JudikaturOGH

15Os69/05v – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Juli 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Juli 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lang als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter P***** und eine Angeklagte wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Peter P***** und Regina P***** gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 7. April 2005, GZ 14 Hv 1093/01g-78, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

I. In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Regina P***** wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch dieser Angeklagten und im sie betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen. Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

II. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter P***** wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung dieses Angeklagten werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Den Angeklagten Peter P***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auch einen rechtskräftigen Freispruch enthaltenden angefochtenen Urteil wurden Peter P***** und – als Beteiligte nach § 11 dritter Fall FinStrG – Regina P***** des (Finanz )Vergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt. Danach haben in Scheibbs

A. Peter P***** vorsätzlich unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht „dadurch die Verkürzung von Kapitalertragsteuer für die Jahre 1992 bis 1996 in der Höhe von insgesamt 2.438.624 Schilling bewirkt, dass er keine bzw zu geringe Gewinne ausweisende, sohin unrichtige Steuererklärungen abgab";

B. Regina P***** zu der unter Punkt A. beschriebenen strafbaren Handlung des Peter P***** dadurch beigetragen, dass sie diese mitplante und die nötigen buchhalterischen Manipulationen vornahm.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Regina P*****

Der auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten Beschwerde kommt bereits aus dem erstgenannten Grund Berechtigung zu. Die Tatrichter stellten zur Mitwirkung der Angeklagten Regina P***** im Wesentlichen fest, dass diese „die Vorgangsweise mitplante, auch dazu beitrug, indem sie buchhalterische Manipulationen in nicht mehr feststellbarem Ausmaß vornahm" (US 9).

Wie die Mängelrüge zu Recht aufzeigt, blieb die Konstatierung, dass die Angeklagte Regina P***** „die Vorgangsweise mitplante", unbegründet (Z 5 vierter Fall). Die beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter gehen auf diesen entscheidenden Umstand nicht ein. Statt dessen wird eingehend dargelegt, dass die Angeklagte „Bescheid gewusst hat" (US 12). Daran anschließend wird im Urteil ausgeführt:

„Wenn auch die Manipulationen und die Vorgangsweise primär vom Erstangeklagten Peter P***** ausgegangen sind, sodass Regina P***** eher untergeordnet beteiligt an der gegenständlichen finanzstrafrechtlichen Malversation erscheint, so kann sie aber keineswegs im Sinne der erforderlichen Vorsatzform exkulpiert werden" (US 13). Der Umstand, dass auch Regina P***** „eindeutig als Privatperson als Bauwerber für das in Rede stehende Haus" auftrat" (US 13), stellt ebenso wenig eine Begründung für die Annahme einer Mitplanung des steuerschädigenden Vorgehens dar wie das Argument, dass sie „von der ehemaligen Vorstrafe ihres Mannes … Bescheid wusste, was ihr behauptetes Vertrauen in die Richtigkeit der Handlungsweise ihres Mannes, des Erstangeklagten, in einem bezeichnenden Licht erscheinen lässt" (US 14). Die weiteren Erwägungen der Tatrichter befassen sich mit dem „Wissen" beider Angeklagter (US 14 f iVm S 91/VI = S 5 in ON 59), aber nicht mit irgend einer Mitplanung der Beschwerdeführerin.

Die bereits zitierte weitere Urteilsannahme, dass die Angeklagte zur Vorgangsweise des Peter P***** auch „beitrug, indem sie buchhalterische Manipulationen in nicht mehr feststellbarem Ausmaß vornahm", ist, wie die Beschwerde zutreffend rügt, undeutlich (Z 5 erster Fall). Die Feststellung lässt nicht erkennen, ob die Angeklagte gerade an den hier zu beurteilenden steuerlich relevanten Vorgängen mitwirkte.

Die dargelegten Begründungsmängel erforderten die Aufhebung des Schuldspruchs der Angeklagten Regina P***** und des sie betreffenden Strafausspruchs sowie die Anordnung der Verfahrenserneuerung in diesem Umfang.

Die übrigen Einwände dieser Angeklagten waren daher nicht erörterungsbedürftig.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter P*****

Der Angeklagte bekämpft das Urteil mit einer auf die Gründe des § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch das abweisende Zwischenerkenntnis vom 7. April 2005 keine Verteidigungsrechte geschmälert. Der Angeklagte stellte in jener Hauptverhandlung durch seinen Verteidiger den Antrag „auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fach Buchführung und Rechnungswesen zum Beweis dafür, dass die angeklagten verdeckten Gewinnausschüttungen materiell nicht erfolgt sind, deren Höhe von der Betriebsprüfung exzessiv überhöht unterstellt worden ist, insbesondere die beiden Beträge für die atypisch stillen Beteiligungen von insgesamt ATS 6 Millionen, der Saldo aus der Bauführung von ATS 1 Million und der mit 1991 bestehende Verrechnungskontostand zugunsten des Peter P***** von ATS 920.000 von der Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Kapitalertragsteuer abzuziehen sind" (S 228 f/VI).

