6Ob267/04i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Wiener Neustadt zu FN 92481b eingetragenen B***** Gesellschaft mbH, mit dem Sitz in W*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Gesellschaft, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 6. September 2004, GZ 4 R 224/04x-34, womit der Rekurs der Gesellschaft gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 17. Juni 2004, GZ 1 Fr 3899/01d-31, zurückgewiesen wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Gegen die Geschäftsführer der Gesellschaft mbH ist beim Erstgericht seit dem Jahr 2001 ein Zwangsstrafenverfahren zur Erzwingung der Offenlegung des Jahresabschlusses zum 29. 2. 2000 anhängig (§§ 277 ff HGB).
Das Erstgericht wies die Anträge der Gesellschaft vom 18. 5. und 3. 6. 2004 auf Unterbrechung bzw Aussetzung des Zwangsstrafenverfahrens wegen "anhängiger präjudizieller Verfahren" ab.
Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs der Gesellschaft mangels deren Rekurslegitimation zurück und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der Rekurs sei aber auch inhaltlich unbegründet.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Gesellschaft ist ungeachtet dieses Ausspruchs des Rekursgerichts jedenfalls unzulässig.
Ein Beschluss, mit dem im Firmenbuchverfahren ein Unterbrechungsantrag abgewiesen oder zurückgewiesen wird, ist gemäß § 19 Abs 3 FBG unanfechtbar, wie dies gemäß § 192 Abs 1 ZPO grundsätzlich auch im Zivilprozess gilt (RIS-Justiz RS0106006), es sei denn, es wird eine im Gesetz zwingend vorgeschriebene Unterbrechung verweigert (6 Ob 306/00v). Dies ist hier aber nicht der Fall. Soweit im Revisionsrekurs die Unterbrechungspflicht abermals mit der Anhängigkeit der Vorabentscheidungsersuchen der Landgerichte Essen und Hagen beim EuGH begründet wird, ist die Rechtsmittelwerberin darauf hinzuweisen, dass der EuGH über diese Vorabentscheidungsersuchen in den verbundenen Rechtssachen C-435/02 und C-103/03 mit Beschluss vom 23. September 2004 eine Entscheidung gefällt hat, aus der hervorgeht, dass er die in den §§ 277 ff HGB umgesetzten gesellschaftsrechtlichen Richtlinien als gemeinschaftsrechtskonform ansieht. Aber auch das beim Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften aufgrund einer Klage nach Art 288 Abs 2 EG anhängige Verfahren gestrafter Gesellschafter, in dem ebenfalls die Nichtigkeit der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien geltend gemacht wird und das wegen der - nun erledigten-Vorabentscheidungsersuchen unterbrochen wurde, begründet keine gesetzliche Verpflichtung zur Unterbrechung des Offenlegungsverfahrens. Auf eine solche Klage ist § 90a GOG schon deshalb nicht anwendbar, weil sie nicht zu einer Vorabentscheidung des EuGH über die Auslegung des Gemeinschaftsrechts führt. Selbst die analoge Heranziehung des § 190 Abs 1 ZPO würde kein Recht einer Partei auf Verfahrensunterbrechung begründen, dessen Missachtung angefochten werden könnte (6 Ob 209/02g ua).
Infolge der absoluten Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gegen die Ablehnung der beantragten Unterbrechung des Verfahrens zur Erzwingung der Offenlegung kann die Frage der Rekurslegitimation der Gesellschaft im Verfahren zur Verhängung von Zwangsstrafen gegen ihre Gesellschafter dahingestellt bleiben.