1Ob38/03z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** Bank, *****, Königreich Jordanien, vertreten durch Dr. Elisabeth Scheuba, Rechtsanwältin in Wien, und der Nebenintervenientin H***** OEG, *****, vertreten durch Dr. Johannes Hock sen. und Dr. Johannes Hock jun., Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei E***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Wolf, Theiss Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen 65,585.000 JPY (= etwa 453.079,51 EUR) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. November 2002, GZ 5 R 127/02m-81, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 27. Jänner 2002, GZ 16 Cg 10/97p-76, abgeändert wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden - abgesehen von der bereits rechtskräftigen Abweisung des 5 % übersteigenden Zinsenbegehrens - aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur (allfälligen) Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.
Text
Begründung:
Vorbemerkung: Soweit tieferstehend ein Teil der Korrespondenz der Streitteile wiedergegeben wird, ist nicht strittig, dass ein Schriftverkehr mit diesem Wortlaut tatsächlich stattfand. Die klagende Partei, eine Gesellschaft nach ägyptischem Recht mit einer Zweigniederlassung für Bankgeschäfte in Jordanien, stand schon seit längerer Zeit in Geschäftsbeziehung mit einer jordanischen Gesellschaft. Diese bestellte bei einer Wiener Handelsgesellschaft Sanitärwaren. Die Geschäftsabwicklung sollte mit Hilfe eines Dokumentenakkreditivs erfolgen. Deshalb eröffnete die klagende Partei am 6. 10. 1994 auf Antrag der jordanischen Gesellschaft ein Akkreditiv unter der Nummer TA 5089/94 und teilte der beklagten Partei, einem Bankunternehmen mit Sitz in Wien, im Wesentlichen
Folgendes mit:
"Bitte avisieren sie mittels vollständigem Telex die .. . (Wiener
Handelsgesellschaft) ..., dass wir zu ihren Gunsten ein
unwiderrufliches, bestätigtes Dokumententakkreditiv Nummer TA 5089/94
auf Anweisung und auf Rechnung der ... (jordanischen Gesellschaft)
eröffnet haben für einen Betrag von höchstens USD 325.000,-- (in Worten ...) eröffnet haben.
(klagenden Partei) ... und mit dem Vermerk: zu verständigen: ... (die
jordanische Gesellschaft) ... .
4. LKW Frachtbrief mit dem Nachweis, dass die Pakete oder Waren von
Deutschland nach Amman an die Order der ... (klagenden Partei) ...
versendet wurden, frachtfrei, und gekennzeichnet mit der
Akkreditivnummer und 'zu verständigen': ... (die jordanische
Gesellschaft) ... . ...
5. Sonstige erforderliche Dokumente:
- Versandliste
- Ursprungszeugnis.
6. Die oben genannten Dokumente zum Nachweis der Verladung der
folgenden Waren: Wasserapparaturen und Sanitärarmaturen ... .
Zusätzliche besondere Anweisungen:
1. Die Kosten nur der ... (britischen Bank) ... gehen zu Lasten des
Eröffners.
2. Nach Erhalt dieses Akkreditivs: 15 % des Gesamtwerts des
Akkreditivs sind auf das Konto von Herrn ... bei uns zu überweisen.
3. Die Vorlage der Dokumente betreffend die erste Lieferung sollte
nicht vor dem 15. Februar 1995 erfolgen.
4. Jede Lieferung sollte nach 45 Tagen ab dem Tag der vorangehenden
Sendung erfolgt sein.
Lieferbedingungen: ...
7. Versicherungspolizze über den Fakturenwert ... .
8. Verladung auf Deck unzulässig.
9. Die Verladung hat spätestens am 10. September 1995 stattzufinden.
10. Teillieferungen sind unzulässig.
11. Umladung ist unzulässig.
12. Bei Bekanntgabe der Bedingungen dieses Akkreditivs ... an den
Begünstigten fügen sie ihre Bestätigung dazu; wir werden daher die
... (britische Bank) ... anweisen, ihre Bestätigung an sie
hinzuzufügen.
13. Die Dokumente sind nach Negoziierung direkt an uns zu
übermitteln, ....
14. Bitte remboursieren sie sich hinsichtlich aller ihrer Zahlungen
im Rahmen dieses Akkreditivs bei unserer Korrespondenzbank ... (der
britischen Bank) ... mit der Bestätigung, dass die Bedingungen des
Akkreditivs erfüllt wurden. Unsere Korrespondenzbank wurde und wird
hiermit ermächtigt, unser USD Konto Nr. ... der Amman Filiale bei ihr
bei Fälligkeit zu belasten, zur Deckung sämtlicher dieser Zahlungen,
und uns davon mittels Telex in Kenntnis zu setzen ... .
"Unser Akkreditiv Nr. TA 5089/94 über den Betrag von USD 325.000,--,
revolvierend bis zu insgesamt USD 1,300.000,-- zugunsten ... (der
Wiener Handelsgesellschaft) ... .
(klagenden Partei) ... ausgestellt werden.
5) Endbestimmungsort C F Hafen Aqaba - Jordanien und oder Amman -
Jordanien.
6) Nach Eingang dieses Akkreditivs bei ihnen sind 15 Prozent des
Gesamtwerts des Akkreditivs auf das Konto von Herrn ... zu
überweisen.
