung vorgeworfen werden. Diese Ansicht stellt jedenfalls keine grobe Fehlbeurteilung dar, besonders unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Einsatzleiter unverzüglich alle Beamten zur Unglücksstelle beorderte und dass es einem der am Unglücksort einschreitenden Beamten schließlich gelang, die weiter anströmenden Menschenmassen zurückzudrängen.

Es braucht somit nicht näher auf die - vom Berufungsgericht für erheblich angesehenen - Fragen eingegangen zu werden, für welchen Rechtsträger die Exekutivorgane der Sicherheitspolizei im Rahmen der Überwachung der Veranstaltung funktionell tätig geworden sind bzw welcher Behörde die bescheidmäßige Anordnung der Überwachung zuzurechnen ist. Selbst wenn dabei sicherheitspolizeiliche Agenden ausgeübt worden sein mögen, hat das Berufungsgericht ein Fehlverhalten von Organen der Sicherheitsbehörde, insbesondere des Einsatzleiters, mit unbedenklicher Begründung verneint. Die Revision ist somit zurückzuweisen, weil keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zu beantworten ist. Die für die Revisionsbeantwortung verzeichneten Kosten sind der beklagten Partei nicht zuzusprechen, weil auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen wurde (vgl RIS-Justiz RS0035979), sodass ihr Schriftsatz nicht als eine zweckentsprechende Rechtsverteidigungsmaßnahme iSd § 41 ZPO zu qualifizieren ist.

Rückverweise