JudikaturOGH

2Ob95/04s – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. April 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann P*****, vertreten durch Reinisch Wisiak, Rechtsanwälte OEG in Leibnitz, gegen die beklagten Parteien 1. DI Andreas N*****, und 2. D*****-AG, ***** beide vertreten durch Dr. Peter Schlösser und Dr. Christian Schoberl, Rechtsanwälte in Graz, wegen EUR 2.081 sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 14. Jänner 2004, GZ 17 R 217/03m-34, womit die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 15. September 2003, GZ 3 C 1364/02w-25, idF des Berichtigungsbeschlusses vom 3. Oktober 2003, GZ 3 C 1364/02w-28, als verspätet zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

Dem Berufungsgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach

allfälliger Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Das Erstgericht stellte mit Urteil vom 15. 9. 2003 (ON 25) die Klageforderung mit EUR 492,66 als zu Recht und die Gegenforderung bis "zumindest" zur Höhe der Klageforderung als zu Recht bestehend fest und wies das Klagebegehren ab. Es erkannte die klagende Partei weiters schuldig, den beklagten Parteien die mit EUR 1.068,38 bestimmten Prozesskosten zu ersetzen. Das Urteil wurde am 23. 9. 2003 abgefertigt und langte in der Kanzlei des Klagevertreters am 25. September 2003 ein.

Im Akt findet sich weiters ein Urteil vom 15. 9. 2003 (ON 27) mit dem handschriftlichen Vermerk auf der ersten Seite: "Berichtigte - um Vorbringen der beklagten Parteien ergänzte - Ausfertigung". In diesem Urteil ON 27 wurden nur die Einwendungen der beklagten Parteien eingefügt, der übrige Teil dieses Urteil ist wörtlich ident mit dem Urteil ON 25. Das Urteil ON 27 wurde dem Klagevertreter am 7. Oktober 2003 zugestellt.

In weiterer Folge fasste das Erstgericht einen Berichtigungsbeschluss vom 3. 10. 2003 (ON 28), womit die Kosten der beklagten Parteien von EUR 1.068,38 auf EUR 1.868,38 berichtigt wurden. Dieser Beschluss wurde dem Klagevertreter am 23. 10. 2003 zugestellt. Am 4. 11. 2003 wurde die Berufung der klagenden Partei zur Post gegeben und langte am 5. 11. 2003 beim Erstgericht ein. Das Berufungsgericht wies die Berufung als verspätet zurück, weil der Rechtsmittelwerber auch ohne Berichtigung über den wirklichen Inhalt der Entscheidung nicht in Zweifel habe sein können. Im Urteil ON 27 sei lediglich das Vorbringen der beklagten Partei eingefügt worden; dies sei für die Bekämpfung des Urteiles nicht wesentlich. Auch durch die Zustellung des Berichtigungsbeschlusses habe eine neue Rechtsmittelfrist nicht zu laufen begnnen, weil dem Rechtsmittelwerber aufgrund des Berichtigungsbeschlusses klar sein musste, dass nur eine Berichtigung im Kostenpunkt vorgenommen werde. Der Rechtsmittelwerber macht in seinem Rekurs gegen die Zurückweisung der Berufung als verspätet geltend, in seiner Kanzlei sei noch vor Zustellung des Urteiles ON 25 vom Erstgericht angerufen worden und um sofortige Rücksendung des Urteiles ersucht worden, weil eine Berichtigung vorzunehmen sei. Es sei dabei aber nicht mitgeteilt worden, welcher Art diese Berichtigung sein solle.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Zurückweisung der Berufung gerichtete Rekurs der klagenden Partei ist zulässig und berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes beginnt mit der Zustellung der berichtigten Urteilsausfertigung eine neue Rechtsmittelfrist zu laufen, es sei denn, der Rechtsmittelwerber konnte auch ohne Berichtigung über den wirklichen Inhalt der Entscheidung nicht in Zweifel sein (2 Ob 61/00k; 6 Ob 95/02t). Sollten die Angaben der Klagevertreter, vom Erstgericht sei um Rücksendung des - noch gar nicht zugestellten - Urteils ON 25 ersucht worden, weil eine Berichtigung vorzunehmen sei, zutreffen, dann war keineswegs evident, in welcher Weise das Urteil berichtigt werden sollte. Darüber hinaus wurden den Angaben der Klagevertreter nach das Urteil ON 25 bereits vor Zustellung zurückgefordert. Sollte dies zutreffen, dann kann dies nur als Widerruf der Zustellung bzw der Zustellverfügung (§ 89 ZPO) angesehen werden, weshalb die Klagevertreter der Meinung sein durften, der später erfolgte Zustellvorgang am 25. 9. 2003 werde keine Rechtswirkungen entfalten (vgl 6 Ob 95/02t bei einem vergleichbaren Sachverhalt). Das Berufungsgericht wird daher nach allfälliger Durchführung ergänzender Erhebungen eine neuerliche Entscheidung zu fällen haben. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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