JudikaturOGH

8Ob91/04x – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. März 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuras und Univ. Doz. Dr. Bydlinski sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** AG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1. Maria D*****, vertreten durch Dr. Alexander Rehrl, Rechtsanwalt in Salzburg als Verfahrenshelfer, 2. Wolfgang D*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Zankl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen EUR 726.728,34 sA über den ordentlichen Revisionsrekurs der erstbeklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 28. Juli 2004, GZ 6 R 72/04g-59, mit dem dem Rekurs der Erstbeklagten gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 5. Dezember 2003, GZ 8 Cg 71/97b-49, nicht Folge gegeben wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Wechselzahlungsauftrag des Landesgerichtes Salzburg vom 30. 9. 1997, GZ 8 Cg 71/97b, wurde über Antrag der Klägerin den Beklagten zur ungeteilten Hand aufgetragen, als Akzeptanten eines Wechsels der Klägerin ATS 10 Mio zu bezahlen.

Gegen diesen Wechselzahlungsauftrag erhoben die beklagten Parteien, vertreten durch Dr. Wolfgang Z*****, Rechtsanwalt in Salzburg, der sich gemäß § 30 Abs 2 ZPO auf die erteilte Bevollmächtigung berief, Einwendungen mit dem Antrag, den Wechselzahlungsauftrag aufzuheben, das ordentliche Verfahren einzuleiten und das Klagebegehren abzuweisen. Die Prozessvollmacht zur Vertretung im gegenständlichen Verfahren wurde Dr. Zankl von der erstbeklagten Partei mündlich erteilt.

Mit Beschluss vom 13. 10. 1997 bewilligte das Erstgericht der Klägerin die Exekution zur Sicherstellung der Wechselforderung unter anderem durch bücherliche Vormerkung des Pfandrechts ob einer im Alleineigentum des Zweitbeklagten stehenden Liegenschaft. Das Grundbuchsgericht lehnte den Vollzug der bücherlichen Vormerkung mit der Begründung ab, dass diesem das, ob der Liegenschaft für die Erstbeklagte eingetragene Belastungs- und Veräußerungsverbot entgegenstehe. Am 28. 10. 1997 fand in den Kanzleiräumen der Klagevertreter ein erstes Vergleichsgespräch statt, bei dem die Erstbeklagte, der Zweitbeklagte, Dr. Z***** als Beklagtenvertreter, Mag. Paul W***** für die klagende Partei sowie Dr. Wolfgang B***** und Mag. T***** als Klagevertreter anwesend waren. Der Inhalt des Vergleichs wurde im Detail im Weg der schriftlichen Korrespondenz zwischen den Parteienvertretern unter ständiger Rückfrage mit den Parteien festgelegt. Im Zug der Korrespondenz zeigte sich die Erstbeklagte insbesondere auch mit dem Punkt 3. des Vergleichs einverstanden, in dem sie als Belastungs- und Veräußerungsverbotsberechtigte betreffend die Liegenschaft der zweitbeklagten Partei EZ ***** ihre unwiderrufliche Zustimmung zur zwangsweisen Pfandrechtsbegründung durch die Klägerin abgab. In der einverständlich vom 28. 11. 1997 auf den 7. 11. 1997 vorverlegten mündlichen Streitverhandlung wurde ein Vergleich abgeschlossen, wonach sich die Beklagten zur ungeteilten Hand verpflichteten, der Klägerin die Wechselforderung samt 6 % Zinsen pA, die Wechselprovision sowie die mit einem bestimmten Betrag verglichenen Kosten binnen 14 Tagen zu bezahlen (Punkt 1.). Darüber hinaus hielten die Parteien fest, dass die im Punkt 1. angeführte Forderung samt Nebengebühren mit jener dem Exekutionsbewilligungsbeschluss des Erstgerichtes vom 13. 10. 1997 zugrundeliegenden ident sei (Punkt 2.). Weiters erklärte die Erstbeklagte als Belastungs- und Veräußerungsverbotsberechtigte hinsichtlich der dem Zweitbeklagten gehörenden Liegenschaft ihre ausdrückliche und unwiderrufliche Zustimmung, dass die klagende Partei zur Hereinbringung der in Punkt 1. genannten Forderung samt Anhang, die zwangsweise Pfandrechtsbegründung sowie Zwangsversteigerung beantragen könne (Punkt 3.).

Den Vergleich schlossen für die Klägerin Mag. T***** für Dr. Wolfgang B***** und für die beklagten Partei Dr. Wolfgang Z*****. Die Parteien selbst waren bei dem Verhandlungstermin nicht anwesend. Die erstbeklagte Partei wurde vom Abschluss des Vergleichs in Kenntnis gesetzt.

Mit Amtsvermerk vom 25. 11. 1997 bestätigte das Erstgericht die „Rechtskraft" und Vollstreckbarkeit dieses Vergleichs. Die Erstbeklagte beantragte mit Schriftsatz vom 3. 7. 2002 das Verfahren fortzusetzen, die „Rechtskraft und Vollstreckbarkeit" des gegenständlichen Vergleichs vom 7. 11. 1997 aufzuheben und das Verfahren - soweit es mit Nichtigkeit behaftet sei - zu beheben. Der vormalige Vertreter der Erstbeklagten Dr. Z***** habe über keine Vollmacht, insbesondere über keine Prozessvollmacht verfügt. Die Erstbeklagte sei daher trotz Anwaltzwangs unvertreten gewesen. Die Erstbeklagte habe erstmals kurz vor dem 31. 1. 2002 vom Vergleichsabschluss Kenntnis erlangt.

