JudikaturOGH

10ObS387/02p – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. Oktober 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Matzka (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Albert Ullmer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Helga G*****, vertreten durch Dr. Robert Schneider, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. September 2002, GZ 25 Rs 85/02i-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 7. März 2002, GZ 34 Cgs 343/01b-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Eingangs ist festzuhalten, dass die Bezeichnung der beklagten Partei von "Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten" auf deren Gesamtrechtsnachfolgerin "Pensionsversicherungsanstalt" zu berichtigen war (§ 538a ASVG idF 59. ASVG-Novelle, BGBl I 2002/1). Das Berufungsgericht hat die Berufsunfähigkeit der Klägerin mit zutreffender Begründung verneint (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Den Revisionsausführungen ist noch Folgendes entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Die Feststellung, welche Tätigkeiten die Versicherte aufgrund ihres Leidenszustandes noch verrichten kann, gehört dem Tatsachenbereich an (RIS-Justiz RS0043118; jüngst 10 ObS 141/03p). Nach den somit als Tatsachenfeststellungen zu wertenden Ausführungen des Berufungsgerichts kann die Klägerin aufgrund ihres näher festgestellten medizinischen Leistungskalküls die Tätigkeit einer Telefonistin an Apparaten mit mindestens fünf Amtsanschlüssen und einfache Tätigkeiten im technischen Dienst, wie etwa die Tätigkeit einer Telefonistin oder die Tätigkeit im Posteinlauf und Postauslauf (Postabfertigerin), aber auch die Tätigkeiten einer Kanzleihilfskraft verrichten. Die Feststellung oder Nichtfeststellung bestimmter Tatsachen - etwa auch dass die Klägerin offenkundig in der Lage ist, den an die genannten Verweisungsberufe gestellten Anforderungen zu entsprechen - resultiert aus der freien Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen. Insoweit die Revisionsausführungen die Richtigkeit dieser Tatsachenfeststellungen in Zweifel ziehen, wird der geltend gemachte Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache (§ 503 Z 4 ZPO) nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgegangen wird (vgl § 506 Abs 2 ZPO; SSV-NF 7/15 uva), sondern vielmehr die Tatsachengrundlage bekämpft, die im Revisionsverfahren aber nicht mehr überprüft werden kann (RIS-Justiz RS0043061 [T 11]).

Nach ständiger Rechtsprechung kommt es bei der Lösung der Frage eines unzumutbaren sozialen Abstiegs, der zu einer Berufsunfähigkeit im Sinn des § 273 Abs 1 ASVG führt, auf den sozialen Wert an, den die Ausbildung und die Kenntnisse und Fähigkeiten, die in der zuletzt ausgeübten Berufstätigkeit des Versicherten von Bedeutung waren, unter den Verhältnissen zur Zeit des Stichtags (§ 223 Abs 2 ASVG) haben. Die Einstufung einer Tätigkeit in einem Kollektivvertrag kann ein Indiz für die Einschätzung des sozialen Werts sein und daher zur Beurteilung des sozialen Abstiegs herangezogen werden (SSV-NF 3/108 ua; RIS-Justiz RS0084890, RS0084926).

Nach den auch von der Revisionswerberin nicht in Zweifel gezogenen Ausführungen des Berufungsgerichts hätten aber die Kenntnisse und Fähigkeiten, welche sie zur Zeit der Aufgabe ihrer Berufstätigkeit besaß, zur Zeit des Stichtages nur die Begründung eines Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt, das in die Beschäftigungsgruppe 3 des Kollektivvertrags für Angestellte im Handel einzustufen wäre. Einen höheren Wert hat die Allgemeinheit diesen Kenntnissen und Fähigkeiten zur Zeit des Stichtages nicht beigemessen. Es entspricht aber nun der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass die Verweisung eines Handelsangestellten der Beschäftigungsgruppe 3 des Kollektivvertrags für die Handelsangestellten Österreichs auf Tätigkeiten der Beschäftigungsgruppe 2 in der Regel mit keinem unzumutbaren sozialen Abstieg verbunden ist, auch wenn es sich dabei um Arbeiten mit weniger Eigenverantwortung handelt; gewisse Einbußen an Entlohnung und Sozialprestige muss ein Versicherter hinnehmen (SSV-NF 6/53, 5/34, 5/136 mwN ua; RIS-Justiz RS0085599). Ein mit der Aufnahme einer der Beschäftigungsgruppe 2 des erwähnten Kollektivvertrags zuzuordnenden Verweisungstätigkeit verbundener sozialer Abstieg wäre daher nach diesen Grundsätzen auch für die Klägerin nicht unzumutbar. Davon abgesehen kann die Klägerin nach den Feststellungen ohnehin die der Beschäftigungsgruppe 3 des genannten Kollektivvertrags zuzuordnende Tätigkeit einer "Telefonistin an Apparaten mit mindestens fünf Amtsanschlüssen" ausüben. Von einem sozialen Abstieg kann daher keine Rede sein.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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