3Ob302/02m – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen 1. der klagenden Partei Georg R*****, vertreten durch Dr. Markus Frank, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei N***** GmbH, ***** vertreten durch Mag. Claudio Bauer, Rechtsanwalt in Wien als Kollisionskurator, wegen Feststellung, in eventu Nichtigerklärung von Generalversammlungsbeschlüssen (AZ 27 Cg 408/96x des Handelsgerichts Wien), 2. der klagenden Partei Werner P*****, vertreten durch Dr. Nikolaus Topic-Matutin und Mag. Ralf Staindl, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei N***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Michael Meyenburg, Rechtsanwalt in Wien, wegen Nichtigerklärung von Beschlüssen gemäß § 41 GmbHG (AZ 27 Cg 166/97k des Handelsgerichts Wien), 3. und 4. der jeweils klagenden Partei Georg R*****, vertreten durch Dr. Markus Frank, Rechtsanwalt in Wien, wider die jeweils beklagten Parteien 1. Werner P*****, vertreten durch Dr. Nikolaus Topic-Matutin und Mag. Ralf Staindl, Rechtsanwälte in Salzburg, und 2. Mechtild Ilse Olga E*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger und Dr. Josef W. Aichlreiter, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 1. Bekanntgabe, Nichtigkeit von Beschlüssen und Verbot der Verwendung einer Vollmacht (AZ 34 Cg 114/98s des Handelsgerichts Wien) und 2. Zustimmung zur Klageführung und Ausschluss eines Gesellschafters (AZ 34 Cg 306/98a) I. infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der zu AZ 34 Cg 114/98s und 34 Cg 306/98a des Handelsgerichts Wien klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 17. Juli 2002, GZ 2 R 237/00p-62, in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 11. November 2002, GZ 2 R 237/00p-70, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
II. infolge außerordentlicher Revisionen der zu AZ 34 Cg 114/98s und 34 Cg 306/98h des Handelsgerichts Wien beklagten Parteien gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 17. Juli 2002, GZ 2 R 237/00p-62, den Beschluss
gefasst:
Die außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen. Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 zweiter Satz ZPO abgewiesen.
Text
Begründung:
I. Zum außerordentlichen Revisionsrekurs ON 64:
Rechtliche Beurteilung
Das Erstgericht hat die Klagen zu AZ 34 Cg 114/98s und 34 Cg 306/98a insoweit, als die (auf S 7 bis 9 und 16 des Ersturteils wiedergegebenen) Klagebegehren Auseinandersetzungen der Gesellschafter der N***** GmbH (im folgenden nur GmbH) betreffen, zurückgewiesen, weil insoweit ein Schiedsvertrag vorliege. Damit wurden diese Klagen nur teilweise zurückgewiesen, weil die Auseinandersetzungen nicht nur die GmbH, sondern auch die N***** GmbH Co (im Folgenden nur KG) betreffen, deren Komplementärin die GmbH ist. Da für die KG kein Schiedsvertrag geschlossen wurde, bleibt das Erstgericht insoweit zuständig.
Die betreffende Bestimmung des Gesellschaftsvertrags der GmbH (§ 12) ist auf S 26 des Ersturteils festgestellt. Bei der KG wurde im Gesellschaftsvertrag (siehe S 27 f des Ersturteils) nur die Errichtung eines eigenen Schiedsgerichtsvertrags vorgesehen (§ 22), der jedoch nie errichtet wurde. Auch die im § 20 dieses Gesellschaftsvertrags vorgesehene Angleichung der Satzung der GmbH an diejenige der KG unterblieb.
Die Begründung des Erstgerichts zur Zurückweisung dieser Klage, soweit sie die GmbH betreffen, ergibt sich aus den S 37 ff der Beschlussausfertigung. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der klagenden Partei nicht Folge.
Der in diesen beiden Verfahren klagende Georg R***** führt im außerordentlichen Revisionsrekurs (der Antrag auf Abänderung des Beschlusses über die Nichtzulässigkeit des [ordentlichen] Revisionsrekurses wurde samt dem ordentlichen Revisionsrekurs bereits mit Beschluss des Rekursgerichts vom 11. November 2002 zurückgewiesen) aus, der Oberste Gerichtshof habe noch nicht abgesprochen, ob die Zuständigkeit trotz einer Schiedsklausel in bloß einem von mehreren zusammenhängenden Verträgen, hier im GmbH-Vertrag, nicht jedoch im Vertrag der KG, nur bei einem Gericht oder bei verschiedenen Gerichten, hier einem ordentlichen Gericht und einem Schiedsgericht, liege.
Damit wird jedoch keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt. Der Umstand, dass es bei Zuständigkeit verschiedener Gerichte (hier einem ordentlichen Gericht und einem Schiedsgericht) zu unterschiedlichen Entscheidungen kommen kann, begründet nicht eine die Wirkung der Schiedsgerichtsvereinbarung aufhebende Zuständigkeit nur der ordentlichen Gerichte. Hier liegt auch nicht der Fall eines derart untrennbaren Sachverhalts vor, bei dem derartige Entscheidungen eine unlösbare Situation hervorrufen würden.