Solcherart wurde, da beim zudem hinsichtlich des Beweisthemas teils in sich widersprüchlich gefassten Antrag, der einerseits auf die Nichtannahme verdeckter Gewinnausschüttungen (Z 4), andererseits auf die Annahme geringerer verdeckter Gewinnausschüttungen als inkriminiert (Z 11 erster Fall iVm Z 4, Ratz in WK-StPO § 281 Rz 331) abzielte, keine Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit der abgabenbehördlichen Ermittlungen genannt, sondern nur deren wesentliche Ergebnisse bestritten wurden, eine unzulässige Erkundungsbeweisführung angestrebt (Ratz aaO mwN). Der Antrag ließ jegliche Begründung dafür vermissen, weshalb die begehrte Beweisaufnahme ein die Ergebnisse der Betriebsprüfung problematisierendes Resultat hätte erwarten lassen (vgl 13 Os 119/96).

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider wurden die – teils im Rahmen der beweiswürdigenden Erwägungen enthaltenen – Feststellungen zu den als verdeckte Gewinnausschüttungen beurteilten Geschehnissen in den Jahren 1992 bis 1996 (US 7 f, aber auch 10 ff) durch Zugrundelegung der im Urteil näher erörterten und der leugnenden Verantwortung beider Angeklagter gegenübergestellten Ermittlungsergebnisse „des Finanzamtes" (US 10 ff) gar wohl nachvollziehbar begründet. Solcherart gelangten die Tatrichter zu den auch durch die Ergebnisse der Betriebsprüfung fundierten Konstatierungen (S 19 ff/IV, 1 ff/VI, 213 ff/VI; US 15 f).

Dabei wurde übrigens entgegen der Beschwerde klar zum Ausdruck gebracht, dass für die inkriminierten Beträge keine Kapitalertragsteuer entrichtet wurde und dass darin das Verkürzungsverhalten liegt.

Weshalb die in der Beschwerde (Z 5 zweiter Fall) ohne Zurückführung auf konkrete Verfahrensergebnisse genannten Geschehensvariante, dass sich Peter P***** „ab 1992 vermehrt und ab 1994/1995 ausschließlich auf die Tätigkeit im Rahmen der A***** GmbH konzentriert hat", eine erhebliche Tatsache darstellen soll, lässt das Rechtsmittelvorbringen offen. Eine Unvollständigkeit der Beweiswürdigung wird demnach nicht aufgezeigt.

Indem der Beschwerdeführer eine Begründung der Konstatierungen zur inneren Tatseite vermisst (Z 5 vierter Fall), übergeht er die dazu im Urteil angeführten Erwägungen (US 10 ff).

Das Vorbringen, wonach der Angeklagte statt, wie von den Tatrichtern – ersichtlich nur für die Jahre 1992 und 1993 – angenommen (vgl US 13: keine Erklärungen für die Jahre 1994 bis 1996), unrichtiger Abgabenerklärungen gar keine erstattet habe und für die Feststellung unrichtiger Erklärungen keine Begründung vorliege (Z 5 vierter Fall), geht daran vorbei, dass auch bei der ins Treffen geführten Vorgangsweise die Verkürzung „unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht" (§ 33 Abs 1 FinStrG) bewirkt worden wäre (vgl § 96 Abs 3 EStG 1988). Dem Urteil liegt ausreichend erkennbar die Annahme zugrunde, dass die Kapitalertragsteuer nicht von den Angeklagten getragen werden, sondern (demgemäß) der P***** Unternehmensberatungs GmbH obliegen sollte. Dies zieht rechtlich die Anwendung eines Steuersatzes von 33,33 % für die Jahre 1992 und 1993 und von 28,21 % für die Jahre 1994 bis 1996 nach sich (§ 93 Abs 4 Z 3 EStG 1988 iVm § 95 Abs 1 EStG 1988 in der Stammfassung BGBl Nr 400/1988 und – ab 1. Jänner 1994 – iVm § 95 Abs 1 EStG 1988 idF des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl Nr 818/1993 [Art I Z 49]; instruktiv Fuchs in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer Band III Komm § 95 Rz 1, Doralt/Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechts I Rz 760; vgl auch Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch § 95 Rz 1; S 75, 81 und 113 f/IV; US 7 f). Die Urteilsannahme ist daher aus dem Blickwinkel des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall iVm Z 5 StPO entscheidend (Ratz in WK-StPO § 281 Rz 22, 670), steht aber der Beschwerde zuwider keineswegs im Widerspruch zur Feststellung des auf steuerschädigendes Verhalten gerichteten Willens des Angeklagten (vgl dazu übrigens VwGH 21. Dezember 1994, 90/13/0236).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) stützt das Verlangen nach Freispruch gemäß § 259 Z 3 StPO nicht auf den nach der Verfahrensordnung gebotenen Vergleich des gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalts mit dem angewendeten Gesetz, sondern auf die Betrachtung einzelner isolierter Elemente des konstatierten Geschehens. Solcherart ist die Rechtsrüge nicht an der Prozessordnung orientiert.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter P***** war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Peter P***** folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht dieses Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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