JudikaturOGH

12Os83/03 – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. September 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. September 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Habl, Dr. Philipp und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bauer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Johann L***** wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 39 EVr 628/01 des Landesgerichtes Innsbruck, über die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 3. April 2003, AZ 7 Bs 94/03, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, zu Recht erkannt:

Spruch

Im Verfahren zu AZ 39 EVr 628/01 des Landesgerichtes Innsbruck verletzt das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 3. April 2003, AZ 7 Bs 94/03 (ON 74 des Vr-Aktes), im Ausspruch über die Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 17. Jänner 2003, GZ 29 Hv 193/02m-90, das Gesetz in der Bestimmung des § 31 Abs 1 StGB.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil der Einzelrichterin des Landesgerichtes Innsbruck vom 8. November 2001, GZ 39 EVr 628/01-32, wurde Markus L***** der am 22. Dezember 2000 begangenen Vergehen des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB und der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs l, 84 Abs 2 Z 4 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe sowie zur Zahlung von Schmerzengeld an einen Privatbeteiligten verurteilt. Zugleich erging ein Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht und einer bedingten Entlassung (§ 494a Abs 1 Z 4 StPO).

Das Oberlandesgericht Innsbruck gab mit Urteil und Beschluss vom 2. Mai 2002, AZ 7 Bs 151/02 (ON 49), der gegen den Ausspruch über die Schuld, die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche sowie der Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluss nicht Folge, erhöhte jedoch in Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft die in erster Instanz verhängte Freiheitsstrafe.

Der Oberste Gerichtshof hob mit Urteil vom 13. Februar 2003, AZ 12 Os 4/03 (ON 70), in Stattgebung einer von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes (§ 33 Abs 2 StPO) diese Rechtsmittelentscheidungen auf und trug dem Oberlandesgericht Innsbruck die neuerliche Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel des Angeklagten auf. Vor dieser Entscheidung wurde Markus L***** mit (seit 3. April 2003 rechtskräftigem) Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 17. Jänner 2003, GZ 29 Hv 193/02m-90, des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall und 15 StGB sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach §§ 229 Abs 1 StGB, der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB und des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG schuldig erkannt und (gleichfalls) zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Die diesem Schuldspruch zu Grunde liegenden Taten waren zwischen dem 16. Juli 2002 und dem 14. September 2002 verübt worden.

Das Oberlandesgericht Innsbruck gab im erneuerten Berufungsverfahren zu AZ EVr 628/0l des Landesgerichtes Innsbruck mit Urteil vom 3. April 2003, AZ 7 Bs 94/03 (ON 74 des Vr-Aktes), den Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft mit der Maßgabe keine Folge, dass die in erster Instanz verhängte Freiheitsstrafe unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 17. Jänner 2003, GZ 29 Hv 193/02m-90, gemäß §§ 31, 40 StGB als Zusatzstrafe ausgesprochen wurde. Auch der Beschwerde gegen den Widerruf der bedingten Strafnachsicht wurde nicht Folge gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Der Ausspruch über die Bedachtnahme auf das erwähnte frühere Urteil des Landesgerichtes Innsbruck nach §§ 31, 40 StGB steht - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt - mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Eine Bedachtnahme des Rechtsmittelgerichts auf ein nach der angefochtenen Entscheidung gefälltes Urteil (hier vom 17. Jänner 2003) setzt voraus, dass die Tatzeiten der diesem zu Grunde liegenden Straftaten zur Gänze vor dem angefochtenen Erkenntnis liegen, weil nur in einem solchen Fall die gemeinsame Aburteilung schon in dem früheren Verfahren an sich möglich gewesen wäre. Dies ist aber im Hinblick auf die untrennbare Verknüpfung von Schuld- und Strafausspruch dann nicht der Fall, wenn sich der den Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens bildende Strafausspruch (wie gegenständlich) auf einen bereits vor der Folgetat gefällten Schuldspruch bezieht (12 Os 114/98).

Demnach hätte das Oberlandesgericht Innsbruck auf das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 17. Jänner 2003 nicht gemäß § 31 Abs 1 StGB Bedacht nehmen dürfen. Da sich die Anwendung dieser Bestimmung aber nicht zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt hat, muss es mit der Feststellung der Gesetzesverletzung sein Bewenden haben.

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