JudikaturOGH

2Ob191/03g – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. April 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*****, vertreten durch Dr. Hermann Kogler, Rechtsanwalt in Leoben, gegen die beklagten Parteien 1.) Dr. Hans Rant, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Seilerstätte 5 als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der S***** Holding AG, 2.) S*****, vertreten durch den Liquidator Ing. Peter M*****, vertreten durch Dr. Maximilian Sampl, Rechtsanwalt in Schladming, wegen 1.) Löschung von Eigentumsrechten (erstbeklagte Partei, Streitwert EUR 18.168,21) und 2.) Löschung von Bestandrechten (zweitbeklagte Partei Streitwert EUR 18.168,21) über die Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 12. März 2003, GZ 4 R 206/02z-146, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Endurteil des Landesgerichtes Leoben vom 14. September 2001, GZ 3 Cg 324/93h-121, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der zweitbeklagten Partei wird zurückgewiesen. Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 1.000,98 (darin enthalten EUR 166,83 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die klagende Partei begehrte mit ihrer gegen die ursprünglich erstbeklagte Partei S***** Holding AG sowie gegen die zweitbeklagte Partei gerichteten Klage die Löschung des Eigentumsrechtes an verschiedenen (der Entscheidung des Berufungsgerichtes zu entnehmenden) Liegenschaftsanteilen der Liegenschaft EZ 2***** Grundbuch 6***** E*****, mit denen jeweils Ehegattenwohnungseigentum (zu Gunsten des Norbert und der Wienczyslawa S*****) verbunden war sowie der "darauffolgenden Zwischeneintragungen". Der Verbücherung des Eigentumsrechtes zu Gunsten der Erstbeklagten hafte ein "innerer materiellrechtlicher Fehler an".

Die Zweitbeklagte, die von der Erstbeklagten Bestandrechte an den erwähnten Liegenschaftsanteilen erworben habe, habe diese Bestandrechte mit Wirkung bis zum 9. 3. 2022 grundbücherlich einverleiben lassen. Sie sei hinsichtlich "der gegenständlichen Eintragungen nicht gutgläubig" gewesen.

Die klagende Partei sei zwar nie grundbücherliche Eigentümerin gewesen, doch sei ihr der Löschungsanspruch von Norbert und Wienczyslawa S***** abgetreten worden.

Im ersten Rechtsgang wurde das gesamte Klagebegehren abgewiesen (ON 30).

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück (ON 34). Es erachtete - unter anderem - noch ergänzende Feststellungen für erforderlich, auf Grund welchen Titels die Einverleibung der Bestandrechte erfolgte sowie, inwieweit "Schlechtgläubigkeit" bei Erwerb der Bestandrechte durch die Zweitbeklagte vorgelegen sei.

Der Oberste Gerichtshof trat diesem Aufhebungsbeschluss nicht entgegen (2 Ob 511/96).

Im fortgesetzten Verfahren verwies die damalige Klagevertreterin auf einen Mietvertrag zwischen den beklagten Parteien vom 9. 3. 1992, auf Grund dessen die Verbücherung der Bestandrechte erfolgt sei (Bd I, AS 241).

Nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der erstbeklagten Partei anerkannte der Masseverwalter das gegen diese gerichtete Löschungsbegehren (auf Löschung der Einverleibung des Eigentumsrechtes), worauf über die noch im Konkursverfahren verbleibenden Liegenschaftsanteile ein Teilanerkenntnisurteil im klagestattgebenden Sinn gefällt wurde (Bd I AS 311), das in Rechtskraft erwuchs.

Im zweiten Rechtsgang gab das Erstgericht dem - verbliebenen - Löschungsbegehren auf Löschung der grundbücherlich einverleibten Bestandrechte zu Gunsten der Zweitbeklagten statt (ON 80). Dieses Urteil wurde mit Beschluss des Berufungsgerichtes (ON 87) neuerlich aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Prüfung auch der "Schlechtgläubigkeit" der Zweitbeklagten bei Abschluss (bzw bei Antrag auf Einverleibung) der Bestandrechte aufgetragen. Ein (zugelassener) Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde nicht erhoben.

Mit Endurteil (ON 122) wies das Erstgericht das Begehren auf Löschung der eingetragenen (soweit noch verfahrensgegenständlichen) Bestandrechte neuerlich ab.

Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht dem Löschungsbegehren hinsichtlich der grundbücherlich einverleibten Bestandrechte auf den noch streitverfangenen Liegenschaftsanteilen statt und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es verwies auf die Entscheidung 4 Ob 241/01x, mit der einem Räumungsbegehren des Norbert und der Wienczyslawa S***** gegen die auch hier zweitbeklagte Partei hinsichtlich der auch hier streitgegenständlichen Liegenschaftsanteile stattgegeben wurde. Diesem Räumungsbegehren sei zu Grunde gelegen, dass die vormalige Erstbeklagte die strittigen Appartements mit Mietvertrag vom 9. 3. 1992 auf die Dauer von 30 Jahren vermietet habe, dass aber diese Bestandrechte vom Nichtberechtigten erworben worden seien. Die Rechtsansicht, der nicht am Vertrag berechtigte Verfügungsberechtigte könne den von ihm aus gesehen titellos benützenden Bestandnehmer vom Gebrauch der Räume ausschließen, ihn also auf Räumung klagen, sei vom Obersten Gerichtshof geteilt worden. Müsse der ursprünglich erste Bestandnehmer wegen Wegfalls des Eigentums seines Bestandgebers dem berechtigten Räumungskläger weichen, so verliere auch die zu seinen Gunsten erfolgte Verbücherung des Bestandrechtes jegliche Bedeutung. Auf den guten Glauben (am Erwerb des Bestandrechtes) komme es dann nicht mehr an, wenn der festgestellte Anspruch nicht mehr bestehe. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage des Beseitigungsanspruches gegen den Dritten, der gutgläubig ein Bestandrecht an der "Pfandsache" erworben habe, uneinheitliche Rechtsprechung bestehe (vgl 4 Ob 241/01x; 8 Ob 254/99g, 9 Ob 189/00k).

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der zweitbeklagten Partei ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage - der entgegenstehende Ausspruch des Berufungsgerichtes ist nicht bindend - unzulässig. Vorauszuschicken ist, dass der hier von der klagenden Partei geltend gemachte Löschungsanspruch - soweit noch verfahrensgegenständlich - von den ursprünglichen Liegenschafts- und Wohnungseigentümern Norbert und Wienczyslawa S***** der hier klagenden Partei abgetreten wurde. Insoweit liegt Einzelrechtsnachfolge bei der klagenden Partei vor, das zu beurteilende Rechtsverhältnis ist jedoch dasselbe, welches der Entscheidung 4 Ob 241/01x zugrundegelegen ist. Im letzteren Verfahren wurde auch ausdrücklich ausgesprochen, dass Norbert und Wienczyslawa S***** zur Einbringung der Räumungsklage auf Grund des damaligen Buchstandes befugt waren (der dem Urteil 4 Ob 241/01x vorausgegangene Aufhebungsbeschluss 4 Ob 320/00p).

Im Vorprozess wurde der gegen die zweitbeklagte Partei gerichteten Räumungsklage wegen titelloser Benützung rechtskräftig stattgegeben; der Bestandvertrag, auf den sie sich bezog, konnte dem Verfügungsberechtigten nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, weil sie die Bestandrechte bloß von einem nicht Verfügungsberechtigten erworben hatte.

Das im Vorprozess ergangene rechtskräftige Urteil entfaltet Tatbestandswirkung auf andere als die im Rechtsstreit verfangenen Ansprüche (privatrechtliche Nebenwirkungen), die nicht ausdrücklich verfügt werden (vgl Rechberger, ZPO² Rz 24 und 36 vor § 390, RIS-Justiz RS0039843; Fasching LB² Rz 1565). Ist der wahre Verfügungsberechtigte an den vom nicht Verfügungsberechtigten abgeschlossenen Bestandvertrag nicht gebunden und hatte er mit seiner Räumungsklage bereits endgültig Erfolg, dann kann er (oder sein Rechtsnachfolger) vom "Mieter" auch die Löschung des vom Nichtberechtigten erworbenen verbücherten Bestandrechts fordern, unabhängig davon, ob es der "Mieter" gutgläubig erworben hat. Auf die vom Berufungsgericht vorgelegte Frage kommt es daher im konkreten Fall nicht an.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO, weil auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen wurde.

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