7Ob177/03k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Dr. Anton K*****, vertreten durch Dr. Hanno Liebmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Ö*****, vertreten durch Dr. Leopold Grohmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen (ausgedehnt) EUR 80.058,27 sA (führendes Verfahren) und Feststellung (Streitinteresse EUR 10.903,93; verbundenes Verfahren) über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 14. Mai 2003, GZ 13 R 242/02g-18 [richtig: -44], womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 11. Oktober 2002, GZ 56 Cg 57/00i-14 [richtig: -40], bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht vorerst zur gesetzmäßigen Behandlung der "außerordentlichen Revision" im verbundenen Verfahren 56 Cg 99/01t zurückgestellt.
Hernach - sowie nach ordnungsgemäßer Neujournalisierung gemäß § 375 Geo ab ON 39 des führenden Aktes 56 Cg 57/00i - sind die Akten erneut und umgehend dem Obersten Gerichtshof zur Behandlung der außerordentlichen Revision im führenden Verfahren 56 Cg 57/00i vorzulegen.
Text
Begründung:
Die beklagte Partei ist ein Verein, der ua die Vertretung der Interessen der Mieter von Privat- und Gemeindewohnungen sowie sonstiger Wohnungsinhaber verfolgt. Der Kläger ist Mieter einer Wohnung in der Wiener Innenstadt. Am 5. 5. 1997 suchte der aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit über Kenntnisse im Immobilienbereich verfügende Kläger die beklagte Partei auf und begehrte eine Überprüfung des Hauptmietzinses sowie Reduktion auf Kategorie D. Mit Antrag vom 12. 5. 1994 (richtig: 1997 - siehe Beilage B) beantragte die beklagte Partei für den Kläger bei der Schlichtungsstelle für den 1./8. Bezirk in Wien die Überprüfung des Hauptmietzinses, wobei der Antrag am 15. 5. 1997 bei der genannten Stelle einlangte. Mit Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 28. 9. 1998, 41 Msch 27/98x, wurde der Mietzinsüberprüfungsantrag des nunmehrigen Klägers als Antragsteller wegen Verfristung abgewiesen. Diese Entscheidung wurde zuletzt vom Obersten Gerichtshof mit Sachbeschluss vom 13. 7. 1999, 5 Ob 187/99g, bestätigt.
Mit der am 11. 5. 2000 eingebrachten Klage zu 56 Cg 57/00i begehrte der Kläger zunächst die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von (später ausgedehnt) S 1,101.625,80 (= EUR 80.058,27) samt Staffelzinsen. Mit der weiteren, am 11. 9. 2001, zu 56 Cg 99/01t eingebrachten und mit S 150.000,-- (= EUR 10.900,93) bewerteten Klage begehrte er das Feststellungsurteil, dass mit Wirkung zwischen den Streitteilen festgestellt werde, dass die beklagte Partei dem Kläger dem Grunde nach für alle aus der verspäteten Einbringung des Antrages bei der Schlichtungsstelle entstehenden Schaden hafte. Das Erstgericht hat in der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 14. 6. 2002 beide Rechtssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden; zum führenden Akt wurde jener zu 56 Cg 57/00i (Leistungsklage) erklärt (ON 39).
Das Erstgericht hat beide Klagebegehren abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der hiegegen vom Kläger erhobenen Berufung keine Folge gegeben und weiters ausgesprochen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes zu 56 Cg 99/01t EUR 4.000,--, nicht aber EUR 20.000,-- übersteige, sowie weiters, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Gegen dieses Urteil erhob die klagende Partei außerordentliche Revision, in welcher sie die bekämpfte Entscheidung "zur Gänze" - also sowohl hinsichtlich des abgewiesenen Leistungs- als auch des abgewiesenen Feststellungsbegehrens - wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung anficht, verbunden mit dem Antrag, dem Klagebegehren vollinhaltlich (also wiederum hinsichtlich Leistungs- und Feststellungsbegehren) stattzugeben; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Das Erstgericht hat die Akten mit diesem Rechtsmittel sogleich dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Dies entspricht - hinsichtlich des verbundenen Verfahrens 56 Cg 99/01t - nicht der geltenden Rechtslage:
Es entspricht nämlich der ständigen Rechtsprechung, dass die Verbindung mehrerer Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung auf die Zulässigkeit von Rechtsmitteln gegen das gemeinsame Urteil keinen Einfluss hat (RIS-Justiz RS0037252; zuletzt 7 Ob 121/03z und 6 Ob 107/03h). Streitwerte zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundener Rechtssachen sind demgemäß nicht zusammenzurechnen (RIS-Justiz RS0037173). Daraus folgt, dass lediglich die außerordentliche Revision des Klägers im führenden Verfahren 56 Cg 57/00i eine "echte" außerordentliche Revision im Sinne des § 505 Abs 4 ZPO ist. Hinsichtlich des verbundenen Verfahrens 56 Cg 99/01t ist seine "außerordentliche" Revision hingegen nach § 508 ZPO zu beurteilen. In den im Abs 1 dieser Gesetzesstelle genannten Fällen, in denen - wie hier - der Entscheidungsgegenstand zwar EUR 4.000,--, nicht jedoch EUR 20.000,-- übersteigt und das Berufungsgericht ausgesprochen hat, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, ist auch eine außerordentliche Revision nicht zulässig (§ 502 Abs 3 ZPO). Es kann jedoch eine Partei den Antrag an das Berufungsgericht stellen, dieses möge seinen Ausspruch dahin abändern, dass die ordentliche Revision doch nachträglich für zulässig erklärt werde und im selben Schriftsatz eine ordentliche Revision ausführen. Dieser Antrag verbunden mit der ordentlichen Revision ist gemäß § 508 Abs 2 ZPO beim Prozessgericht einzubringen und nach § 508 Abs 3 und 4 ZPO vom Berufungsgericht zu behandeln (RIS-Justiz RS0109623). Demgemäß ist eine nach § 508 ZPO zu beurteilende Revision auch gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Berufungsgericht vorzulegen. Dies gilt auch dann, wenn sie fälschlicher Weise als "außerordentliche" Revision bezeichnet wird (7 Ob 4/03v; 7 Ob 125/03p). Der Oberste Gerichtshof darf darüber nur und erst dann entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz nach § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass eine ordentliche Revision doch zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Die "außerordentliche" Revision hinsichtlich des verbundenen Verfahrens 56 Cg 99/01t wird daher nach den bezogenen Gesetzesstellen zunächst dem Berufungsgericht vorzulegen sein bzw wird - soweit das Erstgericht der Meinung sein sollte, dem stehe das Fehlen eines ausdrücklichen Antrages (nach § 508 Abs 1 ZPO) entgegen - unter Fristsetzung ein Verbesserungsauftrag zu erteilen sein (EvBl 1998/139). Sollte der Rechtsmittelwerber die Verbesserung seines Schriftsatzes sodann verweigern, so wäre die Revision insoweit jedenfalls unzulässig (7 Ob 4/03v; 7 Ob 125/03p).
Vor Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über die außerordentliche Revision im führenden Verfahren 56 Cg 57/00i durch den Obersten Gerichtshof ist es daher zweckmäßig, vorerst dass verfahrensmäßig korrekte Procedere hinsichtlich der hierin gleichzeitig erhobenen Revision zum verbundenen Verfahren abzuklären. Dabei war im Rückleitungsauftrag auch auf die unkorrekte Journalisierung ab ON 39 des führenden Aktes hinzuweisen, welche gleichzeitig zu beheben sein wird (Ersturteil ON 14 statt richtig ON 40 samt allen nachfolgenden Geschäftsstücken).