"Verlängern sie bitte die Laufzeit ihrer unwiderruflichen
Verpflichtung gegenüber der ... (beklagten Partei) ... gemäß diesem
Akkreditiv bis 20. März 1997 ... ."
Wir werden daher bei der ... (britischen Bank) ... mit Valuta 16.
Dezember 1996 für den oben genannten Betrag zuzüglich unserer Kosten
Rembours nehmen."
Die dem Schreiben angeschlossene Bestätigung der
Akkreditivauftraggeberin vom 3. 12. 1996 lautet:
"Wir, ... (die jordanische Gesellschaft) ..., bestätigen nochmals,
dass wir bereits die gesamte Menge Sanitärarmaturen und
Wasserapparaturen um den Gesamtbetrag von USD 1,300.000,-- erhalten
haben, ohne jede Beanstandung hinsichtlich Menge und Qualität und
gemäß dem von der ... (klagenden Partei) ... ausgestellten Akkreditiv
Nr.: 5089/94."
... ."
Die beklagte Partei antwortete mit Fax vom 31. 12. 1996:
"Wir nehmen Bezug auf ihr Fax mit Datum vom 26. 12. 1996 ... und
Rechtliche Beurteilung
1. Aktivlegitimation
Die beklagte Partei hält im Revisionsverfahren an ihrer Auffassung fest, der klagenden Partei könne der geltend gemachte Verwendungsanspruch schon deshalb nicht zustehen, weil der Rembours nicht von ihr, sondern von der britischen Bank geleistet worden sei. Die Unrichtigkeit dieses Standpunkts begründete zutreffend bereits das Berufungsgericht. Mit diesen Gründen setzt sich die beklagte Partei nicht auseinander. Sie schreibt nur ihr - nicht stichhältiges - Prozessvorbringen ohne weiterführende Argumente fort.
2. Weisung an die Zahlstellenbank
2. 1. Die beklagte Partei verficht nach wie vor den Standpunkt, die
klagende Partei habe sie gar nicht angewiesen, Akkreditivleistungen
nicht zu erbringen und demnach auch nicht Rembours zu nehmen. Die
behauptete Weisung sei weder der vorprozessualen Korrespondenz noch
der Unterlassungsklage zu entnehmen. Der Unterlassungsanspruch sei
überdies "nicht weiterverfolgt" worden. Wäre daher die
Unterlassungsklage doch als Weisung aufzufassen gewesen, so habe die
klagende Partei "von dieser Weisung wieder Abstand genommen". Die
Akkreditivleistungen seien demzufolge nicht weisungswidrig - und daher auch nicht rechtswidrig - erbracht worden.
2. 2. Zur Lösung der Weisungsfrage bedarf es keiner rechtlichen Beurteilung der vorprozessualen Korrespondenz der Streitteile, weil der erkennende Senat der Ansicht des Berufungsgerichts beitritt, dass die beklagte Partei spätestens mit Zustellung der Unterlassungsklage angewiesen wurde, (weitere) Akkreditivleistungen nicht zu erbringen und deshalb auch keinen Rembours in Anspruch zu nehmen. Das konnte nach dem behaupteten Klagegrund und den erhobenen Begehren nicht zweifelhaft sein. Insoweit genügt daher gemäß § 510 Abs 3 ZPO ein Verweis auf die Richtigkeit der Ansicht des Berufungsgerichts. Das Argument, eine allenfalls in der Unterlassungsklage zu erblickende Weisung sei nach Honorierung des Akkreditivs widerrufen worden, ist nicht stichhältig, erfolgte die Klageänderung doch lediglich deshalb, weil die beklagte Partei die streitverfangenen Akkreditivleistungen - in Missachtung der durch die Unterlassungsklage ausgesprochenen Weisung - erbracht und in der Folge Rembours genommen hatte.
3. Pflicht der Zahlstellenbank zu weisungsgemäßem Verhalten
Das Berufungsgericht führte - gestützt auf die Entscheidung 1 Ob
16/01m - aus, die Rechtsbeziehung der Akkreditivbank zur
Zahlstellenbank sei ein Auftragsverhältnis und unterliege nach dem
hier anwendbaren Kollisionsrecht österreichischem Recht. Diese
zutreffende Beurteilung der Rechtslage wird im Revisionsverfahren von
keiner der Parteien in Zweifel gezogen. Die beklagte Partei setzt
sich ferner nicht gegen die - gleichfalls richtige - Ansicht des
Berufungsgerichts zur Wehr, die Zahlstellenbank müsse Weisungen der
Akkreditivbank an sich selbst dann befolgen, wenn sie im Verhältnis
zum Akkreditivbegünstigen rechtswidrig wären. Das bedarf somit ebenso
keiner weiteren Begründung.
4. Verwendungsanspruch der Akkreditiv- gegen die Zahlstellenbank
4. 1. Prozessstandpunkt der klagenden Partei
Die klagende Partei versucht im Revisionsverfahren, mit großem
Begründungsaufwand nachzuweisen, ihr stehe wegen des durch das
weisungswidrige Verhalten der beklagten Partei erlittenen
Vermögensnachteils sowohl ein Bereicherungsanspruch nach § 1041 ABGB
als auch ein Schadenersatzanspruch ex contractu zu. Der
Bereicherungsanspruch ergebe sich aus der titellosen Benützung ihres
Geldes durch die beklagte Partei, um deren Kreditforderung gegen die
Akkreditivbegünstigte zu decken. Der Schadenersatzanspruch folge aus
der grob schuldhaften Verletzung einer Rechtspflicht aus dem
Auftragsverhältnis durch die beklagte Partei. Somit sei aber der
Bereicherungsanspruch gegenüber dem Schadenersatzanspruch - entgegen
der Ansicht der Revisionswerberin - nicht subsidiär.
