JudikaturOGH

12Os4/05p – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. Juni 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Juni 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krammer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wolfgang H***** wegen mehrerer Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 erster und zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 16. September 2004, GZ 032 Hv 113/04a-44, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Wolfgang H***** jeweils mehrerer Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 erster und zweiter Fall StGB (A/I./l. bis 3.) und Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 „Abs 1" StGB (A/II.) schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien

A) zwischen Frühjahr 1995 und 1997

I. in mehrfachen Angriffen (zu ergänzen: außer dem Fall des § 206 StGB) geschlechtliche Handlungen an einer unmündigen Person, nämlich seiner am 22. April 1986 geborenen „Stieftochter" Jasmin S***** vorgenommen und von der Genannten an sich vornehmen lassen, indem er sie

l. im Bereich ihrer Scheide sowie des Gesäßes streichelte;

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Angeklagten aus dem Grund der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. Die Rechtsrüge (Z 9 lit b), vernachlässigt mit der Behauptung, dass die Verjährung der Strafbarkeit eingetreten sei, weil die zu den Tatzeiten nicht in Geltung gestandene Bestimmung des § 58 Abs 3 Z 3 StGB nach dem Günstigkeitsprinzip nicht heranzuziehen sei, die ausdrücklich gegenteilige Regelung des Art V Abs 3 StRÄG 1998 (BGBl I 1998/153), wonach § 58 Abs 3 Z 3 StGB in der Fassung dieses Bundesgesetzes auch auf vor dessen Inkrafttreten (l. Oktober 1998) begangene Taten anzuwenden ist, sofern die Strafbarkeit zu diesem Zeitpunkt nicht bereits erloschen ist. Solcherart verfehlt sie eine methodisch vertretbare Ableitung der angestrebten rechtlichen Konsequenz aus dem Gesetz (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588). Die nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO). Bleibt anzumerken, dass dem in Ansehung des - gleichfalls ohne Nachteil für den Angeklagten - rechtsirrig nicht nach § 212 Abs 1 StGB idF des Strafrechtsänderungsgesetzes 2004 (BGBl I 2004/15) gefällten Schuldspruchs A/II. dem Urteil keine amtswegig wahrzunehmende (§ 290 Abs 1 StPO) Urteilsnichtigkeit aus dem Grund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO anhaftet:

Nach den Feststellungen (US 4) war der Angeklagte mit der Mutter der Jasmin S*****, Renate H*****, „von 2000 bis Jänner 2004, - somit nicht im Tatzeitraum (Frühjahr 1995 bis 1997) - verheiratet. Die für eine Tatbildverwirklichung auf Grund eines Stiefelternverhältnisses (nunmehr § 212 Abs 1 Z 1 StGB) geforderte Subjekteigenschaft kam dem Angeklagten (entgegen den Feststellungen US 13) mithin nicht zu. Die Beurteilung einer Tatbestandsverwirklichung nach (nunmehr) § 212 Abs 1 Z 2 StGB ermöglichende Feststellungen zu einem durch Ausübung von (hier) Erziehungs- und Aufsichtsrechten des Angeklagten gegenüber Jasmin S***** vermittelten Autoritätsverhältnis sowie dessen tataktueller Ausnützung in objektiver und subjektiver Hinsicht sind dem Ersturteil - entgegen der von der Generalprokuratur vertretenen Ansicht - aber dennoch mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen (vgl US 10, 13 und 14).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

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