JudikaturOGH

6Ob150/03g – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. September 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Erlagssache der Antragstellerin Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, gegen die Antragsgegnerin Waltraud O*****, vertreten durch Prettenhofer Jandl, Rechtsanwälte Partnerschaft in Wien, wegen gerichtlicher Hinterlegung nach § 1425 ABGB, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Krems an der Donau als Rekursgericht vom 27. Februar 2003, GZ 1 R 14/03v-13, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Krems an der Donau vom 29. November 2002, GZ 1 Nc 25/02w-8, aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Exekution gegen einen ihrer Schuldner pfändete die Antragstellerin eine Reihe von Einrichtungsgegenständen. Die in Verwahrung genommenen Gegenstände befinden sich derzeit beim Finanzamt K*****. Mit der Behauptung, die gepfändeten Gegenstände befänden sich in ihrem Eigentum brachte die Antragsgegnerin beim Bezirksgericht L***** eine Exzindierungsklage ein. Das Landesgericht K***** als Berufungsgericht stellte mit Urteil vom 7. 3. 2000, 2 R 112/99d fest, dass die Exekution hinsichtlich der dort angeführten Gegenstände unzulässig sei, weil sich diese im Eigentum der dortigen Klägerin (und nunmehrigen Antragsgegnerin) befänden.

Die Antragstellerin begehrt nun, den Erlag dieser Gegenstände durch Übergabe an einen vom Gericht zu bestellenden Verwahrer nach § 1425 ABGB zu genehmigen. Die Antragsgegnerin sei trotz wiederholter schriftlicher Aufforderungen nicht bereit, die Gegenstände zu übernehmen oder anderweitig über sie zu verfügen. Ein weiterer Verbleib in den Räumlichkeiten des Finanzamtes K***** sei nicht möglich, weil diese Räume durch Hochwasser in Mitleidenschaft gezogen seien und unverzüglich trocken gelegt werden müssten. Das Erstgericht wies den Erlagsantrag ab. Es stellte noch fest, dass die Antragsgegnerin zu 34 Nc 8/00g des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien ein Beweissicherungsverfahren mit der Begründung angestrengt habe, die ihr gehörenden Einrichtungsgegenstände seien aufgrund unsachgemäßer Lagerung schadhaft geworden. Das Beweissicherungsverfahren sei durch ein Sachverständigengutachten vom 15. 1. 2001 beendet. Rechtlich führte das Erstgericht aus, Zweck der gerichtlichen Hinterlegung sei die Schuldtilgung. Könne eine solche nicht eintreten sei auch die gerichtliche Hinterlegung nicht zulässig. Der hier angestrebte Erlag diene nicht der Schuldtilgung sondern der eigenen Sicherheit der Antragstellerin, weil diese die derzeitigen Lagerräume dringend sanieren müsse und eine andere Lagerung nicht möglich erscheine bzw Uneinigkeit über das Vorhandensein allfälliger Schäden an den eingelagerten Gegenständen bestünden.

Das Rekursgericht behob den erstgerichtlichen Beschluss und trug eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es ging davon aus, dass die Antragstellerin die Antragsgegnerin wiederholt zur Übernahme oder anderweitigen Verfügung über die ihr gehörigen Gegenstände aufgefordert habe. Dem von der Antragsgegnerin eingebrachten Beweissicherungsantrag entnahm das Rekursgericht, dass die Antragsgegnerin eine Wiederherstellung des vorigen Zustandes der Gegenstände und eine Überbringung an den Ort der Abholung begehre. Rechtlich führte es aus, die Antragstellerin könne eine Hinterlegung nach den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften in Anspruch nehmen. Sie sei zwar anlässlich der Vollstreckung im Abgabenexekutionsverfahren zunächst im Rahmen der Hoheitsverwaltung tätig geworden, mit rechtskräftiger Unzulässigerklärung der Exekution sei das hoheitliche Verfahren jedoch beendet. Es treffe die Antragstellerin eine aus dem Privatrecht abzuleitende Verpflichtung zur Herausgabe der Gegenstände an die Antragsgegnerin als deren Eigentümerin. Um sich davon zu befreien könne sie sich einer Hinterlegung nach § 1425 ABGB bedienen. Sie habe die Antragsgegnerin wiederholt zur Übernahme oder anderweitigen Verfügung über diese Gegenstände aufgefordert. Dem Beweissicherungsantrag der Antragsgegnerin sei zu entnehmen, dass diese die Wiederherstellung des vorherigen Zustands und eine Überbringung der Gegenstände an den Ort der Abholung begehre. Daraus sei abzuleiten, dass die Antragsgegnerin mit dem Angebotenen unzufrieden sei, sodass ein Erlagsgrund vorliege. Das Erstgericht werde daher im fortzusetzenden Verfahren mit der Antragstellerin zu erörtern haben, wie die Verwahrung erfolgen solle, welche Personen hiefür in Frage kämen und welche Verwahrungskosten voraussichtlich zu erwarten seien, um der Erlegerin einen entsprechenden Kostenvorschuss zur Deckung des von ihr zu tragenden Verwahrungsentgelts auferlegen zu können.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Hinterlegung nach einer abgabenbehördlichen Exekution fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist zulässig aber nicht berechtigt.