4. 2. Rechtsprechung
Am Beispiel einer vertraglich verbotenen Untervermietung erläuterte
der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 3 Ob 544/95 (= SZ 68/115)
unter Berufung auf Vorjudikatur und Stimmen aus dem Schrifttum, ein
Verwendungsanspruch gemäß § 1041 ABGB folge aus jeder dem
Zuweisungsgehalt eines Rechts widersprechenden Nutzung. Ein
derartiger Anspruch entstehe "gerade auch dann, wenn vertragliche
Rechte auf Benützung einer fremden Sache überschritten wurden". Er
sei "zwar im Verhältnis zu vertraglichen oder Ansprüchen aus
Geschäftsführung ohne Auftrag subsidiär (ergänzende Funktion der
Verwendungsklage)", die Möglichkeit, die Auflösung eines
Dauerschuldverhältnisses wegen vertragswidrigen Verhaltens zu
erwirken, schließe jedoch - entgegen der Entscheidung JBl 1990, 320 -
den Verwendungsanspruch als speziellen Bereicherungsanspruch nicht
aus. Die in der Entscheidung SZ 52/110 vertretene Auffassung, der
Schadenersatzanspruch gegen einen Mehrfachzedenten verdränge einen
Verwendungsanspruch, sei später nicht aufrecht erhalten worden. Der
Oberste Gerichtshof habe auch festgehalten, zwischen Verwendungs- und
Schadenersatzansprüchen bestehe Konkurrenz (zur Konkurrenz auch etwa
4 Ob 66/01m = ÖBl 2002, 309).
In der Folge schrieb der Oberste Gerichtshof dennoch stets die - auch
in der Entscheidung 3 Ob 544/95 nicht in Zweifel gezogene - Leitlinie
fort, die Verwendungsklage nach § 1041 ABGB stehe dann nicht zu, wenn
die Vermögensverschiebung ihren Rechtsgrund im Gesetz oder in einem
Vertragsverhältnis zwischen den Parteien oder zu einem Dritten habe
(4 Ob 26/00b = MR 2000, 313; 1 Ob 220/99f; 7 Ob 102/99x; 4 Ob
2021/96a = SZ 69/89). Somit entfalle ein solcher Anspruch
insbesondere bei einer durch einen Vertrag zwischen dem Verkürzten
und dem Bereicherten gedeckten und insofern gerechtfertigten
Vermögensverschiebung (4 Ob 26/00b = MR 2000, 313; 6 Ob 294/00d = JBl
2002, 247; 7 Ob 102/99x; 4 Ob 2021/96a = SZ 69/89). Die
Verwendungsklage sei "ein subsidiäres Mittel nur für den Fall, dass
ein Vertragsverhältnis oder ein vertragsähnliches Verhältnis zur
Beurteilung des Rechtsfalls nicht herangezogen werden" könne (4 Ob
2021/96a = SZ 69/89). Im mehrpersonalen Verhältnis mangle es an einem
Verwendungsanspruch, wenn die Vermögensverschiebung durch einen
Vertrag zwischen dem Berechtigten und einer Mittelsperson sowie einen
Vertrag dieser Mittelsperson mit dem Dritten gerechtfertigt sei (6 Ob
174/00g = SZ 73/132; 1 Ob 353/97m = SZ 71/128).
Der in § 1041 ABGB verwendete Begriff "Sache" sei im weiten Sinn des
§ 285 ABGB auszulegen (3 Ob 133/01g; 4 Ob 66/01m = ÖBl 2002, 309).
Der Tatbestand erfasse demnach auch Forderungsrechte, weshalb die
Einziehung fremder Forderungen - soweit nicht Vertragsansprüche
vorgingen - unter § 1041 ABGB falle (3 Ob 133/01g; 4 Ob 66/01m = ÖBl
2002, 309). Zweck des Verwendungsanspruchs sei es, eine
ungerechtfertigte Vermögensverschiebung, der keine bewusste Zuwendung
des Verkürzten an den Bereicherten, sondern eine Verwendung zu
fremdem Nutzen zugrundeliege, rückgängig zu machen oder
auszugleichen. Dieser Anspruch beruhe nach heutigem Verständnis vor
allem auf der Vermeidung einer ungerechtfertigten Bereicherung aus
fremden Sachen und auf dem Gedanken der Rechtsfortwirkung. Das
Eigentumsrecht des Verkürzten finde durch die Kraft seines
Zuweisungsgehalts im Verwendungsanspruch sein schuldrechtliches
Äquivalent (1 Ob 220/99f). Verwendung im Sinne des § 1041 ABGB sei
daher jede dem Recht des Eigentümers, also dessen "Zuweisungsgehalt"
