JudikaturOGH

5Ob113/05m – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. Juni 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Prof. DDr. Kurt F*****, 2. Dr. Rolf F*****, 3. Prof. Dr. Klaus F*****, alle vertreten durch die Rechtsanwälte Brüggl Harasser OEG in Kitzbühel, gegen die beklagte Partei Christina K*****, vertreten durch Dr. Michael Ritter, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung der Ungültigkeit eines Testamentes (Streitwert EUR 72.672,84) über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 5. Oktober 2004, GZ 5 R 38/04h 116, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 24. März 2004, GZ 8 Cg 168/00g 94 bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Ganz zutreffend stellt die Revisionswerberin die höchstgerichtliche Rechtsprechung dar, wonach nicht dem Sachverständigen das Urteil über die Testierfähigkeit obliegt, sondern diese als Rechtsfrage aufgrund der Feststellungen über den Geisteszustand des Erblassers und den Grad der Beeinträchtigung seiner Willensbildung vom Gericht zu beurteilen ist (SZ 56/180 mwN; RIS Justiz RS0012400 ua). Es trifft zu, dass sich hier der Sachverständige anmaßte, in seinem Gutachten auch über die Testierfähigkeit abzusprechen. Das führte aber nicht zu einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung, weil er gleichzeitig dem Gericht hinreichende Grundlagen für Feststellungen lieferte, die das Gericht im Ergebnis in die Lage versetzten, die Frage der Testierfähigkeit selbständig rechtlich zu beurteilen.

Im weiteren trifft es zu, dass nicht jede geistige Erkrankung die Testierfähigkeit ausschließt, ebensowenig eine bloße Abnahme der geistigen Kräfte. Vollbesitz der geistigen Kräfte und volle Kenntnis der Tragweite der Anordnung sind für die Wirksamkeit eine letztwilligen Verfügung nicht erforderlich (RIS Justiz RS0012428).

Nach den maßgeblichen Feststellungen hatte zwar die Erblasserin den Willen, ein Testament zu errichten und war auch in der Lage, den Testiervorgang zu erkennen. In Anbetracht der fortgeschrittenen hirnorganischen Abbausymptomatik - wahrscheinlich vaskulärer Genese - war jedoch eine freie Willensbildung der Erblasserin insbesondere im Bereich des Dispositionsvermögens nicht mehr möglich. Die fortgeschrittene hirnorganische Abbausymptomatik hatte, so schwere Auswirkungen, dass dadurch eine Geisteskrankheit (nämlich eine hirnorganisch begründete Psychose mit paranoider Symptomatik) gegeben war. Das hatte eine Beeinträchtigung des Steuerungsvermögens zur Folge. Die Erblasserin konnte am Tag der letztwilligen Verfügung dem Vorschlag ihres Vertrauten Dr. S***** und der Beklagten auf testamentarische Erbseinsetzung der Beklagten keinen Widerstand mehr entgegensetzen, weil ihr jeglicher kritischer Widerstand fehlte. Es war somit am Tag der Testamentserrichtung die freie Willensbildung der Erblasserin aufgehoben.

Damit liegen exakt jene Voraussetzungen vor, deren Nachweis die höchstgerichtliche Rechtsprechung bei geistigen Erkrankungen für die fehlende Testierfähigkeit fordert, nämlich dass die geistige Beeinträchtigung den Inhalt der letztwilligen Erklärung beeinflusst und für die Willensbildung bei der Testamentserrichtung von wesentlichen von Bedeutung war (SZ 63/116 mit Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung; RIS Justiz RS0012424).

Der Beklagten ist ausgehend von der Feststellung, dass am Tag der Testamentserrichtung die freie Willensbildung der Erblasserin aufgehoben war - der sie treffende Beweis eines lucidum intervallum (RIS Justiz RS0012434; SZ 63/116 ua) nicht gelungen.

Die behauptete Aktenwidrigkeit stellt in Wahrheit eine unzulässige Beweisrüge dar, auf die nicht weiter einzugehen ist.

Insgesamt trifft also der Vorwurf der außerordentlichen Revision, das Berufungsgericht habe wesentliche Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Testierfähigkeit in einem die Rechtssicherheit gefährdenden Ausmaß verletzt, nicht zu.

Das hatte zur Zurückweisung des außerordentlichen Rechtsmittels der Beklagten zu führen.

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