10Ob29/03t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bernd K*****, ohne Beschäftigung, ***** vertreten durch Dr. Michael Augustin und Mag. Peter Haslinger, Rechtsanwälte in Leoben, gegen die beklagte Partei Maria K*****, vertreten durch Dr. Gerhard Strobich, Rechtsanwalt in Trofaiach, wegen Ehescheidung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Berufungsgericht vom 29. April 2003, GZ 2 R 62/03x 35, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Leoben vom 29. Jänner 2003, GZ 19 C 41/02x 25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen, die insoweit aufrecht bleiben, als sie die Ehe der Streitteile aus deren beiderseitigem Verschulden scheiden, werden im Übrigen aufgehoben.
Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung über das behauptete, das gleichteilige Verschulden übersteigende Mitverschulden des Klägers an der Zerrüttung der Ehe an die erste Instanz zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Streitteile haben am 31. 7. 1994 geheiratet. Es war beiderseits die zweite Ehe. Der Ehe entstammen keine Kinder.
Mit seiner am 18. 2. 2002 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Scheidung seiner Ehe aus dem Alleinverschulden, zumindest jedoch aus dem überwiegenden Verschulden der Beklagten. Diese habe durch ihr Verhalten die Ehe unheilbar zerrüttet. Als der Kläger einen Großteil seiner Abfertigung durch Spekulationen mit Aktien verloren habe, habe die Klägerin den Beklagten bei einem heftigen Streit im April 2001 verbal attackiert und Geschirr nach ihm geworfen. Im Herbst 2001 sei es zu weiteren Eskalationen gekommen. Die Beklagte habe daraufhin zu erkennen gegeben, dass ihr an der Person des Klägers nichts liege. Der Kläger sei im Oktober 2001 aus der Ehewohnung ausgezogen, nachdem er durch das Verhalten der Beklagten hinausgeekelt worden sei. Die Ehe sei zu diesem Zeitpunkt bereits unheilbar zerrüttet gewesen. Die Beklagte habe in dem ihm gehörenden Haus, der früheren Ehewohnung, absichtlich Überschwemmungen verursacht. Schließlich habe sie persönliche Gegenstände des Klägers an sich genommen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, hilfsweise die Scheidung aus dem überwiegenden Verschulden des Klägers. Sie wendete im Wesentlichen ein, der Kläger habe sich entgegen der ursprünglichen Vereinbarung nach Beendigung seiner Berufstätigkeit wirtschaftlich nicht eingeschränkt. Er sei trotz seiner Zusicherung, er werde die Abfertigung in gut verzinslichen Wertpapieren so anlegen, dass der gemeinsame Lebensabend gesichert sei, bei der Anlegung des Kapitals überhaupt nicht vorsichtig vorgegangen. Der Kläger habe ihr grundlos die Bankomatkarte entzogen. Von einem in die Ehe mitgebrachten Sparbuch der Beklagten habe der Kläger S 50.000 abgehoben. Außerdem habe er zwei Sparbücher der Beklagten mit einem Guthaben von S 300.000 fälschlich als verloren gemeldet, so dass sie über das Geld nicht habe verfügen können. Seit Oktober 2001 habe er für sie keinen Unterhalt geleistet. Als sie Sozialhilfe bezogen habe, habe er sie bei der Bezirkshauptmannschaft Leoben mit der Begründung angezeigt, sie verfüge ohnehin über Ersparnisse, weshalb ihr keine Sozialhilfe zustehe. Der Kläger habe die Ehewohnung grundlos verlassen und kehre nur zurück, um die Beklagte zu beschimpfen und zu bedrohen. Im Winter habe er an der Heizung manipuliert, so dass diese ausgefallen sei. Außerdem nehme er Gegenstände an sich, die ihm nicht gehörten.
Das Erstgericht schied die Ehe aus dem gleichteiligen Verschulden der Streitteile und traf zusammengefasst im Wesentlichen folgende Feststellungen:
Während die Beklagte selbst nie berufstätig war, war der Kläger bis Jahresende 1999 als Außendienstmitarbeiter bei einer Pharmafirma beschäftigt. Bei seinem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis erhielt er eine Abfertigung in Höhe von S 1,6 Mio. Davon investierte er einen Teilbetrag von ca S 1,1 Mio in Aktienkäufe, wobei er die Beklagte darüber nicht informierte. Nach seinem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis bezog der Kläger zunächst Arbeitslosenunterstützung in Höhe von ca S 15.300 monatlich und in der Folge Notstandsunterstützung in Höhe von S 13.200 monatlich. Trotz dieser geringen Einkünfte führten die Streitteile ein ausschweifendes Leben und verbrachten beispielsweise einen Schiurlaub in St. Moritz. Die Beklagte erhielt vom Kläger immer Unterhalt und Wirtschaftsgeld. Nach seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben vereinbarten die Streitteile einen Betrag in Höhe von S 7.000 monatlich, mit welchem die Beklagte den Haushalt führen sollte. Dieses Wirtschaftsgeld reichte aus.