widersprechende Nutzung (3 Ob 133/01g; 4 Ob 66/01m = ÖBl 2002, 309; 1
Ob 220/99f). Die soeben referierte Begründung zur "Subsidiarität" der
Verwendungsklage nach § 1041 ABGB trägt auch die Rechtsprechung zu §
1042 ABGB (1 Ob 122/00y; 4 Ob 518/96 = SZ 69/40).
4. 2. 1. Stellungnahme
Nach den Revisionsausführungen soll der Verkürzte bei aufrechtem
Vertragsverhältnis wegen eines bestimmten Vermögensnachteils aus der
durch den Vertrag zwischen ihm und dem Bereicherten nicht gedeckten
und daher nicht "gerechtfertigten" Vermögensverschiebung nur
Schadenersatz infolge schuldhafter Vertragsverletzung begehren
können. Nach der gegenteiligen Ansicht der klagenden Partei
konkurriert mit diesem Schadenersatzanspruch ein Verwendungsanspruch,
der die Herausgabe der - hier nach Art und Höhe übereinstimmenden -
ungerechtfertigten Bereicherung des anderen Vertragspartners zum
Inhalt hat. Zu erörtern wäre demnach, ob nach der - insbesondere
durch Wilburg und Apathy (siehe dazu 3 Ob 259/00k) beeinflussten -
Rechtsprechung der Mangel einer vertraglichen Rechtfertigung für eine
konkrete Vermögensverschiebung einen Verwendungsanspruch auch immer
dann stützen könnte, wenn der Streitfall nach den getroffenen
vertraglichen Absprachen, mit denen gerade die Voraussetzungen der
streitverfangenen Vermögensverschiebung im Einzelnen geregelt wurden,
lösbar wäre, und ob hier die von der Beauftragten aus dem Vermögen
der Auftraggeberin weisungswidrig in Anspruch genommenen Mittel
allenfalls auch einer vertraglichen Herausgabepflicht (dazu im
Einzelnen Strasser in Rummel, ABGB3 § 1009 Rz 23) unterlägen.
Nach den Rechtsbeziehungen zwischen den Streitteilen stand der
beklagten Partei an sich das vertraglich eingeräumte Recht auf Erstattung ihres Aufwands bei Honorierung des Akkreditivs im Weg des Rembours aus Mitteln der klagenden Partei zu. Nunmehr streiten die Parteien darüber, ob sich die beklagte Partei dieses Rechts vertragskonform oder nicht vertragskonform bediente. Da die beklagte Partei den Rembours, wie bereits unter 2. 2. und 3. ausgeführt wurde, weisungswidrig und daher in Verletzung einer Vertragspflicht in Anspruch nahm, stünde der klagenden Partei - davon keiner eigenen Leistungspflicht betroffen - zum Ausgleich eines dadurch allenfalls verursachten Vermögensnachteils zweifellos ein vertraglicher Ersatzanspruch zu; einen solchen hat sie übrigens gleichfalls geltend gemacht. Diesem gegenüber könnte der Verwendungsanspruch hier allenfalls insoweit subsidiär sein, als der vertragsbrüchige Vertragspartner den Entlastungsbeweis gemäß § 1298 ABGB gar nicht anträte oder ein solcher Beweis scheiterte, eine Einschränkung, die, selbst wenn man sonst der undifferenzierten Ansicht der beklagten Partei folgte, jedenfalls zu machen wäre.
Im österreichischen Schrifttum zum Dokumentenakkreditiv wird den soeben erörterten Fragen - soweit überblickbar - nicht nachgegangen. Ob der erhobene Verwendungsanspruch - bei Zutreffen der von der klagenden Partei unterstellten Anwendbarkeit österreichischen Rechts - gegenüber einem - hier nach Art und Höhe inhaltsgleichen - vertraglichen Schadenersatzanspruch oder aus sonstigen Gründen subsidiär wäre, wenn die Vertragsparteien bei aufrechtem Vertrag darüber uneins sind, ob die Inanspruchnahme der Vermögensmittel eines Vertragspartners durch den anderen vertragskonform oder nicht vertragskonform erfolgte, bedarf, wie weiter unten unter 6. 2.
darzustellen sein wird, keiner Lösung. Demnach erübrigt sich auch
eine - die zugrundeliegenden Sachverhalte in der Vergleichbarkeit
wertende - Stellungnahme zur jüngeren Rechtsprechung des Obersten
Gerichtshofs zur Konkurrenz von Bereicherungs- und
Schadenersatzansprüchen mangels "Subsidiarität" der ersteren (4 Ob
66/01m = ÖBl 2002, 309 [Forderungseinziehung durch einen
Nichtberechtigten]; 2 Ob 5/00z = SZ 73/11 [Kondiktion gegen den
Leistungsempfänger wegen unwirksamen Vertrags]; 3 Ob 544/95 = SZ
68/115 [vertraglich verbotene Untervermietung]; 1 Ob 557/91 = EvBl
1991/169 [Leistungskondiktion nach vertragswidriger Verwendung des
einem bestimmten Aufwand gewidmeten Vorschusses]; 7 Ob 615/89 = wbl
1990, 55 [Leistungskondiktion gegen den stillen Gesellschafter nach
Auflösung der Gesellschaft wegen Entnahme überhöhter Gewinnanteile
während deren Bestands]; 5 Ob 65/88 = wobl 1989, 49 [unrichtige
Aufteilung der Baukosten einer Wohnungseigentumsanlage durch einen
Dritten, die bestimmten Miteigentümern einen Aufwand, den sie bei
richtiger Aufteilung selbst hätten tragen müssen, ersparte]). Nicht
zu erörtern ist ferner, ob die uneingeschränkte Konkurrenz zwischen
Verwendungs- und vertraglichem Schadenersatzanspruch - wie das
Erstgericht meinte - bereits deshalb ausschiede, weil andernfalls die
Regelung über die Verjährung eines solchen Schadenersatzanspruchs
jeder praktischen Bedeutung entkleidet wäre.
