JudikaturOGH

4Ob236/05t – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Dezember 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** Handels Ges.m.b.H., *****, vertreten durch Engin-Deniz Reimitz Schönherr Hafner Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die beklagte Partei Z*****GmbH, *****, vertreten durch Lattenmayer, Luks Enzinger Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 32.700 EUR), Rechnungslegung (Streitwert 1.820 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 1.820 EUR), infolge „außerordentlicher" Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 8. September 2005, GZ 2 R 153/05t-42, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 21. April 2005, GZ 29 Cg 82/03y-38, bestätigt wurde (Revisionsinteresse 1.820 EUR), in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die „außerordentliche" Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Gestützt auf ihr Markenrecht begehrte die Klägerin, der Beklagten aufzutragen, es zu unterlassen, Beleuchtungsgeräte und/oder Waren, die zu Beleuchtungsgeräten verwechslungsfähig ähnlich sind, unter der Marke „L*****" zu bewerben und/oder anzubieten und/oder zu vertreiben; die Beklagte zur Rechnungslegung zu verpflichten und die Klägerin zur Urteilsveröffentlichung zu ermächtigen. Sie bewertete das Unterlassungsbegehren mit 32.700 EUR, die beiden anderen Begehren mit je 1.820 EUR. Zuletzt schränkte sie ihr Klagebegehren auf Rechnungslegung ein.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, ohne substantiierte Einwendungen gegen das Rechnungslegungsbegehren oder dessen Bewertung zu erheben.

Das Erstgericht gab dem Rechnungslegungsbegehren gem § 55 MSchG iVm § 151 PatG unter Hinweis auf die Markenrechtsverletzung statt. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR nicht übersteige und die ordentliche Revision jedenfalls unzulässig sei. Gegen diese Entscheidung richtet sich die „außerordentliche" Revision der Beklagten.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist jedenfalls unzulässig.

Die Beklagte bekämpft den Ausspruch des Berufungsgerichts, wonach der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR nicht übersteige. Auch wenn die Bewertung des Rechnungslegungsanspruchs nicht mit der Höhe des künftigen Zahlungsbegehrens gleich zu setzen sei, sei „evident", dass das Interesse der Klägerin erheblich höher sei als im Streitwert ausgedrückt. Die offenbare Unterbewertung des Entscheidungsgegenstands durch das Berufungsgericht sei nicht bindend.

Gegenstand des Ersturteils und damit auch des Berufungsverfahrens war allein das Rechnungslegungsbegehren. Für die Bewertung des Rechnungslegungsanspruchs gibt es keine zwingenden Bewertungsvorschriften. Das Berufungsgericht ist bei seinem Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO über den Wert des Entscheidungsgegenstands nicht an die Bewertung des Klägers gebunden (RIS-Justiz RS0042617; Kodek in Rechberger ZPO² § 500 Rz 3). Die Bewertung durch das Berufungsgericht ist grundsätzlich unanfechtbar und für den Obersten Gerichtshof bindend (RIS-Justiz RS0042410), es sei denn, das Berufungsgericht hätte zwingende gesetzliche Bewertungsvorschriften verletzt oder den ihm vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessensspielraum überschritten (4 Ob 61/04f = EvBl 2004/180 mwN; RIS-Justiz RS0042515 [T7]; Zechner in Fasching, ZPO² § 502 Rz 155).

Der Beklagten ist daher insoweit zuzustimmen, als bei einer offenkundigen Unterbewertung des Entscheidungsgegenstands durch das Berufungsgericht eine Bindung an den Bewertungsausspruch zu verneinen wäre. Eine solche Überschreitung des Ermessensspielraums vermag die Beklagte aber nicht aufzuzeigen. Sie erkennt selbst, dass der Wert des Rechnungslegungsanspruchs nicht dem des künftigen Zahlungsbegehrens gleich zu setzen ist, meint aber, es sei evident, dass das Interesse der Klägerin erheblich höher sei als im Streitwert zum Ausdruck komme. Aus dem Vorbringen der Klägerin sei ersichtlich, dass diese daran denke, Geldansprüche in erheblicher Höhe geltend zu machen. Der Ausspruch über das Rechnungslegungsbegehren sei auch wegen der allgemeinen wirtschaftlichen Bedeutung der Marke wesentlich unterbewertet. Die Beklagte vermag aber nicht auf Verfahrensergebnisse zu verweisen, die Rückschlüsse auf den von ihr behaupteten erheblichen wirtschaftlichen Wert der Marke zulassen. Mangels entsprechender Sachverhaltsgrundlagen kann daher keine Rede davon sein, dass eine Falschbewertung durch das Berufungsgericht offenkundig wäre. Damit ist aber die „außerordentliche" Revision gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.

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