Nach anfänglich harmonischem Verlauf der Ehe gab es seit Anfang bzw Mitte 2001 größere Probleme. Als die Beklagte von Verlusten bei der veranlagten Abfertigung erfuhr, fürchtete sie um die weitere finanzielle Zukunft und machte dem Kläger schwere Vorwürfe. Es kam zu einem Streit, der nur mit Hilfe von Verwandten und Bekannten wieder geschlichtet werden konnte. Die Streitteile wohnten, nachdem der Verlust der Abfertigung der Beklagten bekannt geworden war, weitere zwei Monate zusammen und schoben das Problem vor sich her, bis es wieder zu einem Wortwechsel kam, bei welchem die Beklagte den Kläger verbal attackierte. Der Kläger wurde regelrecht aus dem Haus geekelt und verließ bereits Ende 2001 die gemeinsame Ehewohnung. Seit diesem Zeitpunkt hielt sich der Kläger nur noch sporadisch in der Ehewohnung auf und er führte zu dieser Zeit mit der Beklagten kaum mehr Gespräche, da diese immer im Streit endeten. Die Streitteile beschimpften sich dabei gegenseitig.
Im September 2001 wurde auf Wunsch des Klägers die Bankomatkarte der Beklagten eingezogen. Ab Oktober 2001 erhielt die Beklagte vom Kläger keinen Unterhalt in Form von Geld und kein Wirtschaftsgeld mehr. Sie beantragte daraufhin die Gewährung einer Sozialhilfe, welche bewilligt wurde, sodass sie bis Juli 2002 Sozialhilfe von monatlich EUR 278,32 erhielt. Der Kläger machte bei der Bezirkshauptmannschaft Leoben einen Einspruch mit der Behauptung, die Beklagte habe ein Sparguthaben in Höhe von S 300.000. Die Bezirkshauptmannschaft Leoben entzog daraufhin der Beklagten die Sozialhilfe mit 1. 8. 2002, sodass die Beklagte in der Folge mit einem monatlichen Unterhalt von EUR 180 auskommen musste, welchen der Kläger leistete. Der Kläger zahlte weiterhin alle Betriebskosten.
Die Beklagte brachte ein Sparguthaben in Höhe von S 80.000 in die Ehe ein, welches sie in einem Safe bei der Volksbank Trofaiach deponierte. Von diesem Sparbuch hob der Kläger ohne ihr Wissen S 50.000 ab. Weiters brachte die Beklagte einen Geldbetrag in Höhe von S 300.000 in die Ehe ein. Diesen Betrag legte der Kläger auf zwei Sparbücher an. Als die Schwester der Beklagten das Geld über Ersuchen der Beklagten am 25. 10. 2001 abheben wollte, entzog man ihr bei der Bank beide Sparbücher, da sie als verloren gemeldet galten. Diese Meldung hatte der Kläger erstattet.
Die Beklagte, die die gemeinsame Ehewohnung seit dem Auszug des Klägers allein bewohnt, verursachte in dem von ihr allein bewohnten Bad und WC, welche ein gemeinsames Abflussrohr haben, Verstopfungen, indem sie Gegenstände (wie Damenbinden) im WC hinunterspülte. Die Beklagte unterließ vorerst die Beseitigung der Verstopfung, so dass es in der Folge zu Überschwemmungen des Kellers und der angrenzenden Garage kam. Der Kläger war insofern an dieser Überschwemmung mitverantwortlich, als er die Wasserhähne aufgedreht ließ. Außerdem manipulierte er die Heizung, weshalb die Beklagte einen Installateur holen musste.
Am Abend des 21. 1. 2002 provozierte die Beklagte den Kläger, indem sie ihn als "blade Sau mit ihrem fetten Arsch" bezeichnete. In weiterer Folge bedrohte die Beklagte den Kläger mit einem Messer. Der Kläger zeigte diesen Vorfall bei der Gendarmerie an; die Anzeige wurde von der Staatsanwaltschaft Leoben gemäß § 90 Abs 1 StPO zurückgelegt.
Die Streitteile entziehen sich gegenseitig Gegenstände, welche jeweils im Eigentum des anderen stehen.