5. Schadenersatzanspruch der Akkreditiv- gegen die Zahlstellenbank -
Verjährung
Es wurde bereits unter 2. 2. erörtert, dass die beklagte Partei
weisungswidrig Dokumente als Grundlage für die Erbringung von
Akkreditivleistungen akzeptierte und den Rembours in Anspruch nahm,
obgleich sie nach den Ausführungen zu 3. verpflichtet gewesen wäre,
auch eine im Verhältnis zum Begünstigten rechtswidrige Weisung der
klagenden Partei zu befolgen. Aus diesem vertragswidrigen Verhalten
könnte den bisherigen Erwägungen zufolge ein Schadenersatzanspruch
der klagenden Partei in Betracht kommen. Da die beklagte Partei die
Verjährungseinrede gegen den vertraglichen Schadenersatzanspruch
weiterhin aufrechterhält, ist vor Erörterung aller sonstigen
relevanten Fragen des Schadenersatzrechts zu klären, ob das
Erstgericht den Klageanspruch insofern zutreffend schon wegen
Verjährung abwies.
Für den Erfolg des Klagebegehrens ist es stets entscheidend, auf
welche Tatsachen der Kläger seine Forderung gründete. Er hat die
rechtserzeugenden Tatsachen (= den Klagegrund), auf die er seinen
Anspruch stützt, knapp, aber vollständig anzugeben
(Substantiierungstheorie). Die von ihm behauptete Rechtsfolge muss
sich aus diesem Vorbringen schlüssig ableiten lassen. Lediglich dann,
wenn das Klagebegehren ausdrücklich auf bestimmte Klagegründe
beschränkt wurde, ist es dem Gericht verwehrt, dem Begehren aus
anderen Gründen stattzugeben, ist es doch nicht befugt, einer Partei
etwas zuzuerkennen, was sie nicht beantragte. Ein solches aliud liegt
auch dann vor, wenn der begehrte und derjenige Leistungsgegenstand,
der gegebenenfalls zugesprochen werden könnte, zwar gleichartig sind,
aber aus verschiedenen Sachverhalten abgeleitet werden. Maßgebend für
den Entscheidungsspielraum des Gerichts sind daher die Tatsachen, die
den Klagegrund tragen. Dessen unrichtige rechtliche Qualifikation
gereicht dem Kläger dann nicht zum Nachteil, wenn er alle
anspruchsbegründenden Tatsachen vortrug und unter Beweis stellte (1
Ob 198/02b = ÖBA 2003, 452; ebenso etwa 4 Ob 66/01m = ÖBl 2002, 309;
1 Ob 557/91 = EvBl 1991/169).
Klagegegenstand sind die durch die Inanspruchnahme des Rembours gedeckten Leistungen vom 29. 1. 1997 und 20. 3. 1997 (ON 7). Erst durch den nach diesen Zeitpunkten erfolgten Rembours könnte im Vermögen der klagenden Partei ein Schaden eingetreten sein. Die Klageänderung in Form der Ersetzung des Unterlassungs- durch das Zahlungsbegehren erfolgte mit dem am 22. 2. 1999 eingelangten Schriftsatz (ON 7), dessen Inhalt in der Verhandlungstagsatzung vom 31. 5. 1999 (ON 14 S. 1) vorgetragen wurde. Mit der Qualifikation des Zahlungsanspruchs als Verwendungsanspruch ist keine Erklärung der klagenden Partei verknüpft, sie stütze das Klagebegehren ausschließlich auf den Titel der Bereicherung. Die Lösung der Verjährungsfrage hängt somit nur davon ab, ob die klagende Partei noch vor Ablauf der Verjährungsfrist Tatsachen behauptete, die einen Schadenersatzanspruch rechtfertigen könnten. Schon im Schriftsatz, mit dem die Klageänderung erklärt wurde, behauptete die klagende Partei ausdrücklich, die beklagte Partei habe weisungswidrig Akkreditivleistungen erbracht und sodann Rembours genommen. Diese habe damit "vertragswidrig" gehandelt und sich so Vermögen der klagenden Partei angeeignet. Es bestehe ferner der Verdacht der Begehung strafbarer Handlungen durch Mitarbeiter der beklagten Partei. Bereits dieses Vorbringen genügte zur Beurteilung des Zahlungsbegehrens (auch) unter schadenersatzrechtlichen Gesichtspunkten, sodass von einer Verjährung des Klageanspruchs als Schadenersatzanspruch keine Rede sein kann. Es gilt daher zu prüfen, ob dem Klagebegehren - da die Anspruchsverjährung zu verneinen ist - aus anderen Erwägungen ein Erfolg versagt ist.
