11Os93/04 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Oktober 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klenk als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Oliver P***** und weitere Angeklagte wegen des Vergehens des Landfriedensbruches nach § 274 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Florian K***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. Mai 2004, GZ 161 Hv 27/04b-110, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten Florian K***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch unangefochten gebliebene Schuldsprüche anderer Angeklagter sowie rechtskräftige (Teil )Freisprüche enthält, wurde Florian K***** des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 27. Juli 2002 in Eisenstadt zusammen mit anderen Angeklagten sowie mit ca 30 - 40 unbekannt gebliebenen weiteren Mittätern vorsätzlich mehrere Sicherheitswachebeamte, darunter Gerald R*****, Fabian M*****, Wolfgang H*****, Werner F*****, Martin D*****, Gerald G***** und Norbert W***** während eines Fussballspieles zwischen dem SC Rapid Wien und Arsenal London dadurch, dass sie mit Gewalt und durch gefährliche Drohung, nachdem es vorerst zu gegenseitigen Tätlichkeiten kam, die daraufhin einschreitenden Sicherheitswachebeamten attackierten, diese sodann verfolgten, mit Heurigenbänken, vollen und leeren Getränkeflaschen, Mülltonnen, Holzstücken und anderen Gegenständen bewarfen sowie verbal und durch die Menschenmenge bedrohten und so aus dem Stadion drängten, diese an verschiedenen Amtshandlungen, unter anderem an Festnahmen unbekannt gebliebener Mittäter, an Sicherheitsmaßnahmen für friedliche Stadionbesucher sowie an Personsfeststellungen und Befragungen gehindert.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft (nur) Florian K***** mit einer auf die Gründe der Z 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher indes aus den bereits von der Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme zutreffend aufgezeigten Erwägungen keine Berechtigung zukommt.
Mit dem Vorbringen in der Tatsachenrüge (Z 5a), lediglich dem Zeugen W***** sei es auf den vorhandenen Videoaufnahmen möglich gewesen, den Angeklagten K***** zu identifizieren, nicht jedoch dem erkennenden Gericht, vermag der Beschwerdeführer schon deshalb keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken, weil nur der Beamte das Tatgeschehen und damit auch das Verhalten des Angeklagten in unmittelbarer Wahrnehmung beobachtet und ihn in der Folge anlässlich eines weiteren Fußballspiels in Graz wiedererkannt hat, sodass es durchaus verständlich ist, wenn ihm gerade dieser persönliche Eindruck eine Identifizierung ermöglichte. Die behaupteten Widersprüche zwischen seiner Aussage vor der Bundespolizeidirektion Wien am 29. November 2002 (S 377, 379/1) und seinen Angaben in der Hauptverhandlung über den Umfang der vom Angeklagten K***** gesetzten Aktivitäten wiederum betreffen keinen entscheidenden Umstand, weil das Erstgericht ohnedies nicht als erwiesen angenommen hat, er hätte konkrete Gewaltakte gegen die einschreitenden Beamten (wie insbesondere durch Werfen von Gegenständen) gesetzt (US 15, 21 f).
Die von der Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisste Feststellung zur subjektiven Tatseite, der Angeklagte K***** habe eine gegenwärtige, dh eine bereits begonnene oder unmittelbar bevorstehende Amtshandlung hindern wollen, hat das Schöffengericht sehr wohl getroffen, wird doch neben der vom Rechtsmittelwerber ohnedies zitierten Konstatierung, wonach ua er es zumindest ernsthaft für möglich hielt und sich nachdrücklich billigend damit abfand, dass die Beamten an weiteren Anhaltungen von Personen gehindert werden (US 15), darüber hinaus festgehalten, dass für keinen einzigen der Beteiligten irgendein ernstzunehmender Zweifel daran bestehen konnte, wonach hier polizeiliche Amtshandlungen stattfanden und weitere unmittelbar bevorstehen mussten (US 20).
Auch die Behauptung, der Angeklagte habe in eigener Person weder Beamte gestoßen noch Gegenstände gegen die Beamten geworfen und damit keine Gewalt im Sinne des § 269 StGB angewendet, das bloße Mitgehen in der Gruppe, aus der einige die Beamten tatsächlich attackiert haben, reiche aber zur Strafbarkeit nicht hin, übergeht die Feststellung, dass es sämtlichen Angeklagten - neben Tätlichkeiten einzelner Personen - bereits durch die Bildung einer (gewalttätigen) Übermacht durch (aktive) Teilnahme an der Verfolgergruppe gelungen ist, den Rückzug der Beamten und damit die Aufgabe der im Gange befindlichen bzw unmittelbar bevorstehenden Amtshandlungen zu erzwingen (US 3, 15, 23). Damit wird aber der relevierte Nichtigkeitsgrund mangels Festhaltens am Urteilssachverhalt insgesamt nicht zur prozessordnungsgemäßen Darstellung gebracht. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, teils als offenbar unbegründet bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.