JudikaturOGH

10Ob38/04t – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Mai 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friedrich B*****, Arbeiter, *****, vertreten durch Dr. Rolf Schuhmeister und Dr. Walter Schuhmeister, Rechtsanwälte in Schwechat, gegen die beklagte Partei Margot B*****, Hausfrau, *****, vertreten durch Dr. Brigitte Birnbaum, Dr. Rainer Toperczer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Ehescheidung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 3. Februar 2004, GZ 48 R 102/03k-37, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die außerordentliche Revision der beklagten Partei im Kostenpunkt wird als jedenfalls unzulässig zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird die außerordentliche Revision der beklagten Partei mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Urteil vom 25. 8. 2003 hat das Erstgericht die am 18. 4. 1970 zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossene Ehe gemäß § 55 EheG geschieden und festgestellt, dass ein Verschuldensausspruch nicht stattfindet. Das Scheidungsbegehren des Klägers nach § 49 EheG wurde abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens wurden gegeneinander aufgehoben.

Das Berufungsgericht hat der Berufung der Beklagten nicht Folge gegeben und das Ersturteil mit der Maßgabe bestätigt, dass (anstelle der Feststellung, dass ein Verschuldensausspruch nicht stattfindet) der Antrag der Beklagten, es möge gemäß § 61 Abs 3 EheG ausgesprochen werden, dass den Kläger das alleinige oder überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe treffe, abgewiesen wurde. Die Beklagte wurde schuldig erkannt, dem Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Das Berufungsgericht ging davon aus, dass die Zerrüttung der Ehe ab dem Herbst 1998 anzunehmen sei, weil der Kläger damals zu dem unumstößlichen Entschluss gekommen sei, die Ehe beenden zu wollen. Ein deutlich überwiegendes Zerrüttungsverschulden sei dem Kläger nicht anzulasten. Aus dem Verlauf der Ehe bis zum Jahr 1998 ergebe sich allenfalls ein geringfügiges Verschulden des Klägers am Scheitern der Beziehung. Eine ehewidrige Beziehung des Klägers zu einer anderen Frau sei erst ab März 1999 erweislich; zu diesem Zeitpunkt sei allerdings die Ehe schon seit längerem unheilbar zerrüttet gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, da Rechtsfragen von wesentlicher Bedeutung nicht zu lösen gewesen seien. Die außerordentliche Revision der Beklagten ist nicht zulässig. Das Berufungsgericht hat die von der Judikatur zum Schuldausspruch nach § 61 Abs 3 EheG entwickelten Grundsätze zutreffend wiedergegeben und bei seiner Entscheidung beachtet. Hervorzuheben ist aus der Judikatur, dass ein überwiegendes Verschulden an der (unheilbaren) Zerrüttung der Ehe nur auszusprechen ist, wenn der graduelle Unterschied der beiderseitigen Verschuldensanteile augenscheinlich hervortritt; das Verschulden der beklagten Partei muss im Vergleich zum Verschulden der klagenden Partei fast völlig in den Hintergrund treten (RIS-Justiz RS0057487 [T1]; Gruber in Schwimann2 § 61 EheG Rz 15). Eheverfehlungen, die nach Auflösung der häuslichen Gemeinschaft begangen wurden, sind dann in die Verschuldensabwägung einzubeziehen, wenn die Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Gemeinschaft noch erwartet werden kann (RIS-Justiz RS0057249). Die Frage, wann die unheilbare Zerrüttung einer Ehe eintrat, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0056832 [T5]). Ebenso bilden die Fragen, ob im konkreten Fall noch eine Vertiefung der Zerrüttung als möglich anzusehen ist oder bereits ausgeschlossen werden kann, und wie das beiderseitige Fehlverhalten zu gewichten ist, solche des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0043432 [T6]). Wenn das Berufungsgericht - wie hier - die Grenzen des ihm bei dieser Entscheidung eingeräumten Ermessens nicht überschritten hat, liegt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vor (10 Ob 391/97a = EF 85.337). Die außerordentliche Revision der beklagten Partei ist daher gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Gemäß § 528 Abs 1 Z 2 ZPO sind Rekurse gegen die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz über den Kostenpunkt seit der 1. Gerichtsentlastungsnovelle RGBl 1914/118 grundsätzlich und ausnahmslos unzulässig (JB 4 = SZ 2/143; 1 Ob 64/98p; 1 Ob 128/98z uva; RIS-Justiz RS0044181; RIS-Justiz RS0053407). Der Rechtsmittelausschluss gilt sowohl für die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen als auch für die Entscheidung über die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens (SZ 27/66; RZ 1974/47; 4 Ob 389/97b ua). Die in der Revision unternommene Bekämpfung der Kostenentscheidung des Gerichts zweiter Instanz ist daher unzulässig, sodass die Revision auch in diesem Umfang zurückzuweisen ist.

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