6. Voraussetzungen des Schadenersatz- und des Verwendungsanspruchs 6. 1. Es wurde schon erörtert, dass die beklagte Partei als Zahlstellenbank, soweit sie weisungswidrig Dokumente als Grundlage für Akkreditivleistungen annahm und für ihre Aufwendungen an die Begünstigte Rembours nahm, als Beauftragte der klagenden Partei als Akkreditivbank dieser gegenüber vertragsbrüchig war. Sie handelte dabei auch schuldhaft, konnte doch der Inhalt der Weisung der klagenden Partei für sie gar nicht zweifelhaft sein. Dennoch könnte die klagende Partei mit ihrem Ersatzanspruch nur dann durchdringen, wenn sie infolge des weisungswidrigen Verhaltens der beklagten Partei den von ihr behaupteten Vermögensschaden in der Tat erlitten hätte. Das wäre indes zu verneinen, hätte die klagende Partei Leistungen, wie sie die beklagte Partei als Zahlstellenbank an die Begünstigte oder an sich als deren Zessionarin durch Einziehung der Akkreditivforderungen im Wege des Rembours erbrachte, im selben Zeitraum in Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen selbst erbringen müssen. Dann wäre das weisungswidrige Verhalten der beklagten Partei in ergebnisorientierter Betrachtung gar kein schädigender Eingriff in das Vermögen der klagenden Partei, hätte sich diese doch ihren Vertragspflichten aus der Eröffnung des Akkreditivs der Begünstigten oder der Zessionarin der Akkreditivforderungen gegenüber und deshalb auch dem Rembours an die Zahlstellenbank im Ergebnis nicht entziehen können. 6. 2. Hätten die von der Akkreditivbegünstigten eingereichten und von der beklagten Partei angenommenen Dokumente den Akkreditivbedingungen entsprochen und deshalb im Verhältnis der klagenden Partei als Akkreditivbank zur Begünstigten die Erbringung von Akkreditivleistungen gerechtfertigt, so hätte die beklagte Partei gerade solche Leistungen als Zessionarin der Akkreditivforderungen selbst fordern können. Einerseits könnte dann die klagende Partei durch die weisungswidrige Inanspruchnahme des Rembours zwecks Erfüllung ihrer Akkreditivleistungspflicht nicht entreichert sein, andererseits könnte aber auch die beklagte Partei aus dem Rembours keinen - mangels vertraglicher Deckung - ungerechtfertigen Nutzen gezogen haben. Überdies könnte jedenfalls insoweit auch ein vertraglicher Herausgabeanspruch nach Auftragsrecht nicht bestehen. Die von der Remboursbank zu Lasten der US-Dollar-Konten der klagenden Partei in Anspruch genommenen Beträge wären dann durch das Akkreditivverhältnis und die daraus ableitbare Forderungsberechtigung der beklagten Partei als Zessionarin der Akkreditivforderungen vertraglich gedeckt, sodass insofern ein Verwendungsanspruch gegen die beklagte Partei nach der unter 4. 2. referierten Rechtsprechung zweifellos ausschiede. Nicht das Auftragsverhältnis zwischen den Streitteilen, sondern das aus der Rechtsstellung der Begünstigten abgeleitete vertragliche Forderungsrecht der beklagten Partei, das sie zur Einziehung der Akkreditivforderungen berechtigte, wäre dann der die streitverfangene Vermögensverschiebung tragende Rechtsgrund. Hätte die beklagte Partei dagegen weisungswidrig zu Lasten der klagenden Partei Rembours genommen, um dadurch die ihr abgetretenen Akkreditivforderungen einzuziehen, obgleich Akkreditivleistungen mangels Erfüllung der Akkreditivbedingungen nicht hätten erbracht werden dürfen, so müsste deren Zahlungsbegehren schon aufgrund des geltend gemachten Schadenersatzanspruchs, der den unter 5. Angestellten Erwägungen zufolge nicht verjährt ist, erfolgreich sein. Aus diesem Grund muss den unter 4. 2. 1. aufgeworfenen Fragen nicht weiter nachgegangen werden.
7. Aufrechnung
7. 1. Die Wirkungen der Aufrechnung und deren Zulässigkeit einschließlich etwaiger Aufrechnungshindernisse sind nach dem durch inländisches Kollisionsrecht berufenen nationalen Recht zu beurteilen. Maßgebend ist regelmäßig jene Rechtsordnung, die für die Hauptforderung gilt, gegen die aufgerechnet wird (1 Ob 77/01g mwN). Nach den Erwägungen unter 3. unterläge die von der klagenden Partei geltend gemachte vertragliche Schadenersatzforderung, gegen die nach den Revisionsausführungen aufgerechnet werden bzw worden sein soll, der Beurteilung nach österreichischem Recht. Gleiches gälte für den erhobenen Verwendungsanspruch, sollte der von der beklagten Partei in Anspruch genommene Rembours auf eines ihrer Inlandskonten überwiesen worden sein, ist doch insofern der Ort des Eintritts der Bereicherung ausschlaggebend (4 Ob 66/01m = ÖBl 2002, 309; Schwimann aaO § 46 IPRG Rz 4). Dieser Ort ist im Fall der Überweisung auf ein Bankkonto der Ort der kontoführenden Bank (Schwimann aaO § 46 IPRG Rz 4). Allfällige Aufrechnungshindernisse wären somit nach österreichischem Recht zu beurteilen.
