10Ob43/03a – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Mag. Franz A*****, und
2.) Joachim A*****, beide vertreten durch Rechtsanwälte Hofstätter Kohlfürst OEG in Graz, gegen die beklagte Partei Dr. Karlheinz G*****, vertreten durch Dr. Gunter Griss, Rechtsanwalt in Graz, wegen EUR 36.336,42 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 24. Juni 2003, GZ 5 R 77/03p-38, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Zur Haftung eines berufsmäßigen Vertragserrichters (Rechtsanwalt oder Notar) existiert eine umfangreiche Rechtsprechung (vgl RIS-Justiz RS0023549, RS0026349, RS0026380, RS0026390, RS0026419; Reischauer in Rummel2 § 1299 ABGB Rz 18 mwN). Er hat im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren die Parteien über die rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der einzelnen Vereinbarungen zu belehren, über bestehende Risken aufzuklären und allfällige ungünstige wirtschaftliche Entwicklungen von Vertragspartnern zu berücksichtigen. Wieweit die Aufklärungs- und Belehrungspflicht jeweils reicht, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, weshalb insoweit in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt (8 Ob 174/01y; 4 Ob 184/01i; 2 Ob 178/00s uva). Auch bei der Frage, ob ein Rechtsanwalt oder Notar bei der Abwicklung eines Treuhandauftrages seiner Sorgfaltspflicht (§ 1299 ABGB) nachgekommen ist, handelt es sich stets um einen Einzelfall, da es immer auf die jeweilige konkrete Vereinbarung und Vertragssituation ankommt (vgl RIS-Justiz RS0107573).
Eine zu einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof Anlass gebende Fehlbeurteilung des Verhaltens des Beklagten ist hier nicht zu erkennen. Mit Recht hat bereits das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass in dem vom Beklagten zum Kaufvertrag vom 26. 7. 1995 verfassten Nachtrag vom 17. 10. 1995 zum Zweck der Sicherstellung für den nicht bar zu zahlenden Kaufpreisteil mehrere Sicherungsmittel vorgesehen waren, wobei in Punkt V des Nachtrages die Rechtswirksamkeit des Kaufvertrages von einer vom Beklagten abzugebenden Erklärung abhängig gemacht wurde, dass alle in dieser Urkunde vereinbarten Vertragsverpflichtungen und -bedingungen erfüllt sind. Eine Verbücherung des vom Beklagten zu einer einzigen Urkunde verbundenen (von den Klägern nicht unterfertigten) Kaufvertrages vom 26. 7. 1995 mit dem allseitig beglaubigt unterfertigten Nachtrag vom 17. 10. 1995, welche vom Beklagten im Einvernehmen mit den Klägern den Geschäftsführer der Käuferin ausgefolgt wurde, hätte somit nur dann erfolgen können, wenn der Beklagte hiezu im Sinne des Punktes V des Nachtrages seine Zustimmung erteilt hätte. Damit, dass die Kläger in der Folge ohne Kenntnis und Mitwirkung des Beklagten bei einem Rechtsanwalt errichtet und bei einem anderen Notar eine Abänderung dieses vom Beklagten verfassten Nachtrages unterfertigt haben, welche schließlich zur Verbücherung des Rechtsgeschäftes führte, musste der Beklagte, der nach den Feststellungen die von ihm im Nachtrag im Einzelnen vorgesehenen Sicherungsmittel dem (auch als Vertreter des Zweitklägers) aufgetretenen Erstkläger dargelegt und mit ihm besprochen hatte, nicht rechnen. Soweit die Kläger in ihrer Zulassungsbeschwerde geltend machen, der Beklagte wäre verpflichtet gewesen, sie darüber zu informieren, dass mit der Verbindung der beiden genannten Urkunden eine einheitliche und nunmehr verbücherungsfähige Urkunde entstanden sei, somit nur noch ein einziges Sicherungsmittel, nämlich die in Punkt V des Nachtrages vorgesehene Erklärung des Notars gegenüber dem Grundbuchsgericht, übrig geblieben sei und daher eine auch nur geringfügige Abänderung dieses Punktes im Nachtrag zur sofortigen Verbücherbarkeit des Kaufvertrages führen könne, ist ihnen entgegenzuhalten, dass ihnen schon aufgrund der Präambel des Nachtrages vom 16. 11. 1995 bewusst sein musste, dass die vom Beklagten im Nachtrag vom 17. 10. 1995 vorgesehenen Sicherungsmittel damit zur Gänze außer Kraft gesetzt wurden. Danach erklären nämlich die Vertragsparteien "hiemit einvernehmlich, den Nachtrag vom 17. 10. 1995 vollinhaltlich aufzuheben und ihn gleichzeitig im Folgenden so neu zu formulieren, dass damit eine umfassende Willenseinigung unter den Vertragsparteien des Kaufvertrages vom 26. 7. 1995 eintritt und die Urkunde damit von beiden Seiten beglaubigt unterfertigt werden kann". Für den Entschluss der Kläger, den vom Beklagten zur Sicherstellung für den nicht bar zu zahlenden Kaufpreisteil verfassten Nachtrag vom 17. 10. 1995 unter Umgehung des Beklagten abzuändern, wäre der Beklagte aber nur dann verantwortlich, wenn diese Vorgehensweise auf einer fehlenden oder falschen Belehrung durch den Beklagten beruhte (vgl RIS-Justiz RS0026560). Wenn die Vorinstanzen bei der geschilderten Sachlage jedoch - auch im Hinblick auf die neuerliche Vorsprache des Erstklägers beim Beklagten am 19. 1. 1996 - das Vorliegen einer Verletzung der Sorgfaltspflicht vermeint haben kann darin keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung erblickt werden.