JudikaturOGH

10ObS249/03w – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Mai 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Eveline Umgeher (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Rüdiger S*****, vertreten durch Klein, Wuntschek Partner Rechtsanwalts GmbH, Graz, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wiedner Hauptstraße 84-86, 1051 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Feststellung der Erwerbsunfähigkeit, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13. August 2003, GZ 8 Rs 69/03h-18, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der am 24. 12. 1944 geborene Kläger verfügt über Gewerbeberechtigungen für das Handelsgewerbe (seit 1. 9. 1980), als Radio- und Videoelektroniker (seit 19. 9. 1980) und für die Errichtung von Alarmanlagen (seit 23. 9. 1989). Über 90 % des Umsatzes werden mit der Gewerbeberechtigung als Radio- und Videoelektroniker erwirtschaftet. Im Bereich Handel und Errichtung von Alarmanlagen werden zusammen weniger als 10 % des Umsatzes erwirtschaftet.

Im Dezember 2001 wurde über das Vermögen des Klägers das Konkursverfahren eröffnet, das zwischenzeitig nach Abschluss eines Zwangsausgleichs abgeschlossen ist. Der Betrieb wurde während des Konkursverfahrens fortgeführt. Bis zur Konkurseröffnung waren neben dem Kläger 11 Mitarbeiter im Betrieb beschäftigt gewesen. Mit Konkurseröffnung wurde ein Großteil der Mitarbeiter abgebaut. Derzeit ist noch die Gattin des Kläger geringfügig im Betrieb beschäftigt. Solange der Kläger den Betrieb mit 11 Mitarbeitern geführt hat, war ihm dies ohne Überschreitung seines Leistungskalküls möglich, weil er kalkülsüberschreitende Tätigkeiten auf vorhandene Mitarbeiter delegieren konnte. Der Kläger wäre in der Lage, seinen bisherigen Betrieb mit nur einem geringfügig beschäftigten Mitarbeiter fortzuführen, allerdings jedoch nicht ohne Überschreitung seines Leistungskalküls.

Mit seiner am 1. 10. 2002 eingebrachten Klage begehrt die Feststellung seiner Erwerbsunfähigkeit.

Nach Schluss der Verhandlung am 24. 3. 2003 wies das Erstgericht mit Urteil vom 23. 4. 2003 das Klagebegehren im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass der Kläger den Betrieb in der Form, wie er ihn bis Dezember 2001 betrieben habe, weiterführen könne, weshalb Erwerbsunfähigkeit iSd § 133 Abs 3 GSVG nicht vorliege. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Aus dem Gesetzeswortlaut des § 133 Abs 3 GSVG ergebe sich bereits, dass es nicht auf die nunmehrige Betriebsstruktur ankommen könne, sondern lediglich auf diejenige, die durch 120 Kalendermonate gedauert haben müsse. Da der Kläger nach den getroffenen Feststellungen einen Betrieb mit 11 Mitarbeitern nach wie vor führen könne, weil er kalkülsüberschreitende Tätigkeiten delegieren könne und ihm eine derartige Umorganisation auch iSd § 133 Abs 3 GSVG zumutbar sei, liege Erwerbsunfähigkeit nicht vor. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht vorliege.

In seiner außerordentlichen Revision vertritt der Kläger vorerst die Ansicht, dass die außerordentliche Revision im Hinblick auf § 502 Abs 5 Z 4 ZPO zulässig sei. Es sei zwar richtig, dass die Tätigkeit, die er in den letzten 120 Kalendermonaten überwiegend ausgeübt habe, mit dem verbliebenen Leistungskalkül weiterhin verrichtet werden könne, jedoch nur mit "einer völlig irrationalen Unternehmensstruktur, die in Zukunft unter keinen Umständen mehr erreicht werden" könne und den Kläger "wirtschaftlich erneut dem kompletten Ruin" unterwerfe. Es könne von ihm nicht verlangt werden, dass er eine Umorganisation vornehme, die weitab des Möglichen und wirtschaftlich Machbaren liege. Somit liege ein Härtefall vor, der es erlaube, auf die zuletzt tatsächlich gegebene Unternehmensstruktur (seit Dezember 2001) abzustellen. Folglich liege bei ihm Erwerbsunfähigkeit vor.

Rechtliche Beurteilung

Damit lässt der Kläger aber außer Acht, dass Erwerbsunfähigkeit nach § 133 Abs 3 GSVG vorliegt, wenn der der Versicherte, der das 57. Lebensjahr vollendet hat, infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte außer Stande ist, einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, die er in den letzten 180 Kalendermonaten vor dem Stichtag mindestens 120 Kalendermonate hindurch ausgeübt hat.

Selbst wenn man der Rechtsansicht des Klägers folgte, wonach es für die Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit allein auf die Tätigkeit ankomme, die durch die zuletzt vorhandene konkrete Betriebsstruktur geprägt sei, hätte er gerade eine solche Tätigkeit (mit nur einem geringfügig beschäftigten Mitarbeiter) jedenfalls nicht durch mindestens 120 Kalendermonate ausgeübt. Das Vorliegen eines Härtefalls ist in § 133 Abs 3 GSVG nicht als anspruchsbegründend angeführt.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.

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