Soweit die klagende Partei - offenkundig zur prozessualen Aufrechnung - einwendet, es mangle die inländische Gerichtsbarkeit, weil die klagende Partei "im Inland weder Sitz, noch Niederlassung oder Vermögen" habe, ist ihren Ausführungen nicht beizutreten. Die beklagte Partei könnte die an sie abgetretenen oder von ihr eingelösten Akkreditivforderungen mittels Widerklage geltend machen und sich insofern - im Einklang mit dem die internationale Zuständigkeit der österreichischen Gerichtsbarkeit regelnden § 27a Abs 1 JN - auf den Gerichtsstand der Widerklage nach § 96 Abs 1 JN berufen, genügt doch für den Widerklageanspruch bereits ein tatsächlicher - selbst rein wirtschaftlicher - Zusammenhang mit dem Klageanspruch. Fehlt es an einem solchen Zusammenhang, so begründet den erörterten Gerichtsstand auch die bloße Kompensabilität der beiden Ansprüche nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften (Simotta in Fasching² I § 96 Rz 4 JN mwN). Die Akkreditivforderungen stünden mit dem Klageanspruch im Verhältnis der Konnextität, gleichviel welcher der von der klagenden Partei ins Treffen geführten Rechtsgründe zuträfe. Könnte aber die beklagte Partei die klagende Partei deshalb mittels Widerklage im Inland in Anspruch nehmen, so könnte die örtliche Zuständigkeit des inländischen Prozessgerichts - und damit dessen internationale Zuständigkeit - zur Verhandlung und Entscheidung über eine in prozessualer Rechtsverteidigung vorgetragene Aufrechnungseinrede, auf deren Grundlage - wie im Fall der Widerklage - über die Rechtmäßigkeit der Gegenforderung abzusprechen ist, nicht verneint werden.
7. 2. Vor dem unter 6. erläuterten Hintergrund stellt sich - nach einer Variante - die von den Streitteilen erörterte Frage, ob die beklagte Partei mit den ihr von der Begünstigten abgetretenen Akkreditivforderungen gegen den von der klagenden Partei geltend gemachten Schadenersatz- bzw Verwendungsanspruch habe aufrechnen können bzw aufrechnen könnte, nicht: Hätte die beklagte Partei durch die streitverfangenen Leistungen unter ausschließender Inanspruchnahme des Rembours eine Vertragspflicht der klagenden Partei gegenüber der Begünstigten oder der Zessionarin deren Akkreditivforderungen erfüllt, so stünde der klagenden Partei gegen die beklagte Partei gar kein Schadenersatz- oder Verwendungsanspruch, gegen den aufgerechnet worden sein bzw werden könnte, zu. Hätte die beklagte Partei die von der Begünstigten eingereichten Dokumente als Voraussetzung von Akkreditivleistungen entgegen den Akkreditivbedingungen angenommen und - als Zessionarin - auf deren Grundlage vermeintliche Akkreditivforderungen durch Inanspruchnahme des Rembours eingezogen, so könnten, da ein Anspruch auf Erfüllung von Akkreditivforderungen nicht bestanden hätte, durchsetzbare Akkreditivansprüche gegen die klagende Partei durch Abtretung auf die beklagte Partei gar nicht übergegangen sein. Unter solchen Voraussetzungen könnten durch Zahlungen an den Begünstigten auch berechtigte Akkreditivforderungen nicht eingelöst worden sein. Daran müsste sowohl eine materiell-rechtliche als auch eine prozessuale Aufrechnung scheitern.
7. 3. Zur Aufrechnungsfrage ist überdies anzumerken: Es ist unklar, ob und - bejahendenfalls - an wen die beklagte Partei die streitverfangenen Zahlungen leistete. Es mangelt dazu sowohl an konkreten Tatsachenbehauptungen als auch an Feststellungen. Sollte sie im Weg von Gutschriften auf dem Kreditkonto der Akkreditivbegünstigten an diese geleistet haben, so hätte sie - unter Berücksichtigung des bereits erstatteten Vorbringens - offenkundig den wegen Forfaitierung der Akkreditivforderungen zu leistenden Kaufpreis entrichtet und - im Fall gültiger Akkreditivforderungen - diese als Zessionarin mittels des in Anspruch genommenen Rembours eingezogen. Getilgte Akkreditivforderungen könnten aber - ungeachtet des von der klagenden Partei ins Treffen geführten Aufrechnungsverbots gemäß § 1440 ABGB - nicht zur Aufrechnung herangezogen werden. Wäre daher die Lösung der Aufrechnungsfrage streitentscheidend, so könnte sich die beklagte Partei - jedenfalls auf dem Boden des bisher erstatteten Vorbringens - mit ihrer Aufrechnungsbehauptung nicht durchsetzen. Allenfalls käme - ungeachtet bisheriger Erwägungen auf dem Boden des schon erstatteten Vorbringens - die Aufrechnung mit durch Zahlungen an die Begünstigte eingelösten Akkreditivforderungen in Betracht. Nach der Korrespondenz zwischen den Streitteilen wurde die klagende Partei als Akkreditivschuldnerin vor den Zahlungen mit undatiertem Schreiben zwischen 16. und 26. 12. 1996 jedoch von der Abtretung der Forderungen der Begünstigten aus dem Akkreditiv und mit Schreiben vom 31. 12. 1996 nochmals von der "Forfaitierung" - also dem durch die Abtretung der betroffenen Forderungen abgewickelten Forderungskauf (siehe dazu Martinek/Oechsler in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch [2001] § 103 Rz 14, 19) - verständigt.