Der Kläger, der im Rotlichtmilieu einen Betrag von S 100.000 ausgegeben hat, unterhielt eine ehestörende Beziehung zu einer fremden Frau, wobei diese Beziehung vom Kläger allerdings erst zu einem Zeitpunkt eingegangen wurde, zu welchem die Ehe bereits so tief zerrüttet war, dass eine Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden konnte.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, dass der Beklagten als Eheverfehlungen ihr andauerndes liebloses, gleichgültiges und geradezu feindseliges Verhalten, ihre nicht milieubedingten Beschimpfungen und die eigenmächtige Verfügung über den Hausrat anzulasten seien, während dem Kläger die außereheliche Beziehung, die häufigen Besuche einer Prostituierten, die Vernachlässigung der Unterhaltspflicht, das eigenmächtige Abheben von Spareinlagen und die Erstattung von unbegründeten Anzeigen bei der Gendarmerie vorzuwerfen seien. Bei einer Verschuldensabwägung sei das gesamte Verhalten der Ehegatten maßgebend, sodass von einem etwa gleichteiligen Verschulden auszugehen sei.
Die Berufung der Beklagten, mit der diese die Abweisung der Klage, in eventu den Ausspruch des überwiegenden Verschuldens des Klägers anstrebte, wurde im Umfang der geltend gemachten Nichtigkeit verworfen. Im Übrigen wurde der Berufung keine Folge gegeben. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und teilte auch dessen rechtliche Beurteilung. Es ging davon aus, dass die unheilbare Zerrüttung der Ehe vor dem Auszug des Klägers aus der Ehewohnung eingetreten sei. Die Streitigkeiten hätten zu dieser Zeit ein Ausmaß erreicht, das ein weiteres Zusammenleben der Ehegatten nicht mehr möglich habe erscheinen lassen. Dem Kläger sei bis zu diesem Zeitpunkt die spekulative Veranlagung eines Großteils der als Überbrückungshilfe gedachten Abfertigung ohne Wissen der Beklagten, der Beklagten hingegen eine übertriebene und gehässige Reaktion auf seine Mitteilung über die eingetretenen Kursverluste vorzuwerfen. Auch wenn eine solche einmalige Reaktion angesichts der enttäuschten Erwartung der Beklagten ganz verständlich gewesen wäre, ließen ihre fortgesetzten Beschimpfungen auf ein erhebliches Schwinden ihres Ehewillens schließen.
Selbst wenn man den Eintritt der unheilbaren Zerrüttung der Ehe erst mit Jahresende 2001 annehmen wollte, würde sich am Ergebnis nichts ändern. Auf Seiten des Klägers käme zwar die Unterhaltsverletzung hinzu (allerdings habe der Kläger zumindest die Betriebskosten für das von der Beklagten bewohnte Haus getragen), andererseits würde aber sein Vertrauensbruch (Investition in Aktien ohne Wissen der Beklagten) wegen der unter Mithilfe von Verwandten und Bekannten erfolgten Streitschlichtung wieder etwas an Bedeutung verlieren. Der Auszug aus der Ehewohnung sei ihm jedenfalls nicht als Verschulden anzulasten, da er von der Beklagten hinausgeekelt worden sei. Insgesamt würden sich die Gewichte nicht entscheidend zum Nachteil des Klägers verschieben.
Die ordentliche Revision sei mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Dieses Urteil bekämpft die Beklagte mit ihrer auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten außerordentlichen Revision, mit der sie in erster Linie die Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichtes dahin begehrt, dass das überwiegende Verschulden des Klägers an der Zerrüttung der Ehe festgestellt werde; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen bzw ihr keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Frage des Zeitpunktes der unheilbaren Zerrüttung der Ehe beurteilt hat, obwohl es für diese Beurteilung an hinreichenden Feststellungen fehlt.
Die Revision ist im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr die Frage, ob dem Kläger ein gleichteiliges oder überwiegendes Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft, wogegen das angefochtene Urteil im Ausspruch über die Scheidung und darüber, dass die Beklagte daran ein Verschulden trifft, in Rechtskraft erwachsen ist (9 Ob 258/01h, 2 Ob 572/86, 1 Ob 543/85 ua).
Nach § 49 EheG kann eine Ehe geschieden werden, wenn sie durch eine schwere Eheverfehlung unheilbar zerrüttet ist. Unheilbar ist eine Ehe zerrüttet, wenn die geistige, seelische und körperliche Gemeinschaft zwischen den Ehegatten objektiv und wenigstens bei einem Ehegatten auch subjektiv zu bestehen aufgehört hat (RIS Justiz RS0056832). Es entspricht weiters der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer neuen Verfehlung und der Zerrüttung im Allgemeinen nicht vorhanden ist, wenn die Ehe so tief zerrüttet ist, dass eine weitere Zerrüttung nicht mehr eintreten konnte (RIS Justiz RS0056939; RS0056921). Solange aber eine Ehe nicht unheilbar zerrüttet ist, sind Eheverfehlungen beachtlich, weil auch eine schon zerrüttete Ehe weiter zerrüttet werden kann (RIS Justiz RS0056887 [T5]).
