JudikaturOGH

6Nc9/04g – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. April 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber und Dr. Prückner als weitere Richter in der beim Bezirksgericht Salzburg zu 2 P 75/98y anhängigen Pflegschaftssache des mj Andrea Nikolas S*****, in Obsorge der Mutter Margarethe Astrid S*****, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die mit Beschluss des Bezirksgerichtes Salzburg vom 5. 3. 2004, GZ 2 P 75/98y-74, ausgesprochene Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Spittal an der Drau wird genehmigt.

Text

Begründung:

Das Bezirksgericht Salzburg führt seit März 1998 die Pflegschaftssache des am 10. 11. 1994 geborenen Kindes, das im Haushalt der obsorgeberechtigten Mutter wohnt. Der Vater, ein italienischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Italien, hat die Vaterschaft anerkannt. Die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters betrug zuletzt 159,88 EUR. Der Jugendwohlfahrtsträger ist Unterhaltssachwalter. Dem Kind wurden Unterhaltsvorschüsse bewilligt. Über einen Unterhaltserhöhungsantrag des Kindes auf monatlich 250 EUR vom 29. 8. 2002 wurde noch nicht entschieden. Der für die Unterhaltsentscheidungen maßgebliche Sachverhalt wurde bisher im Rechtshilfeweg erhoben. Am 18. 2. 2004 teilte der Unterhaltssachwalter dem Pflegschaftsgericht mit, dass die Mutter ihren Wohnsitz nach Kolbnitz, in den Sprengel des Bezirksgerichtes Spittal an der Drau verlegt hat.

Der Rechtspfleger des Bezirksgerichtes Salzburg übertrug im Hinblick auf diese Wohnsitzverlegung die Pflegschaftssache gemäß § 111 Abs 1 JN an das Bezirksgericht Spittal an der Drau. Dieses lehnte mit Beschluss vom 11. 3. 2004 die Übernahme der Pflegschaftssache mit der Begründung ab, dass der Rechtspfleger für die Übertragung der Zuständigkeit nicht entscheidungsbefugt sei und dass verschiedene Anträge und Entscheidungen (über Gebühren und Kosten) noch offen seien.

Die Übertragung der Pflegschaftssache ist zu genehmigen (§ 111 Abs 2 Satz 2 JN):

Rechtliche Beurteilung

Offene Anträge sprechen im Allgemeinen nicht gegen eine Zuständigkeitsübertragung (RIS-Justiz RS0047032). Die Weiterführung der Pflegschaftssache durch das bisher befasste Gericht ist nur dann zweckmäßig, wenn das übertragende Gericht schon Vernehmungen durchgeführt und sich aufgrund seines persönlichen Eindrucks schon besondere Sachkenntnisse verschafft hat (3 Nc 32/03s). Dies ist hier nicht der Fall, weil die maßgeblichen Erhebungen über die Verhältnisse des unterhaltspflichtigen Vaters im Rechtshilfeweg durchzuführen sind. Es entspricht in der Regel den Interessen des Kindes, wenn das Gericht als Pflegschaftsgericht tätig wird, in dessen Sprengel der Aufenthalt des Kindes und der dadurch bestimmte Mittelpunkt seiner Lebensführung liegt (RS0047300).

§ 19 Abs 1 Z 1 des Rechtspflegergesetzes (RPflG) räumt dem Rechtspfleger in Pflegschaftssachen einen umfassenden Wirkungskreis mit Ausnahme der im Abs 2 angeführten, dem Richter vorbehaltenen Angelegenheiten ein. Die Übertragung der Zuständigkeit gemäß § 111 JN fällt danach in den Wirkungskreis des Rechtspflegers.

Rückverweise