JudikaturOGH

9ObA61/04t – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. November 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Kaszanits und Mag. Thomas Kallab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Rudolf M*****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak und Dr. Johannes Krauss, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Günther S*****, öffentlicher Notar, *****, vertreten durch Dr. Manfred Ainedter und Dr. Friedrich Trappel, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 90.931,88 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. Jänner 2004, GZ 7 Ra 6/04k 42, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 14. Juli 2003, GZ 35 Cga 35/02a 34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.903,32 (darin EUR 317,22 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger war seit April 1991 als Notariatskandidat beim Beklagten beschäftigt. Das Dienstverhältnis endete am 6. 7. 1998 durch Entlassung. Nach seiner Entlassung war der Kläger längere Zeit unauffindbar. Er wurde aufgrund eines Haftbefehls vom 10. 7. 1998 von der Polizei gesucht. Am 13. 10. 1998 stellte er sich selbst und wurde in Untersuchungshaft genommen. Mit Bescheid der Notariatskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 8. 7. 1998 wurde der Kläger mit Wirkung vom 2. 7. 1998 gemäß § 118a Abs 1 lit a zweiter Fall NO aus dem Verzeichnis der Notariatskandidaten gestrichen. Dies wurde dem Landesgericht für Zivilrechtssachen am 13. 7. 1998 mitgeteilt. Am 15. 7. 1998 wurde mit Beschluss des Untersuchungsrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gegen den Kläger die Voruntersuchung wegen § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB eingeleitet. Der Kläger wurde in der Folge in mehreren Pflegschaftsverfahren verschiedener Bezirksgerichte Wiens, insbesondere hinsichtlich der Betroffenen Elisabeth K*****, Leopoldine P*****, Walter K***** und Raimund F***** seines Amtes als Sachwalter enthoben.

Der Kläger begehrte mit seiner Klage die Zahlung eines Betrages von ATS 1,251.250. Diesen Betrag hätte er verdienen könne, wenn er nicht als Sachwalter der vorgenannten Personen enthoben worden wäre. Dieser Betrag werde aus dem Titel des Schadenersatzes gegenüber dem Beklagten geltend gemacht. Dieser habe unter Verletzung seiner Fürsorgepflichten als Arbeitgeber Poststücke der Pflegschaftsgerichte, welche an den Kläger in seiner Eigenschaft als Sachwalter an die Kanzleiadresse des Beklagten gerichtet gewesen seien, wider besseres Wissen mit dem Vermerk "unbekannt" oder "Empfänger unbekannt verzogen" zurückgeschickt bzw zurückschicken lassen. Der Kläger sei deshalb in der Folge vom Gericht seiner Funktionen als Sachwalter enthoben worden.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er bestritt einerseits die Ursächlichkeit seiner Vermerke für die Abberufung des Klägers. Zum anderen sei der Kläger tatsächlich eine Zeit lang unbekannten Aufenthalts gewesen, weshalb die Auskünfte des Beklagten richtig gewesen seien. Im Übrigen bestritt er eine nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses fortwirkende Fürsorgepflicht in dem vom Kläger genannten Sinne.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Ausgehend von den vorangestellten Feststellungen bzw Außerstreitstellungen gelangte es zur Rechtsauffassung, dass der Beklagte gegen keine Fürsorgepflicht verstoßen habe. Die Tätigkeit des Klägers als Kurator bzw Sachwalter stehe in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit seiner früheren Tätigkeit als Notariatskandidat des Beklagten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es vertrat ebenfalls die Rechtsauffassung, dass der Beklagte gegen keine Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag verstoßen habe. Zwar würden von Lehre und Rechtsprechung über das Arbeitsverhältnis hinaus fortwirkende Fürsorgepflichten anerkannt, die vom Kläger behauptete bestehe jedoch nicht. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur "sogenannten nachwirkenden Fürsorgepflicht", insbesondere zu deren Inhalt und Umfang, spärlich sei. Die Frage, ob der ehemalige Arbeitgeber verpflichtet sei, bei späteren Zustellungen an den ehemaligen Dienstnehmer dessen Adresse bekannt zu geben, gehe in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinaus.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werden; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragte, die Revision des Klägers als unzulässig zurückzuweisen; hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch (§ 508a Abs 1 ZPO) des Berufungsgerichtes nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Grundsätzlich trifft den Geschädigten die Behauptungs- und Beweislast für den Kausalzusammenhang; dies gilt auch im Anwendungsbereich des § 1298 ABGB. Die Beweislastumkehr betrifft aber nur den Verschuldensbereich (ständige Rechtsprechung RIS Justiz RS0022686).

In Kenntnis dieser Rechtslage forderte das Erstgericht (AS 34 f) den Kläger auf, konkrete Zeitangaben hinsichtlich der Zustellvorgänge, des tatsächlichen Aufenhaltes des Klägers zu diesem Zeitpunkt und der Kenntnis des Beklagten von einem solchen Aufenthalt zu erstatten und wies den Kläger auch auf seine Behauptungs- und Beweislast hin. Dennoch wurde das Vorbringen nicht konkretisiert. Das Erstgericht trug daher dem Kläger mit Beschluss auf, das jeweils konkrete schadensstiftende Verhalten des Beklagten zu behaupten, sowie ein Vorbringen zur Kausalität der erfolgten Enthebung als Sachwalter zu erstatten. Der Kläger brachte daraufhin zwei vorbereitende Schriftsätze (ON 8, 15) ein, ohne jedoch eine solche Konkretisierung vorzunehmen. Soweit sich der Kläger auf die Verlesung von Urkunden (Pflegschaftsakten) berief, konnte dies das fehlende Vorbringen nicht ersetzen (9 ObA 84/99i in RIS Justiz RS0017844 uva). Da unstrittig feststeht, dass der Kläger eine Zeit lang tatsächlich unbekannten Aufenthaltes war, wäre es an ihm gelegen zu beweisen, dass die von ihm inkriminierten Zustellungen in der Kanzlei des Beklagten außerhalb dieser Zeiten erfolgt sind.

Steht aber schon der Kausalzusammenhang nicht fest, stellt sich die Frage nach einem allfälligen Verschulden des Beklagten wegen eines Verstoßes gegen Arbeitgeber Fürsorgepflichten gar nicht. Damit ergibt sich aber auch keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO.

Da auch der Kläger keine über die Zulassungsbegründung des Berufungsgerichtes hinausgehende erhebliche Rechtsfrage aufzeigen kann, ist die Revision unzulässig.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Revisionsbeantwortung diente der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung, weil der Beklagte darin auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat.

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