6Ob261/04g – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Wr. Neustadt zu FN ***** eingetragenen R***** AG mit dem Sitz in W***** N*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Gesellschaft und ihres Vorstandsmitglieds Dkfm. Andreas T*****, beide vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 14. September 2004, GZ 4 R 181/04y-56, womit der Beschluss des Landesgerichts Wr. Neustadt vom 3. Juni 2004, GZ 1 Fr 1544/99f-45, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Der an den Obersten Gerichtshof gerichtete Antrag auf Verfahrensunterbrechung wird abgewiesen.
2. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Der an den Obersten Gerichtshof gerichtete auf § 90a GOG gestützte Antrag auf Verfahrensunterbrechung ist schon deshalb abzulehnen, weil die Verfahren über die Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Essen und des Landgerichts Hagen vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), derentwegen das Verfahren unterbrochen werden soll, beendet sind (Beschluss des EuGH vom 23. September 2004 in den verbundenen Rechtssachen C-435/02 und C-103/03 betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art 234 EG eingereicht vom Landgericht Essen und vom Landgericht Hagen mit Beschlüssen vom 25. 11. 2002 und 11. 2. 2003, in den Verfahren Axel Springer AG gegen Zeitungsverlag Niederrhein GmbH Co Essen KG [C-435/02], und Axel Springer AG gegen Hans-Jürgen Weske [C-103/03]).
2. Zum Revisionsrekurs gegen die verhängte Zwangsstrafe:
Der Oberste Gerichtshof beurteilt in ständiger Rechtsprechung die österreichischen handelsrechtlichen Offenlegungsvorschriften und ihre Durchsetzung mit Zwangsstrafen als verfassungsrechtlich unbedenklich und dem Gemeinschaftsrecht entsprechend und erblickt in der Umsetzung der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien (insbesondere der Publizitätsrichtlinie und der Bilanzrichtlinie) nach mehreren Entscheidungen des EuGH (insbesondere vom 4. 12. 1997, Slg 1997 I-6843-Daihatsu) keinen Eingriff in Grundrechte nach der EMRK oder in Grundwerte der Europäischen Gemeinschaft (RIS-Justiz RS0113282; RS0113089). Diese Rechtsauffassung wird in dem jüngst ergangenen, unter Punkt 1. bezeichneten Beschluss des EuGH bestätigt. Der Gerichtshof erkannte in diesem Beschluss wie folgt für Recht:
"1. Die Richtlinie 90/605/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG über den Jahresabschluss bzw den konsolidierten Abschluss hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs konnte, soweit sich daraus ergibt, dass jeder die Möglichkeit hat, den Jahresabschluss und den Lagebericht der von ihr erfassten Gesellschaftsformen einzusehen, ohne ein schutzbedürftiges Recht oder Interesse belegen zu müssen, wirksam auf der Grundlage des Art 54 Abs 3 Buchstabe g des Vertrages (nach Änderung jetzt Art 44 Abs 2 Buchstabe g EG) erlassen werden.
2. Die Prüfung der ersten beiden Fragen in der Rechtssache C-435/02 sowie der zweiten und der dritten Frage in der Rechtssache C-103/03 am Maßstab der allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der freien Berufsausübung und der Freiheit der Meinungsäußerung hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Richtlinie 90/605 beeinträchtigen könnte.
3. Die Prüfung der dritten Frage in der Rechtssache C-435/02 und der vierten Frage in der Rechtssache C-103/03 am Maßstab des Grundsatzes der Gleichbehandlung hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Richtlinie 90/605 beeinträchtigen könnte."
Im Übrigen sind die Rechtsmittelwerber auf die Ausführungen in der Vorentscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 25. 3. 2004, 6 Ob 202/03d, zu verweisen. Mit der hilfsweisen Bekämpfung der Höhe der verhängten Zwangsstrafe wird keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 14 Abs 1 AußStrG geltend gemacht. Die Strafe bewegt sich durchaus im gesetzlichen Rahmen und ist schon im Hinblick auf die beharrliche Weigerung der Revisionsrekurswerber, die klare Rechtslage im Sinn der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung zur Kenntnis zu nehmen, unbedenklich.
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 14 Abs 1 AußStrG unzulässig. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 16 Abs 4 AußStrG und § 15 Abs 1 FBG).