JudikaturOGH

6Ob350/04w – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Februar 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Mag. Thomas S*****, vertreten durch Dr. Heinz-Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. Peter S*****, vertreten durch Mag. Daniela Karollus-Bruner, CMS Srommer Reich-Rohrwig Karasek Hainz, Rechtsanwälte in Wien, wegen 35.000 EUR, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 22. Oktober 2004, GZ 12 R 204/04i-18, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 8. Juni 2004, GZ 4 Cg 160/03h-14, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revisions wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Gegenstand des Rechtsstreits ist nicht die Auslegung der §§ 214 und 215 AktG, sondern die Auslegung der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung, insbesondere die Bedeutung der Formulierung „.... nach rechtskräftigem Abschluss der Abwicklung der Gesellschaft ....".

Rechtliche Beurteilung

Die Auslegung einer Vereinbarung stellt keine Rechtsfrage dar, die eine Entscheidung zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukäme (RIS-Justiz RS0113785; RS0042936; RS0042776). Nur wenn die Entscheidung der Vorinstanzen auf einer wesentlichen Verkennung der Grundsätze der Vertragsauslegung beruhten, wäre die Revision aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit für zulässig zu erachten (RIS-Justiz RS0042769). Dies gilt selbst bei Vertretbarkeit (auch) der vom Rechtsmittelwerber angestrebten Vertragsauslegung (4 Ob 134/02p). Eine aufzugreifende Fehlbeurteilung dahin, dass die Auslegung der Vorinstanzen mit dem Wortsinn oder den Gesetzen der Logik oder der Übung des redlichen Verkehrs nicht in Einklang zu bringen wäre, ist nicht zu erkennen. Ihr Auslegungsergebnis widerspricht auch nicht der Vertrauenstheorie, nach der das Verständnis der Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage durch einen redlichen, verständigen Menschen maßgebend ist (SZ 70/198; RIS-Justiz RS0014205). Ihre Ansicht, dass nach dem objektiven Erklärungswert der auszulegenden Vereinbarung die Zahlungspflicht des Beklagten durch die Beendigung der Abwicklung iSd § 214 AktG oder den Verkauf der Aktien bedingt war, ist schon nach der Wortinterpretation nicht unvertretbar, steht doch bei Fortsetzung der Aktiengesellschaft nach § 215 AktG, so lange ein Verkauf oder eine Beendigung der Abwicklung iSd § 214 AktG nicht erfolgt, gar nicht fest, ob die von den Streitteilen erwarteten und ebenfalls eine Voraussetzung der Zahlungspflicht des Beklagten bildenden Mindererlöse beim Aktienverkauf überhaupt eintreten werden. Die von den Vorinstanzen festgestellte Vorgeschichte der Vereinbarung zwingt zu keiner anderen Auslegung. Die Behauptung des Klägers, der Beklagte habe das Anbot, 90.000 Aktien für je 1 EUR zu kaufen, mehrmals mündlich angenommen, erwies sich nach den Feststellungen der Vorinstanzen als unrichtig. Demnach wurde die Vereinbarung vielmehr im Zusammenhang damit getroffen, dass der Kläger bereit war, dem Beklagten einen raschen beruflichen Wechsel in eine Führungsposition eines anderen Unternehmens zu ermöglichen.

Die Revisionsausführungen, dass die Formulierungen der Vereinbarung ausschließlich vom Beklagten stammten und daher die Unklarheitenregel des § 915 ABGB anzuwenden sei, gehen nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wonach die zunächst mündlich zwischen den Parteien getroffene, in handschriftlichen Aufzeichnungen festgehaltene Vereinbarung sowohl vom Kläger als auch dann nochmals vom Beklagten in eine „Reinschrift" übertragen wurde. Dass die letztlich unterfertigte, vom Beklagten angefertigte „Reinschrift" nicht mit dem ursprünglichen Text der Vereinbarung übereinstimmte, ergibt sich daraus nicht.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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