9Ob8/05z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf sowie Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Andreas K*****, geb 20. November 1997, und der mj Tatjana K*****, geb 18. September 1999, beide vertreten durch die Mutter Michaela K*****, vertreten durch Dr. Gerhard Strobich, Rechtsanwalt in Trofaiach, wegen Unterhaltserhöhung, aus Anlass des „außerordentlichen Revisionsrekurses" des Vaters Andreas M*****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Dieter Rautnig, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Leoben als Rekursgericht vom 30. November 2004, GZ 2 R 277/04p 112, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Knittelfeld vom 11. Oktober 2004, GZ 8 P 80/00m 108, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Der Vater hat sich mit Scheidungsvergleich (13 C 28/00d BG Knittelfeld) vom 4. 5. 2000 zu einem mtl Unterhaltsbetrag von jeweils ATS 2.000 (EUR 145,35), beginnend ab 1. 6. 2000, für den Sohn Andreas und die Tochter Tatjana verpflichtet. Dieser Vergleich wurde pflegschaftsgerichtlich genehmigt. Mit Antrag vom 12. 8. 2002 begehrten die Kinder die Erhöhung des Unterhalts, und zwar zuletzt nach mehrfacher Änderung auf EUR 600 mtl je Kind ab Juni 2000.
Das Erstgericht verpflichtete den Vater zur Zahlung weiterer Unterhaltsbeträge zuzüglich zu jenen laut Vergleich, und zwar hinsichtlich des mj Andreas zu weiteren EUR 154,65 mtl ab 1. 6. 2000, sukzessive ansteigend bis zu weiteren EUR 454,65 mtl ab 1. 11. 2003, zusammen mit dem Unterhaltsbetrag laut Vergleich sohin zu EUR 600 mtl, sowie hinsichtlich der mj Tatjana zu weiteren EUR 154,65 mtl ab 1. 6. 2000, sukzessive ansteigend bis zu weiteren EUR 364,65 mtl ab 1. 7. 2004, zusammen mit dem Unterhaltsbetrag laut Vergleich sohin zu EUR 510 mtl.
Das Rekursgericht änderte infolge Rekurses des Vaters den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, dass es die dem Vater auferlegten Unterhaltsbeträge reduzierte, und zwar hinsichtlich des mj Andreas zusammen mit dem Unterhaltsbetrag laut Vergleich auf EUR 252,15 mtl ab 1. 10. 2000, sukzessive ansteigend bis zu EUR 530 mtl ab 1. 7. 2004, sowie hinsichtlich der mj Tatjana zusammen mit dem Unterhaltsbetrag laut Vergleich auf EUR 252,15 mtl ab 1. 10. 2000, sukzessive ansteigend bis zu EUR 410 mtl ab 1. 7. 2004. Weiters sprach es aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs wegen der Einzelfallbezogenheit nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Den gegen den Beschluss des Rekursgerichtes erhobenen „außerordentlichen Revisionsrekurs" des Vaters legte das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vor. Diese Vorgangsweise widerspricht der Rechtslage nach dem AußStrG alt, RGBl 1854/208, dessen Bestimmungen noch auf den vorliegenden Revisionsrekurs anzuwenden sind, weil das Datum der Entscheidung erster Instanz vor dem 1. 1. 2005 liegt (§ 203 Abs 7 AußStrG neu, BGBl I 2003/111):
Nach § 14 Abs 3 AußStrG alt ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 14a Abs 3 dieses Gesetzes - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt EUR 20.000 nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG alt den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen - hier gegebenen - Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 14a Abs 1 und 2 AußStrG alt einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Rekursentscheidung beim Erstgericht einzubringenden - Antrag an das Rekursgericht stellen, den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird.
Im vorliegenden Fall übersteigt der Entscheidungsgegenstand nicht die Wertgrenze des § 14 Abs 3 AußStrG alt. Unterhaltsansprüche mehrerer Kinder gegen den selben Unterhaltspflichtigen beruhen nicht auf dem selben tatsächlichen und rechtlichen Grund, sondern stellen nur gleichartige, auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche dar; eine Zusammenrechnung findet daher nicht statt (RIS Justiz RS0017257). Unterhaltsansprüche sind gemäß § 58 Abs 1 JN mit der dreifachen Jahresleistung zu bewerten. Wird eine Erhöhung eines Unterhaltsbeitrags begehrt, so ist Streitgegenstand nicht der Gesamtbetrag, sondern nur der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung; gesondert begehrte, bereits fällig gewordene Ansprüche sind nicht zusätzlich neben diesem Dreifachen zu bewerten (RIS Justiz RS0046543). Das Sechsunddreißigfache der begehrten Mehrleistung übersteigt je Kind nicht EUR 20.000.
Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage war der Rechtsmittelschriftsatz jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. Vielmehr erweist sich dessen Vorlage an das Gericht zweiter Instanz als geboten (§ 16 Abs 2 Z 2 AußStrG alt). Dies gilt auch wenn das Rechtsmittel - wie hier - als „außerordentliches" bezeichnet wird und wenn es an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RIS Justiz RS0109503).
Das Erstgericht wird das Rechtsmittel daher dem Rekursgericht vorzulegen haben. Ob die Erteilung eines Verbesserungsauftrags erforderlich ist, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (6 Ob 78/04w ua).