10ObS106/05v – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Wolfgang Höfle (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Vera Moczarski (aus dem Kreis der Arbeitnehmer als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Christian K*****, Angestellter, *****, im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert Stifter Straße 65, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Abfindung der Versehrtenrente, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. September 2005, GZ 11 Rs 54/05y 9, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Soweit die Vorinstanzen unter Hinweis auf die ebenfalls die Abfindung einer Versehrtenrente betreffende Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 10 ObS 10/04z die Zulässigkeit des Rechtsweges bejaht haben, liegt eine den Obersten Gerichtshof nach § 42 Abs 3 JN bindende Entscheidung vor (10 ObS 7/05k mwN).
Nach den Ausführungen des Obersten Gerichtshofes in der einschlägigen Vorentscheidung 10 ObS 10/04z besteht, auch wenn kein individueller Rechtsanspruch des Versicherten auf Abfindung der Versehrtenrente gemäß § 184 Abs 2 ASVG vorliegt, ein Anspruch des Versicherten auf gesetzmäßige Ermessensübung, der auch verfahrensmäßig nachprüfbar sein muss. Dabei ist die im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebrachte Ermessensübung auf ihre Sachlichkeit kontrollierbar, wobei nur eine Rechtskontrolle, nicht auch eine Zweckmäßigkeitskontrolle durchzuführen ist. Der Revisionswerberin ist zwar darin beizupflichten, dass zur Frage der Ausübung des Ermessens bei der Abfindung einer Versehrtenrente gemäß § 184 Abs 2 ASVG noch keine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliegt, da auch in der Entscheidung 10 ObS 10/04z im damaligen Verfahrensstadium auf die bei der Nachprüfung auf einen etwaigen Ermessensmissbrauch zu beachtenden Kriterien noch nicht einzugehen war. Ein näheres Eingehen auf diese Frage ist aber auch im vorliegenden Fall nicht erforderlich. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, von der das Berufungsgericht nicht abgewichen ist, können durchaus auch finanzielle Gesichtspunkte zulässige Gründe für einen negativen Ermessensgebrauch bilden (10 ObS 7/05k mwN). Der Sozialversicherungsträger hat allerdings im gerichtlichen Verfahren die für seine Ermessensentscheidung maßgebenden sachlichen Kriterien in rational nachvollziehbarer Weise darzulegen (SSV NF 17/17 = DRdA 2004/22, 263 [Naderhirn] = ZAS 2004/31, 183 [Haslinger]). In der Beurteilung des Berufungsgerichtes, die Beklagte habe im Verfahren erster Instanz keine einer Leistungsgewährung entgegenstehende finanzielle Gesichtspunkte geltend gemacht und ihr diesbezüglich erstmals in der Berufung erhobenes Prozessvorbringen verstoße gegen das auch im Rechtsmittelverfahren in Sozialrechtssachen ausnahmslos geltende Neuerungsverbot (vgl SSV NF 1/45 ua), kann keine vom Obersten Gerichtshof im Rahmen eines außerordentlichen Rechtsmittels aufzugreifende Fehlbeurteilung erblickt werden.
Die außerordentliche Revision war daher mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.