Dem Einwand der Revisionsrekurswerberin, die Antragstellerin handle auch noch im Zusammenhang mit dem vorliegenden Antrag im Rahmen der Hoheitsverwaltung, ist entgegenzuhalten, dass die rechtskräftige Erledigung der von der Antragsgegnerin angestrengten Exzindierungsklage zur Einstellung des Abgabenexekutionsverfahrens und damit zur Beseitigung der Anlassexekution und zum Erlöschen des exekutiv begründeten Befriedigungsrechts führte (Jakusch in Angst, EO § 37 Rz 58 und Rz 71; § 37 Abs 4 EO). Ab diesem Zeitpunkt befanden sich die ehemals gepfändeten Gegenstände in Verwahrung der Antragstellerin, die die Verpflichtung trifft, die verwahrten Sachen an den Eigentümer auszufolgen. Nach Beendigung der Abgabenexekution ist ihre Rechtsstellung daher gleich der eines sonstigen Verwahrers. Sie kann - bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1425 ABGB - mit einer gerichtlichen Hinterlegung im Sinn dieser Bestimmung vorgehen. Die gerichtliche Hinterlegung nach § 1425 ABGB setzt - von den hier auszuscheidenden Fällen der Unbekanntheit oder Abwesenheit des Gläubigers abgesehen - voraus, dass der Gläubiger mit dem zur Erfüllung Angebotenen nicht zufrieden ist oder die Schuld aus anderen wichtigen Gründen nicht bezahlt werden kann. Auf den Erlagsgrund der Unzufriedenheit des Gläubigers mit der Leistung hat sich die Antragstellerin erkennbar auch berufen. Nach ständiger Rechtsprechung hat das Erlagsgericht (nur) zu prüfen, ob ein Grund wie der angegebene zur Hinterlegung nach § 1425 ABGB an sich taugt. Nicht hingegen ist zu prüfen, ob der angeführte Hinterlegungsgrund tatsächlich gegeben ist (RIS-Justiz RS0112198).

Nach dem vom Rekursgericht zugrundegelegten Sachverhalt (von dem der Oberste Gerichtshof aus gehen muss) hat die Antragstellerin zwecks Erfüllung ihrer Herausgabeverpflichtung die Eigentümerin der Gegenstände wiederholt zur Abholung aufgefordert und ihr so die Möglichkeit eröffnet, von ihrem Eigentumsrecht Gebrauch zu machen und die bei der Antragstellerin verwahrten Gegenstände abzuholen. Die Antragsgegnerin hat diesen Aufforderungen nicht nur nicht Folge geleistet, sie hat auch ein Beweissicherungsverfahren mit der Begründung eingeleitet, die Gegenstände seien durch unsachgemäße Lagerung beschädigt worden. Daraus hat das Rekursgericht ihre mangelnde Bereitschaft abgeleitet, die gehörig angebotene Leistung (Ausfolgung) anzunehmen und den Hinterlegungsfall der Unzufriedenheit des Gläubigers mit dem Angebotenen bejaht. Diese Beurteilung ist angesichts des vom Rekursgericht zugrundegelegten Sachverhalts nicht zu beanstanden. Hat nämlich die Antragsgegnerin als Eigentümerin der Gegenstände durch ihr Verhalten zu erkennen gegeben, dass sie die von der Verwahrerin angebotene Erfüllung (Herausgabe) unter den gegeben Umständen nicht annimmt (etwa weil sie Schadenersatz wegen Beschädigung der Gegenstände fordert) darf die Schuldnerin nach § 1425 ABGB vorgehen. Der vom Rekursgericht auf Basis dieses Sachverhalts angenommene Erlagsgrund der Unzufriedenheit des Gläubigers mit der angebotenen Leistung ist daher ein tauglicher Hinterlegungsgrund.

Insoweit das Rekursgericht eine Ergänzung des Verfahrens zur Frage der näheren Durchführung der gerichtlichen Verwahrung für erforderlich hält, wird dem nicht entgegengetreten. Dem unberechtigten Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird nicht Folge gegeben.

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