JudikaturOGH

10ObS197/04z – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Januar 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Carl Hennrich (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Rudolf Schallhofer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Nedo K*****, Bosnien und Herzegowina, vertreten durch Mag. Peter Zivic, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist Straße 1, im Rekursverfahren nicht vertreten, wegen vorzeitiger Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 9. September 2004, GZ 7 Rs 72/04v 17, womit aus Anlass der Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 22. April 2004, GZ 24 Cgs 49/03s 14, sowie das vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der am 27. 1. 1945 geborene Kläger stellte am 19. 5. 1997 beim bosnischen Versicherungsträger unter Verwendung des zwischenstaatlichen Formblatts einen Antrag auf Gewährung der Invaliditätspension. Diesen Antrag lehnte die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei mit Bescheid vom 23. 9. 1999 ab. Die vom Kläger gegen diesen Bescheid erhobene Klage wies das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht mit Urteil vom 17. 7. 2000, 36 Cgs 400/99p 18, ab. Das Urteil blieb unangefochten. In diesem Verfahren war von der Gewährung einer vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (§ 253d ASVG) nicht die Rede.

Mit Schreiben vom 29. 10. 2001 stellte der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei den Antrag auf Gewährung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit ab 1. 2. 2000 und hilfsweise den Antrag auf Gewährung der Invaliditätspension ab einem späteren Stichtag. Mit Bescheid vom 19. 3. 2002 lehnte die Rechtsvorgängerin der Beklagten letzteren Antrag ab. Die gegen diesen Bescheid am 27. 5. 2002 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht zu 36 Cgs 114/02m eingebrachte, auf Gewährung der Invaliditätspension gerichtete Klage zog der Kläger in der Verhandlungstagsatzung vom 28. 4. 2003 zurück.

Mit der am 7. 3. 2003 beim Erstgericht eingelangten Säumnisklage begehrt der Kläger die Gewährung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit ab 1. 2. 2000. Sein Antrag vom 19. 5. 1997 sei im Rahmen sozialer Rechtsanwendung auch als Antrag auf Gewährung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit aufzufassen, über den weder die beklagte Partei noch deren Rechtsvorgängerin bisher entschieden habe.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil über den Antrag des Klägers vom 19. 5. 1997 mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 17. 7. 2000 entschieden worden sei und darüber hinaus eine Säumnis nicht vorliege.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit Urteil ab.

Aus Anlass der dagegen vom Kläger erhobenen Berufung hob das Berufungsgericht das angefochtene Urteil und das ihm vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Es vertrat unter ausführlicher Bezugnahme auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 27. 7. 2004, 10 ObS 116/04p, die Auffassung, der Antrag des Klägers vom 19. 5. 1997 sei nicht auch als Antrag auf Gewährung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit gemäß § 253d ASVG zu werten. Eine derartige Deutung des Antrags nach dem Grundsatz der sozialen Rechtsanwendung sei nicht geboten gewesen, weil der Kläger weder zum Zeitpunkt der Antragstellung noch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung die altersmäßigen Voraussetzungen für diese Leistung erfüllt habe. Es liege daher kein Säumnisfall iSd § 67 Abs 1 Z 2 lit b ASGG vor, weshalb es an einer Prozessvoraussetzung fehle. Gemäß § 73 ASGG sei die Klage in diesem Fall in jeder Lage des Verfahrens zurückzuweisen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der - irrig als außerordentliche Revisionsrekurs bezeichnete - jedenfalls zulässige Rekurs des Klägers (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO; Kodek in Rechberger2 ZPO § 519 Rz 3 mwN).

Die beklagte Partei beteiligte sich nicht am Rekursverfahren.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Da die Begründung des Berufungsgerichtes, die die zu einem vergleichbaren Sachverhalt ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 27. 7. 2004, 10 ObS 116/04p, ausführlich (wörtlich) wiedergibt, zutreffend ist, genügt es, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Die Rekursausführungen geben zu einer anderen Beurteilung des Falls keinen Anlass:

Die Besonderheit, dass in den zwischenstaatlichen Formularen eine Unterscheidung der bei einer gesundheitlichen Beeinträchtigkeit der Leistungsfähigkeit in Betracht kommenden Pensionsleistungen „Invaliditätspension" und „vorzeitiger Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit" nicht vorgesehen wurde, kann als einer von mehreren Umständen im besonderen Anlassfall für die Beurteilung von Bedeutung sein, ob im konkreten Fall ein Antrag auf Invaliditätspension verfahrensrechtlich auch als Antrag auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit zu werten und als solcher zu behandeln ist. Dieser Umstand spielt aber im vorliegenden Fall keine Rolle, weil der Kläger selbst im Zeitpunkt der Bescheiderlassung als letztmöglichen Zeitpunkt für eine Antragsumdeutung die altersmäßigen Voraussetzungen für eine Pensionsleistung nach § 253d ASVG erfüllte. Darin liegt der wesentliche Unterschied zu dem vom Obersten Gerichtshof zu 10 ObS 205/03z entschiedenen Fall.

Unerheblich ist, dass die beklagte Partei über den mit Schreiben vom 29. 10. 2001 gestellten Antrag auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit nicht mit Bescheid entschied, weil der Kläger seine Klage auf ein Säumnis der beklagten Partei mit der Bescheiderlassung hinsichtlich dieses Antrags nicht stützte.

Die Frage, ob im Zusammenhang mit Pensionsanträgen wegen Krankheit, die zwischen 1. 7. 1993 und 30. 6. 2000 von im Ausland wohnhaften Versicherten bei den dortigen ausländischen Versicherungsträgern gestellt wurden, eine Klagsänderung vom Versicherungsfall der „Invaliditätspension" auf jenen der „vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit" für zulässig erachtet werden sollte, stellt sich nicht, liegt doch der Fall einer solchen Klagsänderung nicht vor.

Ob der Pensionsversicherungsträger und auch das Gericht den Kläger im Verfahren 36 Cgs 400/99p des Erstgerichts aufklären hätte müssen, umgehend einen Antrag auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit zu stellen, ist für die entscheidungswesentliche Frage, wie der Antrag des Klägers vom 19. 5. 1997 verfahrensrechtlich richtig zu werten war, ersichtlich ohne Bedeutung.

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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