JudikaturOGH

2Ob193/05d – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. Februar 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Silvia L*****, vertreten durch Dr. Karl Rümmele und Dr. Birgitt Breinbauer, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei Gerhard L*****, vertreten durch Mag. Hans-Christian Obernberger, Rechtsanwalt in Bludenz, wegen Unterhalt, infolge „außerordentlicher Revision" der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 30. Mai 2005, GZ 1 R 103/05p-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 3. Februar 2005, GZ 2 C 89/04i-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Die Ehe der Streitteile wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 7. 8. 1997 im Einvernehmen geschieden. Die Klägerin begehrte vom Beklagten zuletzt die Bezahlung eines Unterhaltsrückstandes von EUR 619 sowie die Erhöhung des mit gerichtlichem Vergleich vom 8. 3. 2001 festgelegten laufenden Unterhaltes von EUR 327 auf EUR 641 monatlich ab 1. 8. 2004. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Dieses Urteil erwuchs hinsichtlich des Zuspruches des Unterhaltsrückstandes sowie der Erhöhung des laufenden Unterhaltes auf monatlich EUR 441 ab 1. 8. 2004 in Rechtskraft.

Das vom Beklagten in Ansehung des „Mehrbetrages von monatlich EUR 200" angerufene Berufungsgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die an das Erstgericht adressierte „außerordentliche Revision" des Beklagten, die das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof vorlegte.

Rechtliche Beurteilung

Diese Vorgangsweise widerspricht der seit der WGN 1997 geltenden Rechtslage:

Unterhaltsansprüche sind gemäß § 58 Abs 1 JN mit der dreifachen Jahresleistung zu bewerten. Wegen dieser gesetzlichen Bewertungsvorschrift bedarf es keines Bewertungsausspruches durch das Berufungsgericht (RIS-Justiz RS0042366). Wird die Erhöhung oder die Herabsetzung des laufenden Unterhalts begehrt, richtet sich der berufungsgerichtliche Entscheidungsgegenstand nach dem dreifachen Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung (1 Ob 169/05t; RIS-Justiz RS0046543; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 502 ZPO Rz 183), wobei nur die im Berufungsverfahren noch streitverfangene Jahresleistung maßgeblich ist (1 Ob 166/99i mwN; Zechner aaO). Nach diesen Grundsätzen errechnet sich im vorliegenden Fall der zweitinstanzliche Entscheidungsgegenstand mit EUR 7.200 (EUR 200 mal 36).

Gemäß § 502 Abs 4 ZPO ist die Revision in einer Streitigkeit über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt nach § 49 Abs 2 Z 2 JN - außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand, über den das Berufungsgericht entschied, insgesamt EUR 20.000 nicht übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO - wie hier - für nicht zulässig erklärt hat. In einem solchen Fall kann eine Partei gemäß § 508 Abs 1 ZPO idF WGN 1997 einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass das ordentliche Rechtsmittel doch für zulässig erklärt werde. Mit demselben Schriftsatz ist das ordentliche Rechtsmittel auszuführen. Dieser Antrag, verbunden mit dem ordentlichen Rechtsmittel, ist beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen und gemäß § 508 Abs 3 und 4 ZPO vom Rechtsmittelgericht zu behandeln. Erhebt im dargestellten Fall eine Partei ein Rechtsmittel, so ist dieses gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen. Dies gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches" Rechtsmittel bezeichnet wird und wenn es an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist; auch dieser darf hierüber nur und erst entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei. Dies gilt ferner auch dann, wenn der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz nicht iSd § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Abänderung des Ausspruches des Gerichtes zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RIS-Justiz RS0109623). Das Erstgericht wird somit das Rechtsmittel des Beklagten dem Berufungsgericht vorzulegen haben. Ob der Schriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.

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