Für die im außerordentlichen Revisionsrekurs vertretene Ansicht, die Schiedsklausel im § 12 des GmbH-Vertrags sei aufgehoben oder zumindest sistiert worden, bieten die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen keinen Anhaltspunkt.
II. Zu den außerordentlichen Revisionen ON 66 und ON 67:
Mit Zwischenurteil wurde über die von den zu AZ 34 Cg 114/98 und 34 Cg 306/98 Beklagten gestellten Zwischenanträge auf Feststellung entschieden. Das Erstgericht erkannte die zwischen Mechtild Ilse Olga E***** und Werner P***** vereinbarte - näher bezeichnete - Übertragung und Abtretung von Anteilen an der KG und an der GmbH für rechtswirksam; dem Kläger Georg R***** stehe insoweit kein Vorkaufsrecht zu.
Das Berufungsgericht änderte das Zwischenurteil nach Beweiswiederholung dahin ab, dass der Zwischenantrag auf Feststellung - und zwar ausschließlich die KG betreffend - abgewiesen wurde; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil die Auslegung der im Einzelfall zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarungen keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung darstelle. Das Berufungsgericht führte aus (S 29), soweit der Zwischenantrag auf Feststellung die GmbH betreffe, sei er entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichts von dessen Unzuständigkeit betroffen. Es sei daher nur über die Anteile an der KG abzusprechen.
Dieser Entscheidung legte die zweite Instanz ausschlaggebend die Negativfeststellung zugrunde, es könne nicht festgestellt werden, dass Horst E*****, der Rechtsvorgänger der Mechtild Ilse Olga E*****, und Werner P***** das Vorkaufsrecht nur in Bezug auf die Übertragung von Anteilen an Gesellschaftsfremde angewendet wissen wollten. Die zu AZ 34 Cg 114/98s und zu 34 Cg 306/98a Beklagten machen in ihren im Wesentlichen inhaltlich übereinstimmenden außerordentlichen Revisionen als erhebliche Rechtsfrage geltend, das Berufungsgericht habe die Bestimmung des § 6 Z 3 des Gesellschaftsvertrags der KG unrichtig ausgelegt.
§ 6 des Gesellschaftsvertrags der KG mit der Überschrift "Verfügung über Gesellschaftsanteile und Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis" lautet:
"1. Eine Übertragung der Beteiligung oder eines Teiles der Beteiligung an andere Personen als Mitgesellschafter oder eine Unterbeteiligung Dritter bedarf der Zustimmung aller Gesellschafter. Dasselbe gilt für die Eingehung einer Verpflichtung zu einer Übertragung oder Unterbeteiligung. Die Unterbeteiligung von Ehegatten oder Kindern bedarf keiner Einwilligung; sie ist jedoch der Gesellschaft anzuzeigen. Ebenso keiner Einwilligung bedarf die Übertragung der Beteiligungen der Gesellschafter Horst E***** und Werner P***** an einer eventuell zu gründenden Holding oder Dachgesellschaft, deren Gesellschaftszweck die Beteiligung an Unternehmen der Firmengruppe "N*****" ist.
2. Die Übertragung von Kommanditanteilen darf nur zusammen mit der Übertragung von Geschäftsanteilen der persönlich haftenden Gesellschaft, im selben Verhältnis auf ein und dieselbe Person erfolgen. Die für die Übertragung erforderlichen Einwilligungen gelten als versagt, wenn sie nicht binnen eines Monats nach der durch eingeschriebenen Brief gegenüber der persönlich haftenden Gesellschaft erfolgten Anzeige von der Übertragungsabsicht erteilt werden.
3. Die Gesellschafter räumen sich gegenseitig ein Vorkaufsrecht im Verhältnis ihrer Beteiligungen am Gesellschaftskapital ein. Das Vorkaufsrecht muss innerhalb von sechs Monaten ausgelöst werden."
Die Vorinstanzen haben sich nicht auf die Auslegung dieser vertraglichen Bestimmung allein beschränkt; das Berufungsgericht traf nach Beweiswiederholung in der Berufungsverhandlung am 26. Juni 2002 die Negativfeststellung, es könne nicht festgestellt werden, dass Horst E***** und Werner P***** das Vorkaufsrecht nur in Bezug auf die Übertragung von Anteilen an Gesellschaftsfremde angewendet wissen wollten.
Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts kann nicht mit Revision bekämpft werden. Soweit die Beklagten geltend machen, "es wäre Sache des Berufungsgerichts gewesen, den Parteiwillen zu erforschen und zu berücksichtigen, nicht aber den Vertrag gegen den Parteiwillen umzudeuten", bleiben sie eine nähere Begründung schuldig, zumal ja gerade die Wiederholung des Beweisverfahrens durch das Berufungsgericht der Erforschung des Parteiwillens gedient hat. Nach Ansicht der Beklagten soll die Argumentation des Berufungsgerichts unlösbare Widersprüche enthalten; in Wahrheit wird damit jedoch in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts bekämpft. Nicht näher begründet ist auch die Aussage, die Feststellungen der zweiten Instanz würden die "Beweisergebnisse begründungslos in ihr vollständiges Gegenteil verkehren". Auch die in diesem Zusammenhang geltend gemachte Nichtigkeit und Aktenwidrigkeit liegt nicht vor.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 iVm § 528a ZPO).