JudikaturOGH

2Ob277/03d – OGH Entscheidung

Entscheidung
01. April 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Milan L*****, vertreten durch Dr. Matthias Bacher, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei W***** L***** GmbH Co KG, ***** vertreten durch Dr. Georg Mittermayer, Rechtsanwalt in Wien, sowie der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei H***** GmbH Co KG, ***** vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 16.868,81 und Feststellung (Streitwert EUR 3.633,64), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 22. September 2003, GZ 16 R 80/03g-30, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Für die Beurteilung der Haftung der beklagten Partei ist auf das am 1. 7. 1999 in Kraft getretene, die Baustellen-Richtlinie umsetzende Bauarbeitenkoordinations- gesetz (BauKG) BGBl I 37/1999 Bedacht zu nehmen. Ziel dieses Gesetzes ist es gemäß seinem § 1 Abs 1, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer auf Baustellen durch die Koordinierung bei der Vorbereitung und Durchführung von Bauarbeiten zu gewährleisten. Über die gemäß § 1 Abs 5 BauKG unberührt bleibenden Verpflichtungen der Arbeitgeber, nach dem ASchG für Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer während der Arbeit zu sorgen, hinaus sollen Pflichten primär der Bauherren sowie der von ihm mit der Erfüllung von (ursprünglich) Bauherrenpflichten betrauten Baukoordinatoren begründet werden. Den Baustellenkoordinator treffen im Interesse des Arbeitnehmerschutzes umfangreiche, in § 5 BauKG ausführlich beschriebene Koordinations-, Organisations-, Überwachungs- und Informationspflichten. Stellt er bei Besichtigungen der Baustelle Gefahren für Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer fest, hat er gemäß § 5 Abs 4 BauKG unverzüglich den Bauherrn (oder den Projektleiter) sowie die Arbeitgeber (und die allenfalls auf der Baustelle tätigen Selbstständigen) zu informieren; werden die Missstände nicht beseitigt, kann er sich an das Arbeitsinspektorat wenden. Die früher auf die Fürsorgepflicht des Werkbestellers gestützte Koordinationspflicht des Bauherrn wird nunmehr im Regelungsbereich des BauKG durch dieses Schutzgesetz konkretisiert; das BauKG als lex specialis verdrängt insoweit den bisherigen Ansatz bei § 1169 ABGB. Hat der Bauherr einen Baustellenkoordinator bestellt, so trifft ihne keine Gehilfenhaftung, weil der Baustellenkoordinator eigenverantwortlich eigene gesetzliche Pflichten erfüllt; der Bauherr haftet dann nur für Auswahlverschulden. Den Bauherrn treffen aus dem BauKG daher zusätzliche gesetzliche Pflichten und Kosten, er hat aber die Möglichkeit, sich durch die Bestellung geeigneter Beauftragter von der Haftung zu befreien (2 Ob 272/03v mit ausführlicher Begründung und weiteren Nachweisen).

Im vorliegenden Fall hat die beklagte Partei die Nebenintervenientin als Baustellenkoordinator bestellt. Soweit in der Revision geltend gemacht wird, die beklagte Partei habe die den Werkbesteller treffende Fürsorgepflicht verletzt, kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Anhaltspunkte für ein Auswahlverschulden der beklagten Partei oder für eine außerhalb des Regelungsbereiches des BauKG gelegene Verletzung von Fürsorgepflichten haben sich nach der Aktenlage nicht ergeben. Normadressat des ASchG ist grundsätzlich der Arbeitgeber und nicht der Bauherr.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen weicht daher im Ergebnis von Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (2 Ob 272/03v) nicht ab.

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