Entscheidende Bedeutung bei der Verschuldensabwägung kommt daher im vorliegenden Fall der Frage zu, wann die unheilbare Zerrüttung der Ehe eingetreten ist. Während die Wertung, ob die wesentliche Grundlage für die Fortführung der Ehe bei einem Teil subjektiv zu bestehen aufgehört hat, dem irrevisiblen Tatsachenbereich zuzurechnen ist (EFSlg 87.457 mwN), stellt die Frage, ob die Ehe objektiv unheilbar zerrüttet ist, eine aufgrund der tatsächlichen Feststellungen nach objektiven Maßstäben zu beurteilende Rechtsfrage dar (EFSlg 87.456; 78.636 uva; RIS Justiz RS0043423; RS0043432).
Das Erstgericht hat ausgehend von seiner unrichtigen - Rechtsansicht, für die Verschuldensabwägung sei das gesamte Verhalten der Ehegatten - unabhängig vom Zeitpunkt des Eintrittes der Zerrüttung der Ehe maßgebend, keine Feststellungen dahin getroffen, zu welchem Zeitpunkt in subjektiver Hinsicht der Kläger jegliche eheliche Gesinnung verloren hat, und es hat auch die festgestellten Eheverfehlungen der Streitteile in zeitlicher Hinsicht nicht so exakt eingeordnet, dass eine Beurteilung der Frage, wann die unheilbare Zerrüttung der Ehe eingetreten ist, nach objektiven Maßstäben möglich wäre. Dies zeigt sich schon darin, dass das Berufungsgericht den Zeitpunkt der unheilbaren Zerrüttung der Ehe mit dem Auszug des Klägers aus der Ehewohnung angenommen hat, den es offensichtlich aufgrund eines entsprechenden Prozessvorbringens des Klägers mit Oktober 2001 terminisiert hat, während das Erstgericht dazu nur die eher allgemein gehaltene Feststellung getroffen hat, dass der Kläger "bereits Ende 2001" die gemeinsame Ehewohnung verlassen habe. Der Frage, wann die unheilbare Zerrüttung der Ehe eingetreten ist, kommt jedoch eine entscheidende Bedeutung zu, da, wie bereits erwähnt, selbst schweren Eheverfehlungen im Sinn des § 49 EheG, soweit sie erst begangen wurden, nachdem die unheilbare Zerrüttung der Ehe bereits eingetreten war, für die Verschuldensabwägung keine ausschlaggebende Bedeutung mehr zukommen kann. Es wird daher, um beurteilen zu können, was die Ursachen der schließlich eingetretenen Zerrüttung der Ehe und der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft waren, auch eine möglichst genaue Festlegung der einzelnen festgestellten Eheverfehlungen in zeitlicher Hinsicht vorzunehmen sein. Die vom Erstgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen sind auch zu kursorisch und zu allgemein gehalten, um die als erwiesen angenommenen "verbalen Attacken" der Beklagten gegen den Kläger nach der Häufigkeit, der jeweiligen Gesprächslage und dem allgemeinen Zustand des ehelichen Zusammenlebens und damit nach der mit diesen Äußerungen verfolgten Absicht der Beklagten einerseits sowie einer durch den Kläger empfundenen Kränkung andererseits zuverlässig werten zu können. Auch diesbezüglich liegen Feststellungsmängel vor; dies insbesondere auch im Hinblick auf die Frage, ob und inwieweit es sich bei solchen Vorhaltungen allenfalls nur um eine nachvollziehbare Reaktion der Beklagten auf eine mögliche Gefährdung der gemeinsamen Altersvorsorge durch die ohne ihr Wissen vom Kläger vorgenommene spekulative Veranlagung der als Überbrückungshilfe gedachten Abfertigung gehandelt hat. Ein an sich ehewidriges Verhalten ist nämlich keine Eheverfehlung, wenn es als entschuldbare Reaktionshandlung auf das Verhalten des anderen Ehegatten zu werten ist. Von einer solchen entschuldbaren Reaktionshandlung kann allerdings nur gesprochen werden, wenn sich ein Ehepartner in unmittelbarer Folge eines grob ehewidrigen Verhaltens des anderen Teils dazu hinreißen lässt, in einer verständlichen Gemütsbewegung seinerseits Eheverfehlungen zu setzen (vgl Stabentheiner in Rummel , ABGB³ § 49 EheG Rz 15 mwN).
Damit ist aber eine abschließende Gewichtung der beiderseitigen Eheverfehlungen noch nicht möglich. Das Erstgericht wird die dafür erforderliche Tatsachengrundlage zu schaffen und sodann zu entscheiden haben, wie das Verschulden des Klägers im Verhältnis zum Verschulden der Beklagten zu gewichten ist.
Der Vorbehalt der Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.