9Nc21/03t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Paul P*****, Fliesenleger, ***** vertreten durch Mag. Robert Draxler, Rechtsreferent der Arbeiterkammer, Außenstelle Leoben, Buchmüllerplatz 2, 8701 Leoben, gegen die beklagten Parteien
1.) E***** GmbH Co, 2.) E***** GmbH, beide ***** beide vertreten durch Dr. Johann Buchner und Mag. Ingeborg Haller, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen EUR 1.714,49 sA, über den Delegierungsantrag der beklagten Parteien den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag, an Stelle des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht das Landesgericht Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger, der nach seinen Behauptungen vom 6. 5. 2002 bis 6. 12. 2002 bei der "beklagten Partei" als Fliesenleger beschäftigt war, begehrt mit der beim Landesgericht Leoben als Arbeits- und Sozialgericht eingebrachten Klage EUR 1.714,49 brutto sA, die ihm aus dem Arbeitsverhältnis zur "beklagten Partei" als Entgeltdifferenz (nicht bezahlte Überstunden und Diäten sowie unterkollektivvertragliche Entlohnung) noch zustünden. Die beklagten Parteien, die ihren Sitz in Mauterndorf haben, beantragten die Überweisung der Rechtssache an das Landesgericht Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht, weil dieses Verhandlungen mit Beteiligten aus dem Sprengel Tamsweg im Rahmen regelmäßig stattfindender Gerichtstage in Tamsweg durchführe. Der größere Teil der in Frage kommenden Zeugen und der Geschäftsführer seien in der Umgebung von Mauterndorf und somit auch im Nahebereich des Bezirksgerichtes Tamsweg wohnhaft. Wenngleich der Wohnsitz des Klägers im Sprengel des angerufenen Landesgerichtes Leoben liege, betrage sein Anreiseweg dorthin aber 107 km, nach Tamsweg jedoch nur 21 km, sodass auch er leichter dorthin gelangen könnte. Der Kläger äußerte sich nicht zum Delegierungsantrag; das angerufene Gericht hält die Delegierung für zweckmäßig.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist nicht begründet.
Wenn auch im Allgemeinen eine Delegierung dann geboten ist, wenn zumindest eine der Parteien und die überwiegende Anzahl der Zeugen im Sprengel des anderen Gerichtes wohnen, weil es dadurch in der Regel zu einer Verkürzung des Prozesses und einer wesentlichen Verringerung der mit dem Rechtsstreit verbundenen Kosten kommt (Fasching, LB² Rz 209), gilt dies für das arbeits- und sozialgerichtliche Verfahren dann nicht, wenn der Kläger den Gerichtsstand des § 4 Abs 1 Z 1 lit a ASGG in Anspruch genommen hat. Dieser Wahlgerichtsstand wurde dem klagenden Arbeitnehmer zur Erleichterung der Verfolgung seiner Rechtsansprüche vom Gesetzgeber eingeräumt. Bei einer Überweisung an ein den Interessen des Beklagten dienendes Gericht ist deshalb zur Vermeidung einer Aushöhlung dieser Schutzbestimmung ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Eine solche Delegierung ist nur dann zu bewilligen, wenn sie eindeutig im Interesse beider Parteien liegt (Kuderna ASGG² 78 mwN; RIS-Justiz RS0046357 [T 7]). Das ist hier nicht der Fall: Wie eine Anfrage des Obersten Gerichtshofes beim Landesgericht Salzburg ergeben hat, werden Verhandlungen in Arbeits- und Sozialrechtssachen mit Beteiligten aus dem Sprengel des Bezirksgerichtes Tamsweg zwar häufig aus Anlass der Gerichtstage bei diesem Bezirksgericht durchgeführt, jedoch wird eine erhebliche Anzahl derartiger Verfahren, sei es nur hinsichtlich einzelner Tagsatzungen, sei es zur Gänze, auch am Sitz des Landesgerichtes Salzburg selbst abgehalten. Damit lässt sich aber keine sichere Prognose im Sinne einer Verfahrensführung in der Nähe des Wohnortes des Klägers treffen. Es fehlt daher die für eine Delegierung in Arbeitsrechtssachen notwendige Voraussetzung eines eindeutigen Interesses des Klägers.