JudikaturOGH

5Ob256/05s – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. November 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei Anton M*****, vertreten durch Dr. Hans Oberndorfer und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen EUR 23.728,63 sA, über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 5. September 2005, GZ 2 R 70/05k-56, womit das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 25. Februar 2005, GZ 2 Cg 15/02m-52, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 749,70 (darin EUR 124,95 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 686,88 (darin EUR 114,48 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Zur Vorgeschichte wird auf 7 Ob 263/01d verwiesen. Gegenstand dieses Falles war eine Beschädigung des Ladegutes (Krankastenträger), das beim Abladen in der Werkhalle der nunmehrigen Klägerin (damals Beklagte) von der Ladefläche des Sattelzuges des Beklagten (damals Nebenintervenient auf Seiten des damals klagenden Transportversicherers) stürzte. Im Zurückweisungsbeschluss 7 Ob 263/01d wurde die Rechtsansicht, der Nebenintervenient (nunmehr Beklagter) sei bei der Entladung als Erfüllungsgehilfe der - der Werkbestellerin bzw Auftraggeberin zur Vornahme der Entladung verpflichteten - Beklagten (nunmehr Klägerin) tätig geworden, nicht beanstandet; die Frage, ob der Nebenintervenient (nunmehr Beklagter) von der Auftraggeberin (und damit vom Transportversicherer) neben der Beklagten (nunmehr Klägerin) haftbar gemacht werden könne, oder ob er von der Beklagten (nunmehr Klägerin) allenfalls zum Regress herangezogen werden könnte, wurde ausdrücklich nicht geprüft und damit offen gelassen.

Diesen Regress (für an den Transportversicherer bezahltes Kapital samt Zinsen und Prozesskosten) strebt die Klägerin im nunmehrigen Verfahren an.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil hinsichtlich des Kapitalbetrages und wies das Klagebegehren hinsichtlich Zinsen und Kosten ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage der Interventionswirkung in Bezug auf einen im Vorprozess auf der Gegenseite beigetretenen Nebenintervenienten eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die von beiden Parteien erhobenen Revisionen sind wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) unzulässig. In einem solchen Fall kann sich die Zurückweisung von ordentlichen Revisionen gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Zur Revision des Beklagten:

Die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage stellt sich nicht, weil es im vorliegenden Fall nicht auf die Bindung des Nebenintervenienten an ihn belastende Tatsachenfeststellungen des Vorprozesses (vgl SZ 70/60) ankommt. Strittig sind nämlich die Rechtsfragen, was unter „Entladen" zu verstehen ist und wer für Entladefehler haftet, nicht aber die tatsächlichen Umstände des Entladevorganges: Die Klägerin, die sich ihrer Auftraggeberin gegenüber zur Entladung verpflichtet hatte, setzte für die Entladung ihre Hallenkräne ein; der Beklagte öffnete (mit seinem Fahrer) die Spanngurte, mit denen die Ladung verzurrt war; er gab dem Kranführer der Klägerin Anweisungen, wohin er den Kran bewegen sollte; er gab auch die Reihenfolge des Abladens der beiden Stahlträger vor (zuerst der leichtere).

Auch wenn man die Tätigkeit des Beklagten entsprechend seiner Argumentation nur als Mithilfe bei der Entladung qualifiziert, schließt dies eine Mithaftung des Beklagten gegenüber seiner (und der Klägerin) Auftraggeberin und damit einen Regress der Klägerin, die den Schaden nach Verlust des Vorprozesses ersetzt hat, nicht aus. Das Berufungsgericht hat eine solche Mithaftung sowohl auf vertraglicher (Verletzung von Nebenpflichten als Frachtführer) als auch auf deliktischer (Verletzung des absolut geschützten Eigentums der Auftraggeberin) Grundlage bejaht. Da es zum Schadenseintritt auf Grund einer Schrägstellung der Ladefläche des Sattelzuganhängers gekommen ist, die mit Eigenschaften des Transportmittels im Zusammenhang steht (Sattelzugfederungen, Reifen, Konstruktion des Sattelanhängers), ist es vertretbar, insoweit (nach)vertragliche Pflichten des Frachtführers zur Schadensverhinderung, etwa durch das Einsetzen von Rungen oder das Ausfahren der Sattelanhängerstützen vor dem Öffnen der Spanngurte anzunehmen. Aber auch eine deliktische Haftung des Beklagten als Erfüllungsgehilfe der Klägerin, die neben der Vertragshaftung der Klägerin gegenüber ihrer Auftraggeberin bestehen kann (vgl nur Koziol/Welser II12 336 mwN), ist argumentierbar. Mit seiner Wertung, im Verhältnis zwischen den beiden der Auftraggeberin haftenden Streitteilen habe der Beklagte auf Grund seines fehlerhaften Verhaltens den gesamten Sachschaden zu tragen, hat das Berufungsgericht die Grenzen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraumes nicht überschritten. Im Übrigen sind die besonderen Umstände des Einzelfalles maßgebend, denen keine darüber hinausgehende Bedeutung zukommt.

Zur Revision der Klägerin:

Die Klägerin befasst sich mit der vom Berufungsgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfrage überhaupt nicht, sondern nur mit der Abweisung ihres Begehrens auf Ersatz von Zinsen und Kosten. Das Berufungsgericht hat hiezu ausgeführt, zwischen den Streitteilen habe kein Vertragsverhältnis bestanden, weshalb der Ersatz reiner Vermögensschäden ausscheide; § 1037 ABGB sei keine taugliche Anspruchsgrundlage, weil die Klägerin im Vorprozess nicht die Interessen des Beklagten, der sich ohne Streitverkündung als Nebenintervenient der Gegenseite angeschlossen habe, verfolgt habe; auch ein Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB scheide aus, weil die Prozessführung der Klägerin im Vorprozess keine Auslagenersparnis auf Seiten des Beklagten bewirkt habe. Hiezu hat das Berufungsgericht jeweils Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zitiert. In der Revision der Klägerin wird nun nicht aufgezeigt, dass das Berufungsgericht von der Judikatur des Obersten Gerichtshofes abgewichen wäre oder dass eine solche fehlen würde. Sie meint nur, der Fall wäre mit dem von 2 Ob 168/01x = SZ 74/119 = ecolex 2001, 906 vergleichbar, vermag aber dem Argument des Berufungsgerichtes, damals hätte es sich um einen Regressprozess zwischen Vertragspartnern gehandelt, während es hier an einem Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen fehle, nichts entgegenzusetzen. Andere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes werden in der Revision nicht ins Treffen geführt. Damit gelingt es der Klägerin nicht, die Erheblichkeit von Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzulegen. Beide Rechtsmittel waren daher als unzulässig zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. In beiden Revisionsbeantwortungen wurde auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Gegenseite hingewiesen.

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