2Ob278/05d – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith als weitere Richter im Verfahren über den Ablehnungsantrag der beklagten Partei in der Rechtssache der klagenden Partei Ulrike St*****, vertreten durch Dr. Manfred Roland, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Gemeindeverband W*****, vertreten durch Binder Grösswang Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen EUR 97.999,32 sA und Feststellung (Streitinteresse EUR 7.267,28), über den „außerordentlichen Revisionsrekurs" der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 30. September 2005, GZ 13 R 200/05k 6, womit infolge Rekurses der beklagten Partei der Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg vom 16. August 2005, GZ 25 Nc 23/05a 3, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der „außerordentliche Revisionsrekurs" der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Dem Verfahren liegt ein Schadenersatzprozess wegen behaupteter ärztlicher Fehlleistungen im Organisationsbereich der beklagten Partei zugrunde.
Die beklagte Partei hat den für das Hauptverfahren zuständiger Erstrichter mit der Behauptung einer abfälligen Äußerung gegenüber ihrem Krankenhaus als befangen abgelehnt. Er habe nämlich im Verfahren 5 Cg 30/02p des Landesgerichtes Korneuburg im Rahmen einer Stellungnahme zum dort ebenfalls gegen ihn gestellten Ablehnungsantrag der beklagten Partei die Äußerung getan, „ich meide diese Gegend [gemeint den Einzugsbereich des Krankenhauses M*****], man könnte dort einen Unfall haben"; auf Grund seiner jahrelangen Befassung mit Haftungsprozessen gegen dieses Krankenhaus „verachte er zutiefst" dessen Bestreitung von ärztlichen (Kunst )Fehlern und stelle sich die Frage, „ob für die betreffenden Ärzte Menschlichkeit überhaupt noch einen Stellenwert hat."
Der Befangenheitssenat des Erstgerichtes wies diesen Antrag zurück. Einerseits habe der gegenständliche Befangenheitsvorwurf bereits Eingang in eine frühere Befangenheitsentscheidung 25 Nc 29/04g gefunden und sei dort rechtskräftig erledigt worden, sodass insoweit „entschiedene Rechtssache" vorliege; andererseits liege aber auch schon deshalb kein Befangenheitsgrund vor, weil der betroffene Richter erklärt habe, an jede Rechtssache mit der beklagten Partei unvoreingenommen heranzugehen.
Das Rekursgericht gab dem hiegegen erhobenen Rekurs der beklagten Partei nicht Folge und sprach aus, dass der „weitere Rekurs" nicht zulässig sei. Die zum Gegenstand des Ablehnungsantrages erhobenen Äußerungen habe das Erstgericht bereits zu 25 Nc 30/04d einer Beurteilung unterzogen und damals eine Befangenheit verneint, sodass die Rechtskraft dieses Beschlusses die neuerliche Beurteilung der beanstandeten Formulierungen hindere. Auch wenn der abgelehnte Richter eine „negative Einstellung" gegenüber der beklagten Partei zum Ausdruck gebracht habe, so habe er doch gleichzeitig dargelegt, nicht befangen zu sein, ohne dass Bedenken bestünden, dass er nicht in der Lage wäre, inhaltlich und objektiv richtig zu entscheiden.
Den Ausspruch der Unzulässigkeit eines „weiteren Rekurses" begründete das Rekursgericht mit der Sonderregelung des § 24 Abs 2 JN.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der auf unrichtige rechtliche Beurteilung gestützte „außerordentliche Revisionsrekurs" der beklagten Partei mit dem Antrag, ihrem Ablehnungsantrag stattzugeben; hilfsweise werden auch Aufhebungsanträge gestellt.
Die Rechtsmittelwerberin vertritt die Auffassung, das Rekursgericht habe durch die Bejahung der erstinstanzlichen Auffassung, dass entschiedene Rechtssache vorliege, eine meritorische Entscheidung aus formellen Gründen abgelehnt, sodass der außerordentliche Revisionsrekurs (ausnahmsweise) zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Nach ständiger Rechtsprechung (RIS Justiz RS0046010, RS0098751) ist gemäß § 24 Abs 2 JN gegen die Entscheidung der zweiten Instanz, mit der die Zurückweisung eines Ablehnungsantrages bestätigt wurde, kein weiteres Rechtsmittel zulässig; nur dann, wenn die zweite Instanz meint, aus formellen Gründen eine meritorische Prüfung der Zurückweisung der Ablehnung nicht vornehmen zu können, steht der Rechtszug an die dritte Instanz zwecks Prüfung dieser formellen Gründe offen (SZ 42/74 = RZ 1969, 190 und viele andere in RIS Justiz RS0046065 angeführte Entscheidungen). Entgegen den Ausführungen im Revisionsrekurs hat aber hier die zweite Instanz nicht bloß aus formellen Gründen eine meritorische Prüfung der Zurückweisung der Ablehnung abgelehnt. Wenn das Rekursgericht auch (unzutreffend) ausgeführt hat, dass die Rechtskraft des Beschlusses 25 Nc 30/04d die neuerliche Beurteilung der beanstandeten Formulierungen hindere, hat es dennoch eine meritorische Prüfung der Zurückweisung der Ablehnung vorgenommen und trotz der festgestellten negativen Grundeinstellung des abgelehnten Richters gegenüber der Ablehnungswerberin dessen Unbefangenheit nicht in Zweifel gezogen. Aus diesen Überlegungen wurde der Rekurs der Ablehnungswerberin auch nicht zurückgewiesen, sondern ihm nicht Folge gegeben.
Ein Rechtszug an die dritte Instanz ist daher gemäß § 24 Abs 2 JN ausgeschlossen.