1Nc36/03i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Verfahrenshilfesache der Antragstellerin K***** GmbH i.L., vertreten durch den Liquidator Ing. Herbert O*****, den Beschluss
gefasst:
Spruch
1.) Der Ablehnungsantrag der Antragstellerin betreffend Richter des Oberlandesgerichtes Graz wird zurückgewiesen.
2.) Der Antrag auf "Rückdelegierung des Verfahrens an ein Gericht in Wien" wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Mit Beschluss vom 23. 9. 2002, 1 Nd 14/02, hat der erkennende Senat zur Entscheidung über den Rekurs der Antragstellerin gegen die Abweisung des Antrags auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gemäß § 9 Abs 4 AHG das Oberlandesgericht Graz und zur Abwicklung eines allfälligen weiteren Verfahrens über den Verfahrenshilfeantrag sowie für die allfällige Verhandlung und Entscheidung über eine Amtshaftungsklage das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als zuständig bestimmt. Nachdem Entscheidungen dieser beiden Gerichte ergangen waren, erhob die Antragstellerin dagegen mit Schriftsatz vom 26. 3. 2003, ON 15, Rechtsmittel und führte unter anderem aus: "Ich protestiere gegen die Delegierung meines Ansuchens an das Landesgericht für ZRS nach Graz. Wie die Organe des OLG Wien sind auch teilweise Organe des OLG Graz befangen. Ein gleiches Verfahren GZ 5 R 184/92 oder 29 Nc 3/91 wurde beim OLG Graz behandelt." Weiters enthält der Schriftsatz den Antrag auf "Rückdelegierung des Verfahrens an ein Gericht in Wien", da "sicherlich nicht alle Organe des Oberlandesgerichtes Wien befangen sein können".
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 23 JN hat über die Ablehnung eines Richters, der einem Gerichtshof angehört, dieser Gerichtshof zu entscheiden. Würde der Gerichtshof durch das Ausscheiden des abgelehnten Richters beschlussunfähig, so hat der zunächst übergeordnete Gerichtshof zu entscheiden. Das ist hier der Fall, weil von der unsubstanziierten Behauptung, es seien "teilweise Organe des OLG Graz" befangen, in Wahrheit sämtliche Richter dieses Gerichts betroffen sind. Über den Ablehnungsantrag hat daher der Oberste Gerichtshof zu entscheiden (Mayr in Rechberger, ZPO2 Rz 3 zu § 23 JN; 2 N 523/99 ua).
Gemäß § 19 Abs 2 JN kann ein Richter in bürgerlichen Rechtssachen abgelehnt werden, wenn nach objektiver Prüfung und Beurteilung ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Die pauschale Ablehnung aller Richter eines Gerichtshofs ist nach ständiger Rechtsprechung jedoch unzulässig (RIS-Justiz RS0045983; RS0046005). Die Antragstellerin hat keine konkreten Ablehnungsgründe gegen bestimmte Richter vorgebracht. Die Tatsache, dass das Oberlandesgericht schon einmal mit einem ähnlichen Begehren der Antragstellerin befasst war, vermag die Ablehnung nicht zu rechtfertigen (RIS-Justiz RS 0111290). Die Ablehnungserklärung ist daher nicht ausreichend substanziiert, weshalb es keiner Äußerung der abgelehnten Richter (welcher überhaupt?) zum Ablehnungsantrag (§ 22 Abs 2 JN) bedurfte. Der Ablehnungsantrag ist zurückzuweisen. Dem Antrag auf "Rückdelegierung" des Verfahrens an ein Wiener Gericht kann schon deshalb kein Erfolg beschieden sein, weil - wie im eingangs zitierten Beschluss des erkennenden Senats dargestellt - § 9 Abs 4 AHG zwingend die Bestimmung eines anderen Gerichts als zuständig vorschreibt, das dann in einem anderen Oberlandesgerichtssprengel gelegen sein muss, wenn - wie hier - der Ersatzanspruch unter anderem auch aus einer Entscheidung des an sich zuständigen Oberlandesgerichts (hier: Wien) abgeleitet wird. Der Antrag ist abzuweisen.