5Ob139/05k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Patrizia B*****, vertreten durch Dr. Witt Partner, Rechtsanwälte in Wien, 2. Andreas W*****, vertreten durch Dr. Renate Pfenningstorff, Rechtsanwältin in Wien als Sachwalterin, wegen EUR 4.997,07 s.A. über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 7. Dezember 2004, GZ 37 R 283/04y 31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 13. November 2003, GZ 31 R 10/03y 25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird hinsichtlich der Erstbeklagten als nichtig aufgehoben.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Urteil vom 13. November 2003 wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Dagegen erhob die klagende Partei am 4. Mai 2004 Berufung. Die erstbeklagte Partei beantragte in ihrer Berufungsbeantwortung vom 4. Juni 2004, der Berufung nicht Folge zu geben. Am 14. Juni 2004 langte das Rechtsmittel beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien ein.
Mit Beschluss vom 17. Juni 2004 wurde das Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen der Erstbeklagten eröffnet (3 S 8/04y 7 des Bezirksgerichtes Neusiedl am See).
Am 7. Dezember 2004 erging die Entscheidung des Berufungsgerichtes , womit der Berufung in der Hauptsache nicht, im Kostenpunkt jedoch teilweise Folge gegeben wurde. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Innerhalb der Berufungsfrist beantragte die klagende Partei die Abänderung des Unzulässigkeitsausspruchs und wies auf die durch die Entscheidung des Berufungsgerichtes bewirkte Nichtigkeit hin.
Das Berufungsgericht änderte seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision dahin ab, dass es diese hinsichtlich der Erstbeklagten für zulässig erklärte. Durch die Entscheidung über die Berufung gegen die Erstbeklagte trotz anhängigen Schuldenregulierungsverfahrens sei das Berufungsgericht von höchstgerichtlicher Judikatur abgewichen, was die Zulässigkeit eines ordentlichen Rechtsmittels begründe.
Gegen die Berufungsentscheidung richtet sich die auf den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 5 ZPO gestützte ordentliche Revision der klagenden Partei mit dem Antrag auf (ersatzlose) Aufhebung des Berufungsurteils [gemeint wohl: hinsichtlich der Erstbeklagten]. In eventu wird ein Aufhebungsantrag zwecks Verfahrensergänzung durch das Berufungsgericht, allenfalls durch das Gericht erster Instanz gestellt. Letztlich wurde noch beantragt, der Erstbeklagten jedenfalls den Ersatz der Kosten des Verfahrens aller Instanzen aufzuerlegen.
Die zweitbeklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil aus dem Grunde der Rechtssicherheit eine dem Urteil des Berufungsgerichtes anhaftende Nichtigkeit - soweit davon die Erstbeklagte betroffen ist - wahrzunehmen ist. Die Revision ist auch berechtigt.
Gemäß § 7 Abs 1 KO werden alle anhängigen Rechtsstreitigkeiten, in denen der Gemeinschuldner Kläger oder Beklagter ist, mit Ausnahme der in § 6 Abs 3 KO bezeichneten Streitigkeiten - eine solche liegt hier nicht vor - durch die Konkurseröffnung unterbrochen. Auch das Schuldenregulierungsverfahren gemäß § 181f KO ist ein Konkursverfahren. Deshalb hat auch die Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens verfahrensunterbrechende Wirkung (RIS Justiz RS0103501). Diese Unterbrechung tritt ex lege, auch im Stadium des Rechtsmittelverfahrens ein und ist von der Fassung eines (hier unterbliebenen) Unterbrechungsbeschlusses unabhängig (vgl 5 Ob 90/05d).
Ein nach Eintritt der Unterbrechung gefälltes Urteil leidet an der Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 5 ZPO. Nach herrschender Rechtsprechung ist auch über ein vor Eröffnung des Konkurses (hier Schuldenregulierungsverfahrens) eingebrachtes Rechtsmittel während der Dauer der Unterbrechung nicht zu entscheiden, eine dennoch ergangene Entscheidung ist nichtig (vgl 9 Ob 376/97b mit Rechtsprechungshinweisen).
Trotz der Unterbrechung des Verfahrens ist die Revision der klagenden Partei zulässig. Während der Unterbrechung des Verfahrens sind Prozesshandlungen zwar unwirksam, doch kann einer Partei, die sich durch eine trotz erfolgter Verfahrensunterbrechung ergangene Entscheidung für beschwert erachtet, nicht verwehrt werden, diese Entscheidung anzufechten, wenn sie damit einen Verstoß gegen § 7 KO geltend machen will (RIS Justiz RS0036977; RS0037023 ua).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO, weil die Kostenregel des § 51 ZPO nicht die Aufhebung einer Entscheidung allein, sondern die Aufhebung des Verfahrens betrifft (RIS Justiz RS0035870).