10ObS214/03y – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Friedrich Heim (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Schönhofer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Slobodan I*****, vertreten durch Dr. Peter Spörk, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist Straße 1, 1021 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 27. Juni 2003, GZ 9 Rs 24/03w 52, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 13. September 2002, GZ 3 Cgs 125/00k 47, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Nach ständiger Rechtsprechung können angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die das Berufungsgericht verneint hat (hier: Nichtdurchführung der Parteienvernehmung, keine Ergänzung des berufskundlichen Gutachtens und keine Erhebungen zur Berufslaufbahn des Klägers), auch in Verfahren nach dem ASGG im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn sie vom Berufungsgericht verneint wurden (SSV NF 5/116, 7/74, 11/15 ua; RIS Justiz RS0042963 [T45] und RS0043061; Kodek in Rechberger 2 § 503 ZPO Rz 3 Abs 2). Die Ausführungen in der außerordentlichen Revision bieten keinen Anlass, von dieser ständigen Judikatur abzugehen.
Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass die Invalidität des am 17. 4. 1950 geborenen Klägers nach § 255 Abs 3 ASVG zu beurteilen ist. Der angestrebte Tätigkeitsschutz nach § 253d ASVG kommt für den Kläger nicht in Betracht, hat er doch zum Stichtag 1. 12. 1999 erst das 49. Lebensjahr vollendet.
Die in § 255 Abs 3 ASVG enthaltene Zumutbarkeitsformel hindert nicht die Verweisung auf Tätigkeiten, die den bisher ausgeübten unähnlich sind; vielmehr soll sie nur in Ausnahmefällen eine Verweisung verhindern, die bei Berücksichtigung der vom Versicherten - nicht nur während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag - ausgeübten Tätigkeiten als unbillig bezeichnet werden müsste (RIS Justiz RS0084991; SSV NF 2/34, 3/4, 6/12 ua). Nach einem in der Lehre ( Grillberger , Österreichisches Sozialrecht 5 77) vertretenen Standpunkt soll durch die Zumutbarkeitsformel vor allem verhindert werden, dass sich der Versicherte höher qualifizierte Berufe oder gar selbständige Erwerbstätigkeiten entgegenhalten lassen muss, die er bei seinem Gesundheitszustand noch ausüben könnte, obwohl hiefür eine grundlegende Umschulung nötig wäre, die er oft gar nicht absolvieren könnte (10 ObS 140/99g ua).
Unter Beachtung des Berufsverlaufs des Klägers, der in den letzten Jahren als Hilfsarbeiter (laut dem Urteil des Berufungsgerichts konkret als Schuhfabrikarbeiter und als Hausbesorger) beschäftigt war, kann nicht gesagt werden, dass ihm die Verweisung auf die Tätigkeiten eines Betriebswächters, eines Maschinenarbeiters an vollautomatischen Maschinen oder eines Wäschers nicht mehr zugemutet werden könnte (vgl SSV NF 6/12 ua).
Eine im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzugreifende Fehlbeurteilung der zu entscheidenden Rechtsfragen durch das Berufungsgericht ist nicht zu ersehen. Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.