JudikaturOGH

6Ob283/04t – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Dezember 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Wiener Neustadt zu FN ***** eingetragenen R***** mit dem Sitz in *****, über die außerordentlichen Revisionsrekurse der Gesellschaft, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht je vom 10. September 2004, GZ 4 R 232/04y-59 und 4 R 234/04t-61, womit die Rekurse der Gesellschaft gegen die Beschlüsse des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 3. Juni 2004, GZ 1 Fr 5525/98a-46, und vom 16. Juni 2004, GZ 1 Fr 5525/98a-52, zurückgewiesen wurden, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Zur Erzwingung der Vorlage des Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts der Gesellschaft zum 28. 2. 1997 ist beim Erstgericht ein Zwangsstrafverfahren gegen ein Vorstandsmitglied der Gesellschaft anhängig.

Das Erstgericht wies Anträge der Gesellschaft auf Unterbrechung des Zwangsstrafenverfahrens ab.

Das Rekursgericht wies die dagegen erhobenen Rekurse der Gesellschaft mangels Rekurslegitimation zurück und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der Rekurs sei aber auch inhaltlich unbegründet.

Die Revisionsrekurse der Gesellschaft sind ungeachtet dieses Ausspruchs jedenfalls unzulässig:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 19 Abs 3 FBG ist ein Beschluss, mit dem ein Unterbrechungsantrag im Firmenbuchverfahren abgewiesen oder zurückgewiesen wird, unanfechtbar, wie dies gemäß § 192 Abs 1 ZPO grundsätzlich auch im Zivilprozess gilt (RIS-Justiz RS0106006), es sei denn, es wird eine im Gesetz zwingend vorgeschriebene Unterbrechung verweigert (6 Ob 306/00v). Dies ist hier nicht der Fall. Soweit der Revisionsrekurs die Unterbrechungspflicht neuerlich mit der Anhängigkeit der Vorabentscheidungsersuchen der Landgerichte Essen und Hagen beim Europäischen Gerichtshof begründet, ist ihm entgegenzuhalten, dass der Europäische Gerichtshof über diese Vorabentscheidungsersuchen in den verbundenen Rechtssachen C-435/02 und C-103/03 mit Beschluss vom 23. 9. 2004, eine Entscheidung gefällt hat, aus der hervorgeht, dass er die in den §§ 277 ff HGB umgesetzten gesellschaftsrechtlichen Richtlinien als gemeinschaftsrechtskonform ansieht.

Mit dieser Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist auch die Grundlage der Unterbrechung des beim Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften aufgrund einer Klage nach Art 288 Abs 2 EG anhängigen Verfahrens C-47/02 weggefallen, in dem gleichfalls die Nichtigkeit der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien geltend gemacht wurde. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass auf eine solche Klage § 90a GOG schon deshalb nicht anwendbar ist, weil sie nicht zu einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die Auslegung des Gemeinschaftsrechts führt. Selbst die analoge Heranziehung des § 190 Abs 1 ZPO würde kein Recht einer Partei auf Verfahrensunterbrechung begründen, dessen Missachtung angefochten werden könnte (6 Ob 209/02g; zuletzt 6 Ob 260/04k und 6 Ob 262/04d sowie 6 Ob 256/04x).

Infolge der absoluten Unzulässigkeit der Revisionsrekurse gegen die Ablehnung der beantragten Unterbrechung des Verfahrens zur Erzwingung der Offenlegung kann die Frage der Rekurslegitimation der Gesellschaft im Verfahren zur Verhängung der Zwangsstrafen ebenso dahingestellt bleiben wie die allfällige Befangenheit des rekursgerichtlichen Senats.

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