6Ob122/03i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Christine K*****, vertreten durch Dr. Hannes Pflaum ua Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei N*****, vertreten durch Dr. Werner Masser ua Rechtsanwälte in Wien, wegen 5.813,83 EUR, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgericht vom 11. Februar 2003, GZ 36 R 446/02k-14, womit über die Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 15. August 2002, GZ 3 C 469/01k-9, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Text
Begründung:
Die Klägerin absolvierte vom Herbst 1996 bis Ende April 1998 das von der Beklagten, einer juristischen Person öffentlichen Rechts, angebotene viersemestrige Studium der Psychomotorik und Motopädagogik. Sie bezahlte dafür einen Studienbeitrag von EUR 1.453,46 je Semester, insgesamt EUR 5.813,83. Die Klägerin begehrte mit ihrer am 17. 4. 2001 beim Erstgericht eingebrachten Klage den Zuspruch dieses Betrages mit der wesentlichen Begründung, die Beklagte habe ihr zugesagt, mit der Absolvierung dieses als "postgradualer Studienlehrgang an der Donauuniversität Krems" bezeichneten Lehrganges sei die Verleihung eines akademischen Titels verbunden. Diese Zusage sei nicht eingehalten worden; die Beklagte sei überhaupt nicht befugt gewesen, universitäre Lehrgänge durchzuführen. Da der Studienlehrgang daher für die Klägerin völlig nutzlos gewesen sei, verlange sie die Studiengebühr zurück. Die Beklagte wendete unter anderem ein, die Verleihung eines akademischen Grades nicht zugesagt zu haben; alle von ihr zugesagten Leistungen seien erbracht worden. Im Übrigen sei die Klagsforderung verjährt.
Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe.
Das von der Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Zwar sei die Frage der Auslegung (von Verträgen) üblicherweise nicht über den Einzelfall hinaus von Bedeutung; im konkreten Fall sei aber eine Vielzahl von Klägern (insgesamt 18 Studienlehrgangsteilnehmer) betroffen, weshalb nicht mehr von einem bloßen Einzelfall iSd § 502 Abs 1 ZPO gesprochen werden könne. Die Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichtes mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig:
Rechtliche Beurteilung
Eine erhebliche Rechtsfrage liegt nicht schon deshalb vor, weil gleiche oder ähnliche Auslegungsfragen in mehreren Verfahren zu lösen sind. Es wurde in allen in Betracht kommenden 18 Fällen Revision erhoben. Der Oberste Gerichtshof hat in den bisher von ihm entschiedenen Fällen die Revisionen jeweils mangels erheblicher Rechtsfragen als unzulässig zurückgewiesen (1 Ob 126/03s, 1 Ob 127/03p, 2 Ob 117/03z, 2 Ob 118/03x, 3 Ob 127/03b, 3 Ob 128/03z, 5 Ob 126/03w, 7 Ob 129/03a, 7 Ob 130/03y, 8 Ob 66/03v, 8 Ob 67/03s, 8 Ob 68/03p, 9 Ob 62/03p und 9 Ob 63/03k). Die in den Zurückweisungsbeschlüssen gegebenen Begründungen treffen auch auf den vorliegenden, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht völlig gleichgelagerten Fall zu. Es genügt daher zur Frage der Auslegung des Ausbildungsvertrages aus der Entscheidung 8 Ob 67/03s Folgendes zu zitieren:
"Die Vorinstanzen haben mit jeweils ausführlicher Begründung den gegenständlichen, von der Beklagten mit der Klägerin (und auch noch mit 17 weiteren Lehrgangsteilnehmern) geschlossenen Ausbildungsvertrag nach seinem Wortlaut unter Berücksichtigung der allen Kursteilnehmern zugegangenen schriftlichen Unterlagen und der mündlichen Äußerungen der von der Beklagten beauftragten Lehrpersonen gemäß § 914 ABGB - nach objektiven Kriterien, gemessen am Empfängerhorizont (RIS-Justiz RS0014205; RS0014160; 0044358) - ausgelegt. Sie sind dabei, den vom Obersten Gerichtshof entwickelten Grundsätzen zur Vertragsauslegung folgend (RIS-Justiz RS0017797; RS0017865), zum Ergebnis gelangt, dass bei allen 18 Absolventen (insbesondere also auch bei der Klägerin) der falsche Eindruck erweckt worden sei, es handle sich um eine Ausbildung mit universitärem Charakter und es werde den Absolventen auch ein akademischer Grad verliehen werden.
Fragen der Vertragsauslegung kommt - wie schon das Berufungsgericht grundsätzlich erkannt hat - in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, wenn - wie hier - das Berufungsgericht den betreffenden Vertrag im Einklang mit dem von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ausgelegt hat und hiebei nicht von den anerkannten Interpretationsgrundsätzen in krasser, aus Gründen der Rechtssicherheit bzw der Einzelfallgerechtigkeit zu korrigierender Weise abgewichen ist (RIS-Justiz RS0042776; RS0042742)."
Zur Verjährungsfrage ist der Revisionswerberin wie in der Entscheidung 7 Ob 129/03a Folgendes zu erwidern:
"Soweit über die Frage der Vertragsauslegung hinaus auch noch geltend gemacht wird, der Anspruch der Klägerin sei deshalb verjährt, weil diese feststellungskonform bereits am 20. 4. 1998 erfahren habe, dass das von ihr angestrebte Diplom von der beklagten Partei nicht verliehen werden könne, kann es genügen, darauf hinzuweisen, dass - selbst ausgehend von diesem Datum - die am 17. 4. 2001 eingebrachte Klage jedenfalls rechtzeitig, da innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist, erhoben wurde. Dass der Beginn der Verjährungsfrist grundsätzlich an die objektive Möglichkeit der Rechtsausübung anknüpft (M. Bydlinski in Rummel, ABGB3 Rz 2 zu § 1478 mwN), vermag auch die Revisionswerberin nicht in Abrede zu stellen. Im Übrigen hinge aber auch die Frage, wann diese objektive Möglichkeit gegeben ist, gleichfalls grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalles ab und würde insoweit ebenfalls die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht erfüllen (2 Ob 118/03x)."
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 393 Abs 4 iVm § 52 Abs 2 ZPO.