JudikaturOGH

1Ob170/04p – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. August 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Charlotte W*****, vertreten durch Mag. Thomas di Vora, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Gerhard W*****, wegen Ehescheidung infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 19. Mai 2004, GZ 4 R 150/04g-20, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Übernahme der erstgerichtlichen Feststellungen durch das Berufungsgericht kann schon begrifflich keine Aktenwidrigkeit darstellen (RIS-Justiz RS0043347; Kodek in Rechberger2 § 503 Rz 4 mwN). Eine Aktenwidrigkeit liegt auch nicht vor, wenn das Berufungsgericht die erstgerichtlichen Feststellungen mit anderen Worten wiedergibt, ohne diese aber in maßgeblicher Weise inhaltlich zu verändern.

2. Die Beurteilung, ob bzw seit wann eine Ehe im Sinne des § 49 EheG unheilbar zerrüttet ist, ist eine Frage des Einzelfalls, die - von Fällen krasser Fehlbeurteilung abgesehen - nicht als erheblich im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu qualifizieren ist (vgl nur RIS-Justiz RS0043423/T8). Die Auffassung des Berufungsgerichts, die unheilbare Zerrüttung sei (spätestens) zum Zeitpunkt der Erhebung der Scheidungsklage vorgelegen, ist in keiner Weise bedenklich. Das Verhalten der Ehegatten nach bereits eingetretener Zerrüttung ist regelmäßig für die Frage des (überwiegenden) Verschuldens nicht entscheidend (EFSlg 41.277, 51.653, 63.446 ua).

3. Der von der Revisionswerberin angestrebte Ausspruch des alleinigen oder überwiegenden Verschuldens des Beklagten an der Zerrüttung (§ 60 EheG) setzte voraus, dass jener ein schuldhaftes Fehlverhalten iS einer schweren Eheverfehlung (§ 49 EheG) gesetzt hätte, demgegenüber das (schuldhafte) Fehlverhalten der Klägerin fast völlig in den Hintergrund tritt (EFSlg 66.446, 97.229 ua). Liegt hingegen kein derart gravierender Unterschied in der Intensität der wechselseitigen Eheverfehlungen vor, hat der Ausspruch beiderseitigen Verschuldens zu erfolgen (§ 60 Abs 3 EheG). Dem Berufungsgericht ist keine gravierende Fehlbeurteilung vorzuwerfen, soweit es unter den festgestellten Umständen ein überwiegendes Verschulden des Beklagten nicht angenommen und ein "gleichgeteiltes" (richtig: beiderseitiges) Verschulden ausgesprochen hat (vgl EFSlg 97.222). Eine ehewidrige Beziehung des Beklagten - jedenfalls eine solche vor Eintritt der Zerrüttung - ergibt sich aus den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen gerade nicht.

Rückverweise