Das Erstgericht wies (im zweiten Rechtsgang) die Anträge der Erstbeklagten auf Fortsetzung des Verfahrens, Aufhebung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Vergleichs vom 7. 11. 1997 sowie auf Verfahrensbehebung wegen Nichtigkeit ab. Rechtlich folgerte es, dass die einem Rechtsanwalt erteilte Vollmacht zur Prozessführung gemäß § 31 Abs 1 ZPO zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen sowie zum Abschluss von Vergleichen über den Gegenstand des Rechtsstreits ... ermächtige. Da die Erstbeklagte Dr. Z***** wirksam mündlich Prozessvollmacht erteilt habe und sich insbesondere auch mit dem Vergleichspunkt 3. vor Abschluss des Vergleichs einverstanden erklärt habe, sei der Vergleich zwischen den Streitteilen wirksam geschlossen worden. Dem Vergleich komme prozessbeendende Wirkung zu.

Dem von der Erstbeklagten gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht nicht Folge, bestätigte jedoch den angefochtenen Beschluss „mit der Maßgabe" dass der erste Absatz des Spruchs zu lauten habe:

„Die Anträge der Erstbeklagten auf Fortsetzung des Verfahrens, auf Aufhebung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des zu diesem Verfahren abgeschlossenen Vergleichs vom 7. 11. 1997 sowie auf Verfahrensbehebung wegen Nichtigkeit werden in Ansehung der Punkte 1. und 2. des zitierten Vergleichs abgewiesen, in Ansehung des Punktes

3. des zitierten Vergleichs jedoch zurückgewiesen". Der ordentliche Revisionsrekurs wurde für zulässig erklärt, da in der höchstgerichtlichen Judikatur die Frage der Zulässigkeit eines Fortsetzungsantrags wegen Unwirksamkeit eines Vergleichs, der ohne vorausgehenden Rechtsstreits abgeschlossen wurde, noch nicht entschieden worden sei. Ein gänzlich bestätigender Beschluss (§ 528 Abs 2 Z 2 ZPO) liege nicht vor. In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht im Wesentlichen aus, dass Streitgegenstand des Verfahrens GZ 8 Cg 71/97b des Landesgerichtes Salzburg eine Forderung der Klägerin gegen die Beklagten aus einem Wechsel, nicht jedoch ein zugunsten der Erstbeklagten begründetes bücherliches Belastungs- und Veräußerungsverbot gewesen sei. Die Zustimmung zur Exekutionsführung unbeschadet dieses Verbots, sei daher von einer bloßen Prozessvollmacht für das erwähnte Verfahren nicht umfasst. Die Frage, ob die Rekurswerberin an Rechtsanwalt Dr. Z***** auch zum Abschluss des Vergleichspunktes 3. Vollmacht erteilt habe, könne jedoch auf sich beruhen. Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung sei die prozessuale Unwirksamkeit eines Vergleichs mittels Fortsetzungsantrag geltend zu machen. Jedoch habe der Oberste Gerichtshof in einem Fall der Geltendmachung einer materiellen Unwirksamkeit auch bereits darauf hingewiesen, dass jedenfalls in den Fällen prätorischen Vergleichs der Weg, den materiellen Nichtigkeitsgrund mittels Fortsetzungsantrags geltend zu machen, auf keinen Fall gangbar sei. Fasching (LB2 Rz 1362, 1363) vertrete, ohne die Fälle prozessualer Unwirksamkeit eines Vergleichs auszunehmen, die Auffassung, der Fortsetzungsantrag versage bei allen gerichtlichen Vergleichen, denen kein Prozess und keine Klage vorangegangen sei.

Der Fortsetzungsantrag versage daher, da dem Vergleich in Ansehung des Punktes 3. kein Prozess vorangegangen sei.

Gehe man jedoch davon aus, dass ein Begehren auf Zustimmung der Erstbeklagten zur Exekutionsführung unbeschadet des Belastungs- und Veräußerungsverbots vor dem Vergleichsabschluss Prozessgegenstand geworden sei, erstrecke sich die von der Rekurswerberin dem Rechtsanwalt Dr. Z***** erteilte Vollmacht auch hierauf. Einen Vergleich über den Gegenstand eines Rechtsstreits könne der Machthaber auch schließen, wenn es sich um erst in der Vergleichstagsatzung geltend gemachte Ansprüche oder Gegenansprüche handle. Dem Umstand, dass die Klägerin vor dem Vergleichsabschluss ihr Klagebegehren nicht ausdehnte, käme nach höchstgerichtlicher Judikatur keine entscheidende Bedeutung zu.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Erstbeklagten mit dem (erkennbaren) Antrag den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass den Anträgen der Erstbeklagten Folge gegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückweisungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichtes gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig. Ungeachtet der „Zurückweisung" des Fortsetzungsantrags in Ansehung des Punktes 3. des Vergleichs, hat das Rekursgericht eine Sachprüfung vorgenommen und letztlich die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass der Vergleich von der dem Machthaber erteilten Prozessvollmacht umfasst gewesen sei, gebilligt. Nimmt das Gericht eine Sachprüfung vor, obgleich es zunächst seine Entscheidungsbefugnis verneint, so ist ein solcher Beschluss als Sachentscheidung anzusehen (3 Ob 217/02m; 3 Ob 62/03v; 3 Ob 195/03b ua).

Da somit in Wahrheit ein bestätigender Beschluss des Rekursgerichts vorliegt, erweist sich der Rekurs an den Obersten Gerichtshof als unzulässig.

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