8. Abtretung
Die beklagte Partei unterstellt offenkundig, dass die nach Art 49 der "Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive 1993, Fassung ERA Nr. 500" (im Folgenden nur: ERA 500) - diesen Richtlinien unterliegt auch das streitverfangene Akkreditiv - an sich mögliche Abtretung der Akkreditivforderung "gemäß den Bestimmungen des anzuwendenden Rechts" nach österreichischem Recht zu beurteilen sei. Nach dem hier noch anwendbaren § 45 IPRG unterliegt jedoch die Abtretung der Akkreditivforderung - wie gleich unten unter 9. erörtert - auch im Verhältnis zwischen Inländern jordanischem Recht (allgemein dazu Avancini aaO 4/135 FN 364; ebenso Schwimann aaO § 45 IPRG Rz 1 f; siehe ferner zum maßgebenden Grundsatz 8 Ob 364/97f = SZ 71/115 mwN). Sollten daher nach jordanischem Recht Akkreditivforderungen auch an die Zahlstellenbank als Beauftragte der Akkreditivbank abtretbar sein und könnte dieser als Zessionarin - bei dem im Anlassfall maßgebenden Sachverhalt - die Gläubigerstellung verschafft worden sein, so wären die schon erörterten rechtlichen Lösungen maßgebend.
9. Akkreditivleistungspflicht
Jede der bisher erörterten Varianten setzt die Klärung der Frage voraus, ob die klagende Partei als Akkreditivbank leistungspflichtig war und ob daher die beklagte Partei durch den Rembours nur das in Anspruch nahm, was die klagende Partei im bedeutsamen Zeitraum als Akkreditivleistungen ohnehin hätte erbringen müssen. Nach den hier noch anwendbaren kollisionsrechtlichen Bestimmungen des IPRG sind die Rechtsbeziehung zwischen Akkreditivbank und Akkreditivbegünstigter mangels behaupteter und festgestellter Rechtswahl an sich nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die mit der Akkreditiveröffnung beauftragte Bank ihre Niederlassung hat (1 Ob 554/94 = SZ 67/111). Daraus zog das Berufungsgericht allerdings den unzutreffenden Schluss, der Anspruch der Begünstigten sei in jeder Hinsicht nach jordanischem Recht zu beurteilen, unterliegt doch das hier maßgebende Akkreditiv in erster Linie den ERA 500. Jordanisches Recht kann demnach nur soweit relevant sein, als der Streitfall nicht schon auf dem Boden der ERA 500 lösbar ist. Die Frage nach dem auf das Akkreditiv anwendbaren nationalen Recht ist somit - abgesehen von der zuvor erörterten Abtretungsfrage - von geringer praktischer Bedeutung (siehe dazu Griß-Reiterer, Analyse der Rechtsprechung zum Dokumentengeschäft, ÖBA 1999, 175, 178). Auch die klagende Partei zieht nicht in Zweifel, dass sie gemäß Art 9 ERA 500 verpflichtet war, auf das von ihr eröffnete unwiderrufliche Akkreditiv unter der Voraussetzung der Vorlage akkreditivkonformer Dokumente - also solcher, durch die die Erfüllung der Akkreditivbedingungen beurkundet werden, - die zugesagten Zahlungen zu leisten. Sie behauptet jedoch, die eingereichten Dokumente seien nicht akkreditivkonform gewesen, sodass sie ihrer Auftraggeberin Akkreditivleistungen nicht anlasten könne. Ausschlaggebend ist somit, ob die von der Begünstigten zur Inanspruchnahme der Akkreditivleistungen eingereichten Dokumente akkreditivkonform waren. Bei Bejahung dieser Frage könnte der klagenden Partei wegen ihrer Akkreditivleistungspflicht - nach allen bisherigen Erwägungen - weder ein vertraglicher Schadenersatz- noch ein Verwendungsanspruch zustehen. Wäre diese Frage dagegen zu verneinen, so haftete die beklagte Partei für jenen Schaden, den die klagende Partei durch den - dann - akkreditivwidrigen Rembours an die Zahlstellenbank als Zessionarin erlitten hat, stünde ihr doch dann für solche Leistungen kein äquivalenter Anspruch auf Aufwandersatz aus dem Deckungsverhältnis zur Akkreditivauftraggeberin zu. Die aktuellen Akkreditivbedingungen wurden in den Fernschreiben vom 8. 10. 1994, 11. 12. 1995, 3. 7. 1996 und 4. 7. 1996 festgelegt. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Streitteile den Begriff "Negoziierung", wie aus ihren im Prozess vorgetragenen Standpunkten folgt (ON 1 S. 7; ON 85 S. 7), nicht im streng technischen Sinn - als Einlösung eines Sicht- oder Diskontierung eines Nachsichtwechsels durch die Zahlstelle als bezogene Bank (siehe dazu Avancini aaO Rz 4/77, 4/80, 4/81) -, sondern als Annahme der zur Erbringung der Akkreditivleistungen eingereichten Dokumente verstanden. Nach den zuletzt maßgebenden Akkreditivbedingungen war in Zusammenschau der Korrespondenz - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - erforderlich, dass die Dokumente "wie vorgelegt anzunehmen" waren und bei deren "Sicht" zu zahlen war, allerdings mit folgenden "Ausnahmen" (Hervorhebungen durch den erkennenden Senat):
a) für die verbleibenden drei Tranchen sollte "keine Verladung und/oder Negoziierung vor dem 10. 12. 96" erfolgen;