15Os86/05v – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 3. November 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Besenböck als Schriftführer in der Strafsache gegen Willibald R***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18. April 2005, GZ 111 Hv 35/05p-15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Willibald R***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in der Zeit von Oktober 2001 bis 31. März 2003 in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schweren Betruges eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Angestellte des AMS durch Täuschung über Tatsachen, nämlich über seine Erwerbs- und Einkommenslosigkeit, zu Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung verleitet, die das AMS um 9.809,17 Euro am Vermögen schädigten, indem er im genannten Zeitraum bei den vorgenommenen Antragstellungen fälschlich angab, keinerlei Einkünfte zu haben und keiner Tätigkeit nachzugehen.
Die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Rechtliche Beurteilung
In der Hauptverhandlung stellte der Verteidiger des Angeklagten den Antrag auf „Einvernahme der Frau L***** und der Frau M*****, p.A. AMS", zum Beweis dafür, „dass der Angeklagte mit diesen beiden Damen umfassend seine berufliche Situation besprochen und seinen beruflichen Werdegang in die Selbständigkeit oder als Angestellter dieser zu gründenden Firma besprochen hat und auch bekannt war, dass er derzeit noch Sozialhilfeleistungen empfängt" (S 199). Durch Abweisung des Antrags wurden entgegen der Beschwerde (Z 4) Verteidigungsrechte nicht verkürzt.
Die Tatrichter gingen ohnedies davon aus, dass der Angeklagte beim AMS seine berufliche Situation umfassend besprochen und den Empfang von Sozialhilfe bestätigt hat (US 15 f). Wird das Beweisthema - wie hier - als erwiesen angesehen, so unterbleibt die darauf gerichtete Beweisaufnahme zu Recht (Fabrizy, StPO9 § 246 Rz 2 mwN). Soweit die Beschwerde darüber hinaus andere, dem Erstgericht gar nicht genannte Beweisthemen releviert, zeigt sie keinen Verfahrensfehler (durch Antragsabweisung) auf, sondern setzt sich über das im Nichtigkeitsverfahren geltende Neuerungsverbot hinweg. Der Mängelrüge (Z 5) zuwider wurde von den Tatrichtern weder die überwiegend leugnende Verantwortung des Angeklagten noch die Aussage des Zeugen L***** ignoriert (vgl US 7 f). Von einer Unvollständigkeit der Beweiswürdigung (Z 5 zweiter Fall) kann daher keine Rede sein. Die auf das Eingeständnis des Angeklagten, er könne sich für seinen Fuhrpark und seine Wohnung etwas aus dem Betrieb eines Autoabstellplatzes dazu verdienen, auf die beträchtliche Zahl der abgestellten PKW, auch wenn es sich dabei nach den Urteilsannahmen großteils um „Schrottautos" handelte, auf Wirtschaftlichkeitserwägungen in Anbetracht des für das Gelände zu leistenden Pachtzinses sowie auf die vom Angeklagten und seinem als Zeugen befragten Bruder bekundete Höhe der Miete für einen PKW-Stellplatz eingehende Begründung der Feststellungen über Einnahmen des Angeklagten (die er bei den Anträgen auf Notstandshilfe verschwieg) ist keineswegs als nur offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) anzusehen. Ein solcher Mangel liegt dann vor, wenn eine Begründung den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht (RIS-Justiz RS0118317, RS0116732; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 444). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Auf die Behauptung, dass aus den vorliegenden Umständen auch andere Schlüsse als im Urteil gezogen werden könnten, kann eine Rüge nach Z 5 nicht gestützt werden (RIS-Justiz RS0099455).
Entgegen der Tatsachenrüge (Z 5a) weckt der Umstand, dass der Polizeibeamte Richard L*****, der auf den Autoabstellplatz aufmerksam geworden war, mit dem Angeklagten keine Niederschrift aufnahm, sondern dessen Angaben in anderer Form, nämlich im Rahmen einer Anzeige schriftlich festhielt (S 75), womit sich übrigens ohnedies die Tatrichter in der Beweiswürdigung befassten (US 8), keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofes gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) setzt sich über die im Urteil zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen mit dem nicht nachvollziehbaren Einwand hinweg, dass diese „in Wahrheit über den zur Verwirklichung des Tatbestandes des § 146 StGB erforderlichen (Bereicherungs )Vorsatz nichts" aussagen. Demgegenüber wurde im Urteil der Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungswille des Angeklagten sehr wohl konstatiert (US 6 f). Mangels des bei Ausführung einer Rechtsrüge gebotenen Vergleichs von festgestelltem Sachverhalt und angewendetem Gesetz erweist sich das Vorbringen demnach als nicht an der Prozessordnung orientiert. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.