JudikaturOGH

1Ob84/05t – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Oktober 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der am ***** verstorbenen Betroffenen Dr. Yvonne S***** über den vom enthobenen Sachwalter Dr. Stanimir S*****, gestellten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens 1 Ob 297/04i; 1 Ob 298/04m des Obersten Gerichtshofs (59 P 169/02s des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien) den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien wies mit Beschluss vom 14. 4. 2004, GZ 31 Nc 9/04v-3, den Ablehnungsantrag des enthobenen Sachwalters betreffend zwei Richterinnen des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien zurück. Mit Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 16. 8. 2004, AZ 12 R 145/04p, wurde dem gegen diesen Beschluss gerichteten Rekurs nicht Folge gegeben.

Am 27.10. 2004 erließ das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht einen Beschluss (GZ 42 R 750/03k, 164/04k, 533/04z-1277), an dem eine dieser beiden Richterinnen mitwirkte. In seinem gegen diesen Beschluss gerichteten Revisionsrekurs machte der enthobene Sachwalter deswegen unter anderem „Nichtigkeit" mit der Begründung geltend, ungeachtet der Ablehnung habe die Richterin wiederum entschieden. Der Oberste Gerichtshof verneinte in seinem Beschluss vom 15. 3. 2005, AZ 1 Ob 297/04i, 1 Ob 298/04m, die Nichtigkeit unter Hinweis darauf, dass zu jenem Zeitpunkt, zu dem der angefochtene Beschluss erlassen wurde (dem 27. 10. 2004), die den Ablehnungsantrag zurückweisende Entscheidung bereits in Rechtskraft erwachsen war.

In dem am 11. April 2005 überreichten „Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 530 Abs 1 Z 1 bis 4 ZPO" brachte der enthobene Sachwalter vor, der Ablehnungsantrag betreffend die Richterin des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien sei nicht rechtskräftig abgewiesen, weil er den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien, mit welchem seinem Rekurs nicht Folge gegeben worden war, niemals zugestellt erhalten habe. Die Mitglieder des Senats 1 des Obersten Gerichtshofs seien deswegen bei ihrer Beschlussfassung der „funktionalen Einheitstäterschaft (Unschuldsvermutung)" schuldig und im Sinne der §§ 108, 229, 302, 311 StGB zu bestrafen. Diesem „Wiederaufnahmeantrag" ist eine an die Staatsanwaltschaft Wien gerichtete Strafanzeige „gem §§ 108, 229, 302, 311 StGB" angeschlossen, die unter anderem die Mitglieder des Senats 1 der „funktionalen Einheitstäterschaft" verdächtigt. Mit seiner „Dienstaufsichtsbeschwerde, Disziplinaranzeige, Ablehnung als Richter " übertitelten Eingabe vom 22. 4. 2005 lehnte der Einschreiter überdies die an der zitierten Entscheidung mitwirkenden Richter des Senats 1 des Obersten Gerichtshofs ab. Daraufhin übermittelte der Vorsitzende des Senats 1 des Obersten Gerichtshofs den Akt an den im Sinne von Punkt VIII .C.2. der Geschäftsverteilung zur Entscheidung über die Befangenheit bzw Ausgeschlossenheit zuständigen Senat des Obersten Gerichtshofs. Dieser Senat wies mit Beschlüssen vom 20. 9. 2005, 8 Nc 51/05z, den Ablehnungsantrag zurück und sprach aus, eine Beschlussfassung über die Ausgeschlossenheit erübrige sich, da die Möglichkeit, unter bestimmten Vorraussetzungen die Nichtigerklärung oder Wiederaufnahme eines Verfahrens zu beantragen, nach den auf den vorliegenden Fall noch anwendbaren Bestimmungen des AußStrG alt nicht vorgesehen sei (RIS-Justiz RS007194). Die sachliche Grundlage für das Vorliegen des Ausschließungsgrunds nach § 537 ZPO liege darin, dass der Richter, dem rechtswidriges Verhalten vorgeworfen wird, dieses Vorbringen im Wiederaufnahmsverfahren nicht selbst überprüfen soll. Eine inhaltliche Prüfung des behaupteten Wiederaufnahmegrunds komme hier aber von vornherein nicht in Betracht, sodass es an einer Kompetenz dieses Senats fehle, über die Ausgeschlossenheit der Stammmitglieder des Senats 1 zu entscheiden.

Somit ist von der Zuständigkeit des Senats 1 des Obersten Gerichtshofs zur Entscheidung über den Antrag des enthobenen Sachwalters auszugehen.

Zu diesem Antrag ist auszuführen:

Das Rechtsmittelverfahren in Ablehnungssachen richtet sich grundsätzlich nach den Vorschriften des Verfahrens, in dem die Ablehnung erfolgt ist (Ballon in Fasching2 I § 24 JN Z 1 mwN), hier also nach dem in Sachwalterschaftssachen maßgeblichen Außerstreitverfahren. Infolge des vor dem 31. 12. 2004 liegenden Datums der (erstinstanzlichen) Entscheidung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien sind die Bestimmungen des AußStrG alt anzuwenden. Dieses Gesetz sah keine den §§ 529, 530 ZPO vergleichbare Bestimmung vor. Wie bereits in der Entscheidung 8 Nc 51/05z des Obersten Gerichtshofs zum Ausdruck gekommen ist, waren nach dieser Rechtslage im außerstreitigen Verfahren die Vorschriften über die Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage nicht analog anzuwenden (RIS-Justiz RS0007194). Eine andere Ansicht wurde lediglich für den Fall vertreten, dass es sich um eine „echte Streitsache" handelte (RIS-Justiz RS0110301), eine solche liegt aber nicht vor. Die Bestimmungen über das Abänderungsverfahren (§§ 72-77 des AußStrG BGBl I 2003/111 idF BGBl I 2004/128) sind infolge Fällens der Entscheidung erster Instanz vor dem 31. 12. 2004 (noch) nicht anwendbar (§ 203 Abs 8 leg cit).

Der „Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 530 Abs 1 Z 1 bis 4 ZPO" ist daher zurückzuweisen.

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