5Ob202/05z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. DI Georg R*****, 2. Josef W, 3. Regina W*****, alle vertreten durch Mag. Franz Kienast, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei W***** Ges.m.b.H. Co KG, *****, vertreten durch Dr. Horst Auer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Verbesserung (Streitwert 7.000 EUR) sowie 50.000 EUR (hinsichtlich des Erstklägers) und 13.000 EUR (hinsichtlich Zweitkläger und Drittklägerin), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 22. April 2005, GZ 4 R 23/05i 48, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 22. Oktober 2004, GZ 17 Cg 17/03m 38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, seine Entscheidung hinsichtlich Zweitkläger und Drittklägerin durch einen Ausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO zu ergänzen.
Text
Begründung:
Der Erstkläger ist Ehegatte der Dkfm. Brigitte R*****; diese, der Zweitkläger und die Drittklägerin sowie die Beklagte sind Mit und Wohnungseigentümer der EZ ***** (Liegenschaftsadresse *****).
Dkfm. Brigitte R***** hat mit Kaufvertrag vom 27. 12. 1999 von der Beklagten 210/48557 Anteile an der EZ ***** verbunden mit dem Wohnungseigentum an der Wohnung Stiege 13 Top 8 erworben. Der Zweitkläger und die Drittklägerin haben mit Kaufvertrag vom 11. 1. 2000 je 40/48557 Anteile an der EZ ***** verbunden mit dem Wohnungseigentum an der Wohnung Stiege 18 Top 13 erworben.
Die Kläger begehren von der Beklagten
1. eine Verbesserung durch
a) Mängelbehebung sämtlicher Gullys, die sich auf den Dachgärten der auf der Liegenschaft EZ ***** stehenden Gebäude befinden, nach den Regeln der Technik sowie durch
b) Schaffung von Notüberläufen an sämtlichen Dachgärten, Dachterrassen und Flachdächern der auf der Liegenschaft EZ ***** stehenden Gebäude in einen den Regeln der Technik entsprechenden Art und Anzahl vorzunehmen, sowie
2. dem Erstkläger 50.000 Euro s.A. und
3. dem Zweitkläger sowie der Drittklägerin zur gesamten Hand 13.000 EUR s.A. zu bezahlen.
Die Beträge von 50.000 EUR (hinsichtlich des Erstklägers) und 13.000 EUR (hinsichtlich Zweitkläger und Drittklägerin) stellen nach dem Klagevorbringen ein auf Gewährleistung aus dem jeweiligen Kaufvertrag gestütztes Begehren auf Preisminderung für das mangelnde Gefälle des über dem jeweiligen Wohnungseigentumsobjekt liegenden Daches dar. Der Erstkläger behauptet, diesen Gewährleistungsanspruch von seiner Ehegattin abgetreten erhalten zu haben.
Das Erstgericht hat sämtliche Klagebegehren abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat der von allen Klägern erhobenen Berufung in der Hauptsache nicht Folge gegeben und ausgesprochen, die ordentliche Revision sei nicht zulässig. Einen Bewertungsausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO enthält die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO hat das Berufungsgericht, wenn der Entscheidungsgegenstand - wie hier - nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht und der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR übersteigt, auszusprechen, ob dieser auch 20.000 EUR übersteigt oder nicht.
Hinsichtlich des Erstklägers übersteigt bereits das auch in zweiter Instanz noch zur Gänze streitverfangene Zahlungsbegehren alleine nicht nur 4.000 EUR, sondern auch 20.000 EUR, weshalb das Unterbleiben eines Bewertungsausspruchs gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO hinsichtlich des Erstbeklagten unschädlich ist.
Zweitkläger und Drittklägerin haben allerdings ein auch in zweiter Instanz noch zur Gänze strittig gewesenes Zahlungsbegehren von (nur) 13.000 EUR erhoben, weshalb hinsichtlich dieser Kläger ohne einen Bewertungsausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO die Kognitionsbefugnis des Obersten Gerichtshof derzeit nicht beurteilt werden kann. Entgegen der von den Klägern in ihrer Revision vertretenen Ansicht, ist nämlich das Zahlungsbegehren des Erstklägers mit jenem von Zweitkläger und Drittklägerin nicht zusammenzurechnen, weil es insoweit an den Voraussetzungen des § 55 Abs 1 Z 2 JN iVm § 11 Z 1 ZPO fehlt:
Nach § 55 Abs 1 Z 2 JN sind mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche dann zusammenzurechnen, wenn sie von mehreren Parteien oder gegen mehrere Parteien erhoben werden, die Streitgenossen nach § 11 Z 1 ZPO sind. Streitgenossen nach § 11 Z 1 ZPO sind Parteien, wenn sie in Ansehung des Streitgegenstands in Rechtsgemeinschaft stehen oder aus demselben tatsächlichen Grund oder solidarisch berechtigt oder verpflichtet sind. Bestehende Rechtsgemeinschaft und Identität des Anspruchsgrunds sind zwar zwischen Zweitkläger und Drittklägerin, nicht aber zwischen diesen und dem Erstkläger gegeben. Die Zahlungsbegehren werden nämlich aus dem Titel der Gewährleistung (Preisminderung) aus zwei verschiedenen Verträgen (Kaufvertrag vom 27. 12. 1999 betreffend die Wohnung Stiege 13 Top 8 und Kaufvertrag vom 11. 1. 2000 betreffend die Wohnung Stiege 18 Top 13) und auch nicht aus demselben tatsächlichen Grund, sondern nur aus vermeintlich gleichartigen Mängeln der Dächer über dem betreffenden Objekten abgeleitet (vgl 8 Ob 128/03m; 3 Ob 205/03y; vgl ferner die Judikaturbeispiele bei Mayr in Rechberger² § 11 JN Rz 2; Schubert in Fasching/Konecny² II/1 § 11 ZPO Rz 17); betreffend die Zahlungsbegehren liegt daher eine materielle Streitgenossenschaft zwischen dem Erstkläger einerseits sowie dem Zweitkläger und der Drittklägerin andererseits nicht vor, weshalb hinsichtlich Letzterer der Ausspruch bloß über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision nicht genügt, sondern überdies der Bewertungsausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO unabdingbar ist.
Sollte ausgesprochen werden, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands betreffend Zweitkläger und Drittklägerin 4.000 Euro, nicht aber 20.000 EUR übersteigt, wird zu beachten sein, dass Zweitkläger und Drittklägerin diesfalls (nur) die Möglichkeit eines Antrags auf nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision im Sinne des § 508 Abs 1 ZPO offensteht. Nur bei einem darüber liegenden Bewertungsausspruch wird die Revision auch betreffend Zweitkläger und Drittklägerin (abermals) unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vorzulegen sein (§ 505 Abs 4, § 507b Abs 3 ZPO).
Nach der gebotenen Klärung der Revisionszulässigkeit hinsichtlich Zweitkläger und Drittklägerin ist der Akt aber jedenfalls neuerlich zur Behandlung der Revision des Erstklägers vorzulegen sein.